Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > Textarchiv
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) hat sich im Bundestag für eine richtige Schwerpunktsetzung beim geplanten, 315 Milliarden Euro schweren EU-Investitionspaket ausgesprochen. „Entscheidend ist: Die Unternehmen schaffen die Arbeitsplätze“, sagte Merkel am Donnerstag, 18. Dezember 2014, in ihrer Regierungserklärung vor Beginn des Europäischen Rates in Brüssel, wo die 28 Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union am gleichen Tag über das Investitionspaket beraten haben.
Merkel betonte, es müsse vor allem um die Mobilisierung privater Investitionen gehen. Dies sei auch die Stoßrichtung von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der das Paket im November vorgestellt hatte. Investiert werden solle in Zukunftsbereiche, wie die digitale Wirtschaft, den Energiebereich, kleine und mittelständische Unternehmen und „vielleicht Elektromobilität“. Ziel sei es, so die Kanzlerin, die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu sichern und ein nachhaltiges Wachstum zu fördern.
Merkel lobte die Entscheidung, dass die Auswahl der Projekte durch die Europäische Investitionsbank (EIB) erfolge soll und diese auch die Rentabilität der Vorhaben prüfen werde. „Das kann die Politik nicht“, erklärte die Kanzlerin. Sie forderte aber ein Projektbuch, um die Umsetzung der Projekte überprüfen zu können. Außerdem kündigte Merkel an, dass sie in Brüssel mit dem französischen Präsidenten François Hollande sprechen wolle, um zu beraten, „was wir zu diesen Investitionsprojekten beitragen können“.
Nach Ansicht der CSU-Landesgruppenvorsitzenden Gerda Hasselfeldt ist das Juncker-Paket „kein Strohfeuerprogramm, sondern ein Investitionsprogramm, in dem privates Kapital im Vordergrund steht“. Sie gab Merkel Recht in ihrer Annahme, dass der Erfolg mit der Auswahl der richtigen Projekte stehe und falle. Es müssten wirtschaftlich tragfähige Wachstumsprojekte sein. Mit ihnen dürften jedoch keine Mitnahmeeffekte verbunden sein.
Der Vorsitzende der Unionsfraktion, Volker Kauder, hob besonders den Bereich Bildung und Forschung hervor. Diese Bereiche seien „die größten Wachstumstreiber“. Deutschland habe hier schon viel getan. So sei der Etat des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen.
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann bezeichnete das Paket als einen „ganz wichtigen Beitrag“, um für mehr Wachstum in Europa zu sorgen. „Es wird auf die Dauer schwer für die Demokratie in Europa, wenn 25 Millionen Menschen, vor allem junge, keine Arbeit und kein Einkommen haben“, konstatierte er. Die EU habe daher nur eine Perspektive, wenn es gelinge, „diese Menschen wieder in Lohn und Brot zu bringen“. Jedoch müsse auch Deutschland einen Beitrag leisten und wieder mehr investieren, forderte der SPD-Abgeordnete. Europaweit müssten Strukturreformen in Gang gesetzt werden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, Korruption abzubauen und die Rechtssicherheit von Investitionen zu erhöhen.
Oppermanns Fraktionskollege Axel Schäfer kritisierte indes das Verfahren, mit dem das Investitionspaket derzeit auf den Weg gebracht wird. Die Entscheidung über das Programm müsse „eine parlamentarische Aufgabe“ sein, forderte Schäfer. „Das ist keine Frage von zwischenstaatlichen Vereinbarungen.“ Vielmehr müsse es darüber eine Debatte in allen nationalen Parlamenten in der Europäischen Union geben. Das Europäische Parlament müsse darüber zudem gesetzgeberisch entscheiden. „Auch wir sollten Vorschläge machen können, nicht nur die Staats- und Regierungschefs“, kritisierte der SPD-Abgeordnete.
Ähnlich äußerten sich Redner der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Deren Vorsitzende Katrin Göring-Eckardt bezeichnete das Investitionspaket zwar als „wichtiges Zeichen an die Länder Europas“ und „zaghaften Schritt aus der Agonie“. Dass aber die Bundesregierung eine 90 Milliarden Euro schwere „Wunschliste“ nach Brüssel geschickt habe, ohne dass über diese jemals im Parlament diskutiert worden sei, kritisierte sie scharf. „Wo sind wir denn eigentlich?“, fragte Göring-Eckardt.
Ihr Fraktionskollege Manuel Sarrazin warf der Regierung vor, die Liste „im geheimen Stübchen mit Lobbyisten in Berlin abgestimmt“ zu haben. Darüber hinaus konstatierte beide: „Auf dieser Liste stehen keine Zukunftsprojekte“, wie Merkel angekündigt hatte. „Da stehen alte Autobahnen drauf, aber nichts von Klimaschutz, nichts von Energiewende.“
Die Fraktion Die Linke lehnt den Investitionsplan von Juncker gänzlich ab. In einem Entschließungsantrag (18/3559), der im Plenum jedoch keine Mehrheit fand, forderte sie die „Investitionsoffensive“ zurückzuziehen und einer grundlegenden Revision zu unterziehen. Der geplante Europäische Fonds für Strategische Investitionen (EFSI) solle private Investitionen mobilisieren, „frisches Geld“ werde es jedoch nicht geben, heißt es darin. Durch die Konstruktion des EFSI bestehe darüber hinaus die Gefahr, dass die öffentliche Hand einseitig die Investitionsrisiken trage, „während private Investoren die Gewinne einfahren“.
Der Fraktionschef der Linken, Dr. Gregor Gysi, sagte hierzu: Es gehe nicht, „dass ein Konzern eine kleine Gebühr bezahlt und dann die Investitionsbank Riesensummen von den Privatbanken holt und dafür garantiert. Wenn der Konzern zurückzahlt, ist es gut, wenn nicht, bezahlen es wieder einmal alle Steuerzahler“. Die Linksfraktion fordere stattdessen ein „breit angelegtes Investitionsprogramm, das Investitionen zielgenau und zukunftsorientiert ansetzt“. Dabei müsse es vor allem um den Infrastrukturausbau, die Umsetzung sozialökologischer Ziele und Maßnahmen zur Beschäftigungsförderung sowie Bildung und Forschung gehen. (joh/18.12.2014)