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"Wer A sagt, muss auch B sagen“, dieses alte Sprichwort passt perfekt auf die Bundestagsabgeordnete Gudrun Zollner. Als die Speditionskauffrau und passionierte Reitsportlerin 1999 in die CSU eintrat, lag zwischen dem A wie Aufnahme und B wie Beteiligung nur eine kurze Zeitspanne. Am Vormittag hatte Gudrun Zollner den Ortvorsitzenden der CSU Wallersdorf angesprochen, ob sie in die CSU eintreten könne. Der Kommunalpolitiker war hoch erfreut, denn die Anzahl der weiblichen Mitglieder war damals eher „übersichtlich“. Er lud das neue CSU-Mitglied kurzerhand zur Jahreshauptversammlung des Ortsvereins am gleichen Abend ein. Am Schluss der Versammlung hatten die CSU-Mitglieder Gudrun Zollner zur stellvertretenden Ortsvorsitzenden gewählt. Rückblickend sagt die Politikerin: „Ich habe meine politische Karriere von Null auf Hundert gestartet."
Als Mitglied der Frauen-Union hatte sie mich sich schon lange für mehr Frauen in politischen Ämtern eingesetzt und wollte natürlich nicht nein sagen, wenn sie für ein Amt vorgeschlagen wird.
Das ist 15 Jahre her, und Gudrun Zollner hat seit ihrem Eintritt viele Parteiämter bekleidet. Seit September 2013 ist sie Abgeordnete der Landesgruppe der CSU im Deutschen Bundestag und hat ihre Entscheidung, sich politisch zu engagieren, nie bereut.
Gudrun Zollner wuchs in Niederbayern auf, in einem Elternhaus, das politisch geprägt war. Ihr Großvater und auch ihr Vater waren über Jahrzehnte Kommunalpolitiker – allerdings nicht in der CSU, wie man vermuten könnte, sondern in der SPD.
„Mein Vater war Unternehmer und ein bodenständiger Kommunalpolitiker, der seiner Heimat Bayern sehr verbunden war. Die große Politik der Sozialdemokratie interessierte ihn nur am Rande. Er wollte Politik für die Menschen vor Ort machen, nur das zählte für ihn“, sagt die Politikerin.
ach der Schule absolvierte Gudrun Zollner eine Lehre als Industriekauffrau und anschließend eine Ausbildung als Speditionskauffrau. Danach stieg sie ins Transportunternehmen der Familie ein. Um in der Firma Verantwortung übernehmen zu können, legte sie die Fach- und Sachkundeprüfung Güterkraftverkehr bei der Industrie- und Handelskammer ab, kaufte sich mit 22 Jahren ihren ersten Sattelzug und wurde selbständige Transportunternehmerin.
Schon als junge Frau diskutierte sie mit dem Vater über politische Entscheidungen. „Für mich kam es als junge Frau nicht infrage, in eine Partei einzutreten, und in die SPD schon gar nicht. Ich wählte immer CSU, weil mir deren Politik besser gefiel, und engagierte mich frühzeitig in der Frauen-Union, das erschien mir zielführender“, sagt die Abgeordnete rückblickend.
Gudrun Zollner hatte als junge Frau auch wenig Zeit für Parteipolitik, denn sie war alleinerziehende Mutter zweier Kinder und immer voll berufstätig. Außerdem nahm der Reitsport sehr viel Zeit in Anspruch. Sie erzählt: „Als ich 1986 zusammen mit meinem Vater den Reitstall und später den Ausbildungsbetrieb für Pferdewirte aufbaute, war an ein parteipolitisches Engagement in einer Partei nicht zu denken, denn ich war voll ausgelastet.“
Die Liste ihrer Aufgaben liest sich in der Tat beeindruckend. Gudrun Zollner engagierte sich neben Job und Haushalt, den Kindern und der Arbeit in der Frauen-Union auch im als Fachbeirat Vielseitigkeit im Pferdesportverband Niederbayern/Oberpfalz und als Fachübungsleiterin im Reiten. Für ihr großes Engagement im Reitsport erhielt Gudrun Zollner in Bayern viele Auszeichnungen. Seit mehr als 20 Jahren ist sie zudem Richterin der Landeskommission für Pferdeleistungsprüfungen in Bayern.
„Nachdem es so vielversprechend begonnen hatte, beschlich mich nach einigen Jahren in der Parteipolitik das Gefühl, es geht nicht so recht weiter", sagt Gudrun Zollner. Sie stellte sich die Frage, ob das jetzt alles gewesen sein soll, denn sie fand sich noch nicht am Ende ihres politischen Weges und wollte viel mehr erreichen.
Dann las sie im Jahr 2007 zufällig in einer Zeitung, dass in Niederbayern ein Mentoring-Programm der Frauen-Union Niederbayern angeboten wurde. Kurz entschlossen rief sie die Projektleiterin an und signalisierte ihr Interesse. Gudrun Zollner wurde ins Mentoring-Programm aufgenommen, und die damalige Landtagsabgeordnete und Bürgermeisterin Helga Weinberger wurde ihr als Mentorin zur Seite gestellt.
