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Für Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks (SPD) war die UN-Weltklimakonferenz von Lima „kein Durchbruch, aber auch kein Scheitern“. Es sei eine solide Grundlage für weitere Verhandlungen gelegt worden, sagte die Ministerin bei ihrer Regierungserklärung am Freitag, 19. Dezember 2014.
Zwar hätte sie sich „eine weitergehende Annäherung der Positionen gewünscht“. Die erreichten Erfolge seien gleichwohl mehr als nur große Worte. Lima, das sei auch im Vorfeld klar gewesen, sei nicht das Ziel, sondern eine Etappe auf dem Weg zu einem Klimaschutzabkommen bei der Konferenz von Paris Ende 2015.
„Ein Abkommen in Paris ist das Ziel, darauf muss unser Engagement abzielen“, machte Hendricks deutlich. Nicht zuletzt mit der G7-Präsidentschaft Deutschlands im kommenden Jahr werde die Bundesregierung ihre Möglichkeiten nutzen, „um Paris zum Erfolg zu bringen“, kündigte die Umweltministerin an.
Lima, so die Ministerin weiter, habe gezeigt, dass es eine grundsätzlich Bereitschaft unter allen Staaten gebe, ein neues umfassendes Klimaschutzabkommen zu schaffen. „Es gibt aber nach wie vor tiefe Gräben, die es zu überwinden gilt“, fügte sie hinzu. Etwa in der Frage, wer welchen Beitrag zum Klimaschutz leisten müsse. Anders als noch 1997 in Kyoto vereinbart, müssten sich auch Schwellen- und Entwicklungsländer am Klimaschutz beteiligen, forderte sie. „Wer zur Erhitzung beiträgt, muss auch mehr für den Klimaschutz tun“, sagte Hendricks.
Bei der sich der Regierungserklärung anschließenden Aussprache widersprach Eva Bulling-Schröter (Die Linke) der Umweltministerin bezüglich der Bewertung der Konferenz von Lima. „Lima war kein Minimalkompromiss, sondern ein trauriger Offenbarungseid für die internationale Klimadiplomatie“, sagte die Linke-Abgeordnete.
Wenn die Konferenz einen Schritt nach Paris darstellen solle, wie von der Ministerin angeführt, so gehe dieser Schritt in die falsche Richtung. „Was in Paris unter großem Tamtam verabschiedet wird, wird vor allem eine große Selbstlüge sein“, sagte Bulling-Schröter. Statt den Menschen weiter vorzugaukeln, dass die Politik in der Klimapolitik Lösungen habe, sollte endlich reiner Wein eingeschenkt werden. Es seien die neoliberalen Industriestaaten, die den Klimaprozess weiter massiv behinderten.
Es gelte, die Gräben zwischen Industriestaaten und Entwicklungsländern zu überwinden, sagte hingegen Matern von Marschall (CDU/CSU). In den vergangenen Jahrzehnten sei schließlich zu beobachten gewesen, dass sich die Kohlendioxidemissionen eher weg von den großen Industrienationen hin zum Rest der Welt verschoben hätten, was auch mit einem steigenden Wohlstand in vielen dieser Staaten verbunden wäre.
„Deswegen müssen sich die Länder, in denen wachsender Ausstoß stattfindet, auch engagieren“, sagte er. Wesentliches Ziel von Paris müsse daher sein, die Beteiligung aller Länder zu erreichen. Auch von Marschall nannte die G7-Präsidentschaft Deutschlands eine große Chance, Klimaziele der EU voranzubringen. Dazu müsse der Nationale Aktionsplan als beispielhaft zur Nachahmung für die Präzisierung und die Nachprüfbarkeit von Zielen dargelegt werden.
Aus Sicht von Dr. Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen) sind die Hoffnungen darauf, dass in Lima die Grundlagen für ein erfolgreiches Abkommen in Paris gelegt werden können, „teilweise enttäuscht worden“. Vielmehr seien die alten Gegensätze zwischen den Industrieländern und manchen Entwicklungsländern wieder aufgebrochen. Insbesondere China habe erneut eine sehr negative Rolle gespielt, sagte Hofreiter. „Deshalb muss man jetzt ganz viel Energie daran setzen, damit es in Paris zu einem vernünftigen Abkommen kommt“, forderte er. Ganz entscheidend sei auch, was die Nationalstaaten leisten. Trotz des guten Willens der Bundesumweltministerin müsse man konstatieren, dass Deutschland beim internationalen Klimaschutzranking auf Platz 22 zurückgefallen sei.
Was die erneuerbaren Energien angeht, so habe Deutschland sehr viel in die Entwicklung investiert. „Jetzt, wo die erneuerbaren Energien zur Schwelle der Wettbewerbsfähigkeit sind, lassen Sie es zu, dass Merkel und Gabriel diese Industrie kaputt machen“, kritisierte er die Umweltministerin. Es gebe einen massiven Einbruch bei den Investitionen in die erneuerbaren Energien. „Da können Sie doch nicht davon sprechen, dass wir auf einem guten Weg sind“, sagte Hofreiter an Hendricks gewandt. Auch was den nationalen Aktionsplan angeht, übte der Grünen-Abgeordnete Kritik. Dieser enthalte lediglich eine Ansammlung von Prüfaufträgen.
Frank Schwabe (SPD) kritisiert wiederum die beiden Oppositionsredner. An Bulling-Schröter gewandt sagte er, die Aufteilung zwischen den „bösen neoliberalen Staaten und den guten vermeintlich realsozialistischen Staaten“ funktioniere nicht. Es seien Staaten wie China, Ecuador oder Bolivien, die nicht bereit seien, sich international zu verpflichten.
Auf den Redebeitrag Hofreiters eingehend sagte er, Deutschland sei beim Klimaschutz international führend. „Das ist auch von den allermeisten Ländern auf der Konferenz von Lima festgestellt worden.“ Schwabe verwies zudem darauf, dass zwar der Kohlendioxidausstoß weltweit wachse. Es sei aber gleichzeitig so, dass 2013 weltweit mehr Kapazitäten im Bereich der erneuerbaren Energien zugebaut worden seien als im Bereich Kohle, Gas und Atomstrom. „Das ist doch die Grundlage, weshalb wir auch international zu anderen Verabredungen kommen können“, zeigte sich Schwabe optimistisch.
Die Konferenz in Lima habe erneut gezeigt, wie schwierig es sei, wenn sich 200 Länder mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen und Interessen auf eine Politik einigen sollen. Gleichwohl sei dies ein Schritt in Richtung Paris 2015 gewesen, „auch wenn wir uns an der ein oder anderen Stelle – wie etwa bei der Überprüfung der Verpflichtungen - mehr erhofft hätten“. In Paris wolle man schließlich ein Abkommen sehen, „wo wirklich auch substanziell Staaten sich zu Klimaschutzanstrengungen selbstverpflichten“, sagte der SPD-Abgeordnete. (hau/19.12.2014)