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Im Interesse des Ressourcenschutzes muss es eine Weiterentwicklung der Produktverantwortung geben. Diese Forderung erhoben die am Mittwoch, 17. Dezember 2014, in einer öffentlichen Anhörung des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung unter Vorsitz von Andreas Jung (CDU/CSU) geladenen Experten. In der Frage, ob dies durch die Schaffung von Anreizen oder eher durch verbindliche gesetzliche Regelungen erreicht werden kann, gab es unterschiedliche Ansichten.
So sprach sich Stefan Schridde vom Verein „Murks? Nein danke!“ eindeutig für klare Regularien aus. „Wir brauchen mehr Pflichten statt Anreize“, sagte er. Dagmar Parusel von der EPEA Internationale Umweltforschung GmbH vertrat die Ansicht, dass der Staat zwischen den Akteuren vermitteln und Anreize für Hersteller zur ressourcenschonenden und recycelfähigen Produktion geben solle. Dr. Stefan Wöhrl vom Verband der Automobilindustrie (VDA) plädierte für freiwillige Verpflichtungen der Hersteller.
Die Autoindustrie habe schon 1996 freiwillige Zusagen gemacht, Fahrzeuge zurückzunehmen, sagte Wöhrl. Erst fünf Jahre später sei dies auf EU-Ebene gesetzlich festgeschrieben worden. Auch weltweit habe der VDA – ohne gesetzliche Verpflichtung -. Standards auf den Weg gebracht, wie etwa die ISO-Norm für Recycling und die Kennzeichnung in Demontage-Handbüchern, welcher Kunststoff wo verbaut sei.
Mehr Verbindlichkeit bei der Produktverantwortung forderte indes Dr. Benjamin Bongardt vom Naturschutzbund Deutschland (NABU). Derzeit gebe es diese lediglich in aufgeweichter Form im Kreislaufwirtschaftsgesetz, wo die Rede davon sei, dass Produkte „möglichst“ abfallarm zu gestalten seien. Dabei sei die Produktverantwortung „das richtige Instrument für den Ressourcen- und den Klimaschutz“, zeigte sich der NABU-Vertreter überzeugt. Es gelte daher, das Kreislaufwirtschaftsrecht zu stärken und verbindlich zu machen. Zugleich sprach sich Bongardt für ein Ressourcenschutzgesetz aus.
„Der qualitative Zustand – bezogen auf die Inhaltsstoffe unserer heutigen Alltagsprodukte – ist nach wie vor für eine Vielzahl der Umweltprobleme verantwortlich“, sagte die Biologin Dagmar Parusel. Viele Inhaltsstoffe und Komponenten der Produkte seien nicht hinreichend bekannt und stellten daher eine Gefahr für Umwelt und Gesundheit dar. So fänden sich in einem Joghurtbecher 300 Chemikalien, in einer einfachen Alu-Dose mehr als 120 Chemikalien. Kreislaufwirtschaft sei mit solchen Produkten nicht möglich, sagte Parusel.
Für eine Ausdehnung der Produktverantwortung auf Haushaltsabfälle, die eine ähnliche Zusammensetzung wie Verpackungen haben, sprach sich Dr. Evelyn Hagenah vom Umweltbundesamt aus. „Wir brauchen die verbindliche Einführung einer Wertstofftonne“, sagte sie. Wichtig seien zudem Recycling-Quoten. Mit Blick auf die europäische Ebene zeigte sich Hagenah enttäuscht, dass das EU-Paket zur Kreislaufwirtschaft zurückgezogen worden sei. „Das ist kein gutes Signal“, befand sie.
Die heutigen Recycling-Quoten stammten noch aus den 1990er Jahren und seien inzwischen überholt, bemängelte Agnes Bünemann von der cyclos GmbH, einem Sachverständigenbüro für Entsorgungsfragen. „Das muss man etwas tun“, forderte sie. Schaffe man es, hier den Wettbewerb auf einem höheren Recyclingniveau zu führen, könnten dadurch auch Investitionshemmnisse überwunden und Wettbewerbsnachteile ausgeschaltet werden, sagte die Abfallexpertin.
Für ein Produktverantwortungsgesetz sprach sich Stefan Schridde vom Verein „Murks? Nein danke!“ aus. Er warf Handel und Herstellern zugleich vor, absichtlich für eine verkürzte Lebensdauer von Produkten zu sorgen. Es sei möglich, bei gleichen Kosten deutlich langlebigere Produkte herzustellen. Die Industrie wolle dies jedoch nicht. Daher werde ein Gesetz gegen die „geplante Obsoleszenz“ benötigt. (hau/18.12.2014)