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Anlagetipps im Deutschen Bundestag: „Kaufe nie ein Produkt, dass Du nicht verstehst“, riet Frank Steffel (CDU/CSU) am Freitag, 27. Februar 2015, in der Anlegerschutzdebatte des Parlaments den deutschen Sparern, die im Niedrigzinsumfeld verzweifelt nach Anlagemöglichkeiten suchen, die mehr bringen als zum Beispiel 0,01 Prozent Zinsen für Geld auf einem Sparbuch mit dreimonatiger Kündigungsfrist.
Um Anlageangebote transparenter zu machen, Entscheidungen für ein Produkt zu erleichtern und Sparer vor Betrügern besser zu schützen hat die Bundesregierung den Entwurf eines Kleinanlegerschutzgesetzes (18/3994) eingebracht, der vom Bundestag an die zuständigen Ausschüsse überwiesen wurde. Laut Steffel ist das die 40. Maßnahme zur Regulierung und Stabilisierung seit Ausbruch der Finanzkrise.
Regierung und Fraktionen waren sich in der Debatte einig, dass mehr für den Anlegerschutz getan werden müsse nach zahlreichen Vorfällen auf dem grauen Kapitalmarkt „gerade mit massivem Schäden für die Kleinanleger“, wie der Parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium, Dr. Michael Meister (CDU/CSU) hervorhob. Besonders der Fall des in Insolvenz gegangenen Windanlagenbauers und –betreibers Prokon spielte in der Debatte eine Rolle.
Bei Prokon waren 75.000 Anleger mit „Genussrechten“ in Höhe von 1,4 Milliarden Euro investiert. Die Verluste dürften enorm sein. Nicht nur Fälle wie Prokon, sondern auch da massive Niedrigzinsumfeld lasse die Anleger ohne die notwendigen Informationen in höher rentierliche Anlagen hineingehen, „und dabei übersehen sie, dass dort ein entsprechend höheres Risiko besteht“, warnte Meister.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) erläuterte, warum der Anlegerschutz so wichtig ist: „Heute kann der Lebensstandard von morgen von einer einzigen Anlageentscheidung abhängen.“ Prokon sei einer der größten Insolvenzfälle der Geschichte. „Das konnten und wollten wir nicht weiter tatenlos hinnehmen“, sagte Maas.
Dr. Carsten Sieling (SPD) sprach von einem guten Schritt zur Stärkung des Verbraucherschutzes durch das Kleinanlegerschutzgesetz.
Als Konsequenz aus den Vorfällen in der Finanzbranche will die Bundesregierung mit ihrem Gesetzentwurf eine Reihe von Regelungslücken schließen und auch zusätzliche Maßnahmen einleiten. So sollen Anlageprospekte nur noch zwölf Monate und nicht mehr unbegrenzt gültig sein. Auch nach Beendigung des öffentlichen Angebots müssen Anbieter von Vermögensanlagen anlegerrelevante Tatsachen unverzüglich veröffentlichen. Anbieter von Nachrangdarlehen und ähnlichen Produkten sollen ebenfalls verpflichtet werden, einen Prospekt zu erstellen.
Da solche Darlehen aber auch beim Crowdinvestment sowie bei sozialen und gemeinnützigen Projekten zur Finanzierung eingesetzt werden, soll es hier einige Ausnahmen von der Prospektpflicht geben. Werbung für Vermögensanlagen im öffentlichen Raum (zum Beispiel Bussen und Bahnen) soll nicht mehr zulässig sein. In Printmedien bleibt sie erlaubt, wird aber eingeschränkt. Bei Bahnfahrten sollten besser keine Anlageentscheidungen getroffen werden, warnte Maas.
Vermögensanlagen sollen in Zukunft eine Mindestlaufzeit von zwei Jahren haben. Die Regierung begründet ihren Schritt damit, dass manche Anbieter zu kurzfristigen Rückzahlungen nicht in der Lage gewesen seien. Die Kündigung von Anlagen soll frühestens nach einem Jahr möglich sein. Diese Frist hat nach Ansicht der Regierung zwei Vorteile: Die Anbieter würden eine stabile Finanzierungsgrundlage erhalten. Und dem Anleger werde verdeutlicht, dass er sein Geld in eine unternehmerische Investition von einer gewissen Dauer stecke.
Susanna Karawanskij (Die Linke) nannte Prokon ein trauriges Beispiel für hochriskante, intransparente Finanzprodukte auf dem weitestgehend immer noch unregulierten grauen Kapitalmarkt. Der Fall zeige, dass der Graumarkt endlich wirksam reguliert werden müsse.
„Machen wir uns nichts vor: Bisher ist der finanzielle Verbraucherschutz in Deutschland immer noch in den Kinderschuhen.“ Sie warnte vor einer Benachteiligung von sozialen Projekte und Crowdinvestments.
Diesen Punkt sprach auch Dr. Gerhard Schick (Bündnis 90/Die Grünen) an. Der Verbraucherschutz müsse mit der wirtschaftlichen Wirklichkeit übereinstimmen. So bedürfe es bei Bürgerenergiegenossenschaften nicht der gleichen Regelungsdichte wie bei einem Fonds. An der Stelle seien Änderungen notwendig.
Alexander Radwan (CDU/CSU) griff die Forderungen der Opposition auf. Crowdfunding sei eine neue Finanzierungsform, die in Deutschland gefördert werden solle, „und darum brauchen wir eine Regelung, die dieses Medium entsprechend unterstützt“.
Zugleich warnte er vor zu großen Erwartungen: „Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, dass mit diesem Gesetz sogenannte Skandale nicht mehr vorkommen,“ Der Verbraucher habe auch eine Eigenverantwortung. (hle/27.02.2015)