„Ein absoluter Glücksfall war das für mich. Ich hatte die ideale Mentorin gefunden, wir verstanden uns sofort. Mit ihr konnte ich über die Situation von Frauen in Parteien reden, über Karrierepläne, und sie half mir, mich mit anderen Frauen zu vernetzen. Frauen-Netzwerke, diese Erfahrung machte ich sehr schnell, sind enorm wichtig, um sich auszutauschen, selbstbewusst zu werden und in der politischen Arbeit voranzukommen“, sagt Gudrun Zollner.
Es dauerte nicht einmal zwei Jahre, da wurde sie stellvertretende Bezirksvorsitzende der Frauen-Union Niederbayern und Landesschriftführerin der Frauen-Union Bayern. Ein Jahr später war sie bereits im Bezirksvorstand der Mittelstandsunion Niederbayern angekommen. Seit 2011 ist die Abgeordnete Mitglied im Bezirksvorstand der CSU Niederbayern.
Wie wichtig Frauen-Netzwerke sind, erfuhr Gudrun Zollner erneut, als sie die damalige Landesvorsitzende der Frauen-Union und Staatsministerin in Bayern, Emilia Müller, kennenlernte. Von deren politischen Erfahrungen profitierte Gudrun Zollner ebenfalls.
Auch die Landtagsabgeordnete Reserl Sem war ein Meilenstein in ihrer politischen Karriere. Mit ihr konnte sie sich austauschen und wurde ermutigt, in Wallersdorf einen Ortsverband der Frauen-Union zu gründen. Heute hat sie so viele politische Erfahrungen gesammelt, dass sie die Mutmacherin für andere Frauen sein kann. Als Projektleiterin des Mentoring-Programmes in Niederbayern zeigt sie Frauen den Weg in die Politik und bestärkt sie, sich in der CSU zu engagieren.
Als der Bezirksvorstand der Frauen-Union im Jahr 2012 Kandidatinnen für die Bundestagswahl 2013 suchte, wurde Gudrun Zollner vorgeschlagen. „Die Frauen sagten: Die Gudrun soll das machen, die kann das. Und ich sagte: Gut, ich kandiere, denn wir können uns nicht immer beschweren, dass wir keine Chance bekommen. Wenn sie uns aber geboten wird, dann sollten wir sie nutzen“, erklärt Gudrun Zollner.
Allerdings hatte sie nicht wirklich die Hoffnung, das Bundestagsmandat gewinnen zu können, denn sie trat im Frauenblock der CSU an und hatte einen hinteren Listenplatz. „Ich fand es aber von Beginn an enorm spannend, im Wahlkampf Erfahrungen zu sammeln. Obwohl ich manchmal den Eindruck hatte, dass die CSU-Männer uns Frauen nicht als Konkurrenz sahen, sondern eher als schmückende Quote“, sagt die Abgeordnete.
Gudrun Zollner machte keinen Personenwahlkampf, sondern Wahlkampf für die CSU. Sie ging mit viel Engagement und gewohnt energiegeladen ans Werk und vertrat die CSU auf vielen Veranstaltungen. Sie wollte mit den Bürgern ins Gespräch kommen. „Das Feedback war außerordentlich positiv, und die Wähler begegneten uns sehr aufgeschlossen“, erzählt die CSU-Politikerin. Am Ende zog Gudrun Zollner über Listenplatz 40, den sie für komplett aussichtlos gehalten hatte, als Abgeordnete in den Deutschen Bundestag ein.
Ihr Fazit: „Es lohnt sich, für eine Sache zu kämpfen. Auch wenn sie anfangs aussichtslos erscheint, kann sich Engagement mit Herzblut lohnen und zum Erfolg führen. So war es bei mir." Als einzige weibliche CSU-Abgeordnete aus Niederbayern ist sie nach wie vor überwältigt von der Resonanz der Frauen, die endlich wieder eine Frau als Ansprechpartnerin in Berlin haben.
Von der Landesgruppe der CSU im Deutschen Bundestag wurde Gudrun Zollner in den Sportausschuss delegiert. Sie ist außerdem Mitglied im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, im Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement sowie stellvertretendes Mitglied im Petitionsausschuss.
„Der Sportausschuss war mein Wunschausschuss, denn der Sport und im Speziellen der Reitsport liegt mir sehr am Herzen. Auch wenn die Zeit in den nächsten Jahren immer knapp ist, die Arbeit als Richterin der Landeskommission für Pferdeleistungsprüfungen in Bayern möchte ich nicht missen. Und wenn ich nach einer Parlamentswoche in Berlin nach Bayern komme und zu den Pferden gehe, werde ich immer positiv geerdet, und das fühlt sich wirklich gut an“, sagt die Abgeordnete abschließend. (bsl/16.05.2014)