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Bundestag und Bundesregierung stellen sich hinter die nachhaltige Entwicklungsagenda, auf die sich die UN-Generalversammlung im September dieses Jahres einigen soll. In einer Debatte zu entsprechenden Anträgen der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD (18/4088), der Fraktion Die Linke (18/4091) und zu der als Unterrichtung vorliegenden Positionierungen der Bundesregierung zum Post 2015-Verhandlungsprozess (18/3604) machten sich alle Seiten am Donnerstag, 26. Februar 2015, dafür stark, dass sich die Bundesregierung für die globale Anerkennung und Umsetzung der vorgeschlagenen 17 nachhaltigen UN-Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDG) einsetzen solle.
Der Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dr. Gerd Müller (CSU), sprach mit Blick auf die nachhaltige Entwicklungsagenda von einem „neuen Weltzukunftsvertrag“, der fairen Handel ermöglichen soll, die „globale Gerechtigkeits- und Verteilungsfrage“ in den Mittelpunkt stelle und die Begrenztheit der Ressourcen des Planeten respektiere.
Neu sei, dass die Nachhaltigkeitsziele „konkret messbar und überprüfbar“ sein sollen: „Alle müssen in Zukunft Rechenschaft ablegen, sagte Müller. Auch Deutschland werde sich daran messen lassen müssen, ob es seine Politik und sein Handeln in den Bereichen Umwelt, Entwicklungszusammenarbeit, Wirtschaft, Landwirtschaft, Handel und Energie auf die Nachhaltigkeitsagenda ausrichtet. Müller verwies auf verschiedene Projekte der Bundesregierungen – etwa die Initiative seines Ressorts „Eine Welt ohne Hunger“ oder auf den deutschen Beitrag zur globalen Impfallianz Gavi. „Wir reden nicht nur, wir handeln auch“, sagte Müller.
Heike Hänsel (Die Linke) hingegen kritisierte, dass die Bundesregierung mit ihrer Politik Fakten schaffen, die den Nachhaltigkeitszielen zuwiderlaufen würden. Mit ihrer Ablehnung von Vermögens- und Reichensteuern stelle sie sich gegen soziale Umverteilung, mit ihrem Eintreten für das transatlantisches Freihandelsabkommen TTIP setze sie sich für „schädlichen Freihandel“ und eine „Ausweitung der Profitzonen“ ein.
Eine globale Agenda sei „bitter nötig, in einer Welt in der die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher werden“, sagte Hänsel. Diese Entwicklung müsse konkret umgekehrt werden, auch deshalb, weil die enorme Konzentration von Reichtum in den Händen weniger Demokratie und Rechtsstaatlichkeit weltweit bedrohen würden.
Umweltministerin Dr. Barbara Hendricks (SPD) nannte die 17 Ziele ein „klares Bekenntnis zur weltweiten Verbesserung der Lebensbedingungen und zum Schutz der Ressourcen“. Im Kern gehe es um die Herausforderung, „mit weniger mehr zu produzieren“ und nachhaltige Produktions- und Konsummodelle global zu etablieren.
Dazu gehöre, dass sich die reichen Länder, „also auch wir“, selbst in Pflicht nehmen und ihren Lebensstil ändern müssten. „Deutschland ist schon weit gekommen, darf sich aber nicht zurücklehnen“, sagte Hendricks. Die Bundesregierung wolle die Agenda „mit Entschlossenheit“ umsetzen, „nur dann werden uns andere folgen“.
Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) wies darauf hin, dass auch Deutschland in mancher Hinsicht „ein Entwicklungsland“ sei. Der Erfolg der neuen Agenda hänge nicht von „schönen Texten und Formulierungen“ ab, sondern von der konkreten „Umsetzung der Ziele bei uns“: Bezahlbare und nachhaltige Energie, nachhaltiges Wirtschaftswachstum, menschenwürdige Arbeit, Verringerung von Ungleichheit, Bekämpfung des Klimawandels – all dies „muss hier bei uns vor unserer Haustür beginnen“.
Roth forderte „konkrete Vorleistungen“: Nur wenn Deutschland klare Versprechen zur Entwicklungsfinanzierung mache, glaubhaft an der Überwindung der Abhängigkeit von fossiler Energie arbeite, Agrarsubventionen streiche, nur dann könne man den Entwicklungsländern deren notwendigen Beitrag abverlangen, die Korruption zu bekämpfen, Steuersysteme aufzubauen und die Umverteilung von Reichtum anzugehen.
Sabine Weiss (CDU/CSU) nannte das Jahr 2015 einen „wichtigen Meilenstein für die Entwicklungszusammenarbeit“. Mit den Millenniumsentwicklungszielen sei man zwar ein „gutes Stück“ weiter für bessere Lebenschancen weltweit gekommen, der Weg bis zum Ziel sei dennoch „weit und mit Herausforderungen gepflastert“.
Weiss nannte zentrale Aufgaben: Zum einen müsse die internationale Gemeinschaft beim Klimaschutz und zur Erreichung des Zwei-Grad-Zieles noch „kräftig nachlegen“, zum anderen gelte es, das Prinzip der Eigenverantwortung der Länder noch viel stärker in den Vordergrund zu stellen. Weiss nannte als Beispiel das Schwellenland Indien, das zwar eine Handels- und Atommacht, andererseits aber ein Land sei, in dem immer noch ein Drittel der Bevölkerung von weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag leben müsse.
Bärbel Kofler (SPD) stellte die „Ausrottung der Armut“ als wichtigstes Ziel in den Mittelpunkt. Angesichts von 900 Millionen Menschen, die trotz Arbeit weniger als zwei US-Dollar pro Tag zu Verfügung hätten, müsse es darum gehen, menschenwürdiger Arbeit weltweit zum Durchbruch zu verhelfen und Gesundheits- und soziale Sicherungssysteme aufzubauen. Entwicklungsländer müssten darin unterstützt werden, Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zu verankern, Sozialstandards und ein „ordentliches Arbeitsrecht“ zu schaffen. (ahe/26.02.2015)