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Gesunde Ernährung ist insbesondere für Kinder und Jugendliche sehr wichtig. In dieser Einschätzung waren sich sowohl Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) als auch die Redner von Koalition und Opposition während der Debatte am Donnerstag, 15. Januar 2015, einig. Gleichzeitig kritisierten Linksfraktion und Grüne jedoch, dass es dem von Unions- und SPD-Fraktion vorgelegten Antrag (18/3726) an Forderungen nach verbildlichen Regelungen fehle. „Schaufensteranträge reichen nicht aus“, bemängelte Karin Binder (Die Linke).
Katharina Landgraf (CDU/CSU) erwiderte, die Brechstange sei für das Thema Ernährung nicht geeignet. Auch Minister Schmidt machte deutlich, dass man den Menschen nicht vorschreiben könne, was sie zu essen hätten.
„Wir dürfen den Teller nicht mit Regelungen vollpacken“, sagte Schmidt. Es sei aber sehr wohl nötig, die Verbraucher zu informieren. „Wir müssen diese Informationen abgreifbar und verständlich halten“, forderte er. Es könne nicht jeder, bevor er das Essen zu sich nehme, in ein Kundschaftsseminar eingeladen werden oder ihm gar die Entscheidung abgenommen werden, was er essen soll.
Besonders hinschauen müsse man aber bei der Verpflegung von Kindern. Der Minister kündigte an, am Vernetzungswerk Schulverpflegung zu arbeiten und es finanziell zu unterstützen. „Dort wird die Entscheidung gelegt, wie sich die jungen Menschen auch später ernähren.“ Mit Blick auf die Praxis bei der Tierhaltung sagte Schmidt, es gebe dort sicherlich noch Verbesserungsbedarf. Es sei aber nicht so, dass die Tiere heute schlechter behandelt würden als früher, so der Minister, der zugleich mehr Respekt für Landwirte forderte, die nicht immer gleich auf die Anklagebank gesetzt werden dürften.
Mehr Verbindlichkeit statt Sonntagsreden und Schaufensteranträge forderte Karin Binder. Es fehle an Information und Transparenz, so die Linkenabgeordnete, die auch Kritik an der Deutschen Lebensmittel-Kommission übte. Diese definiere unter anderen, wieviel Leber in der Leberwurst sein muss und wie hoch der Geflügelanteil bei der Geflügelwurst sein muss. Statt dabei den Interessen der Verbraucher zu dienen, habe sich in den meisten Fällen die Lebensmittelindustrie in der Kommission durchgesetzt.
Binder sprach sich zugleich für eine gut erkennbare Ampelkennzeichnung bei Lebensmitteln aus, die verbindlich festgelegt werden müsse. Außerdem dürfe Lebensmittelwerbung nicht irreführend sein. Mit Blick auf die Ernährung von Kindern forderte die Linkenabgeordnete ein Ende der Verführung im Kassenbereich. „Wir wollen, dass die Kassenbereiche in den Supermärkten süßwarenfrei sind“, betonte sie.
„Wir wollen und können den Menschen nicht einen bestimmten Lebensstil vorgeben“, sagte Ute Vogt (SPD). Gleichwohl trage die Politik die Verantwortung dafür, dass Lebensmittel sicher sind. „Und zwar unabhängig davon, wo die Lebensmittel gekauft werden“, fügte sie hinzu. Es sei ein soziales Grundrecht, dass Lebensmittel gesund und bezahlbar sind. Vogt räumte ein, dass es immer wieder Missstände gebe.
Erst vor wenigen Tagen sei wieder von zu viel Antibiotika in Putenfleisch zu lesen gewesen. Außerdem habe einer Studie des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland festgestellt, dass gerade billiges Fleisch besonders häufig mit antibiotikaresistenten Keimen belastet sei. „Wir sind in der Verantwortung, Fehler die im System liegen aufzuheben“, sagte sie. Dazu gehörten auch die Arbeitsbedingungen in der Branche und die Frage der Tierhaltung.
Eine der Voraussetzung um zu Verbesserungen beim Schulessen zu kommen, sei die Aufhebung des von Union und SPD 2006 beschlossenen Kooperationsverbotes, sagte Nicole Maisch (Bündnis 90/Die Grünen). „Weg mit dem Kooperationsverbot. Dann können Sie auch beim Schulessen aktiver werden“, forderte Maisch.
Interessant, so die Grünenabgeordnete weiter, sei im Übrigen, wovon in dem – aus ihrer Sicht gar nicht so schlechtem Antrag der Koalition – nicht gesprochen werde. Dort finde sich kein Wort zu den Arbeitsbedingungen in der Fleischbranche oder den untragbaren Zuständen in deutschen Schlachthöfen. Es sei schön, dass ihre Vorrednerin von der SPD darüber geredet habe. „Ich hätte mir aber gewünscht, dass Sie das gemeinsam mit der Union auch aufschreiben“, sagte Maisch.
Politik und Staat können nicht die Verantwortung für den Einzelnen übernehmen, sagte Katharina Landgraf. „Der zentrale Ort für die Entwicklung der Ernährungskompetenz ist in aller Regel die Familie“, betonte die Unionsabgeordnete. Politik und Staat könnten hier jedoch durch vielfältige Angebote unterstützend wirken. So sei auch die Ernährungsbildung in den Schulen eine wichtige Ergänzung.
„Aus dem gesellschaftlichen Dilemma der schlechten Ernährung kommen wir nicht mit Brechstange und Paragrafen heraus“, sagte sie. Es brauche vielmehr zündende Ideen, die jeden dazu inspirieren würden, „mit ganzem Herzen bei dem Thema dabei sein zu wollen“.
Im Anschluss an die Debatte verwies der Bundestag den Koalitionsantrag ebenso wie Vorlagen der Opposition (Die Linke: 18/3730, Bündnis 90/Die Grünen: 18/3733) zur weiteren Beratung an die Ausschüsse. (hau/15.01.2015)