Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > Textarchiv
Ulle Schauws ist gerechtigkeitsliebend und engagiert sich für eine vielfältige und tolerante Gesellschaft ohne Vorurteile, in der alle Menschen die gleichen Chancen bekommen. Schon als 16-Jährige ging sie auf Demos für Frieden und Abrüstungen oder demonstrierte gegen Atomkraftwerke. Vor 13 Jahren trat die engagierte Politikerin in die Partei Bündnis 90/Die Grünen ein und begründet diese Entscheidung so: „Es ist mir eine Herzensangelegenheit, dass alle Menschen, egal welchen Geschlechts, welcher geografischen oder kulturellen Herkunft, die gleichen Rechte haben sollten. Dies ist auch das Ziel der Grünen. Deshalb bin ich eingetreten.“ Ulle Schauws ist seit 2013 eine von 63 Abgeordneten ihrer Fraktion im Deutschen Bundestag. Sie ist Sprecherin für Frauenpolitik und Sprecherin für Kulturpolitik der Bundestagsfraktion.
Ulle Schauws wuchs in einem liberalen Elternhaus in einem landwirtschaftlichen Betrieb auf. Trotzdem: „Gegenüber meinem Bruder fühlte ich mich manchmal benachteiligt. Viele Dinge, die für Jungs selbstverständlich waren, waren es für Mädchen noch nicht. Ich konnte beispielsweise keine Messdienerin werden und im Sportverein nicht alle Disziplinen belegen. Das hat mich genervt und meinen Gerechtigkeitssinn für gleiche und faire Behandlung von Mädchen und Jungen sensibilisiert. Argumente, warum es richtig sein sollte, Mädchen und Frauen nicht alles zu ermöglichen, fand ich nie überzeugend“, sagt die Feministin.
Schon als Gymnasiastin engagierte sich die Krefelderin für ihre heutigen politischen Ziele. Ihr Interesse an Politik war groß, und sie führte mit dem Vater, der Ratsherr der CDU in Krefeld war, kontroverse politische Diskussionen. „Da trafen oft völlig gegensätzliche Positionen aufeinander“, sagt die Politikerin. Mit ihrem Engagement gegen Gewalt gegen Frauen war Ulle Schauws bereits mit 18 Jahren im Vorstand des Vereins „Notruf für vergewaltigte Frauen“, der heute als Frauenberatungsstelle Krefeld e.V. besteht. Diese ehrenamtliche Tätigkeit war eine prägende politische Erfahrung.
Nach dem Abitur studierte Ulle Schauws Film- und Fernsehwissenschaften, Politikwissenschaften, Neuere Geschichte sowie Frauen- und Geschlechterforschung in Berlin und Bochum und absolvierte eine Zusatzausbildung im Film- und Medienmanagement. „Ich wollte Filmproduzentin werden, auf Themen und Bilder Einfluss nehmen. Mein Ziel war, ein anderes Frauenbild abzubilden und fiktional eine Gesellschaft zu produzieren, welche die Geschlechtergerechtigkeit nicht infrage stellt“, erzählt Ulle Schauws.
In den 1990er Jahren hatte sie ein Stipendium an der Glasgow University mit Schwerpunkt „Film und Gender Studies“ erhalten und lebte in Schottland. Während des Studiums realisierte sie unterschiedliche Film- und Frauenprojekte, die mit Musik und Kultur zu tun hatten und die immer politisch waren. „Als ich 1988 nach Berlin kam, hatte gerade der Hochschulstreik begonnen, und ich war sofort mittendrin. Mit anderen Studierenden organisierte ich Seminare und nahm an Demonstrationen für eine besser finanzierte Hochschulpolitik teil“, erinnert sich Ulle Schauws.
Im Jahr 2002 trat sie in Krefeld in die Partei Bündnis 90/Die Grünen ein und wurde später frauenpolitische Sprecherin des Landesvorstandes Nordrhein-Westfalen. „Ich hatte immer große Sympathien für die Grünen. Ihre Themen Atomausstieg, Geschlechtergerechtigkeit, ökologische Landwirtschaft und gesunde Lebensmittel waren auch meine Themen. Den Gedanken, in die Partei einzutreten, hatte ich schon früher. Mir fehlte aber nach dem Studium bei meinen Tätigkeiten beim Film, ob bei Dreharbeiten, in der Dramaturgie oder in verschiedenen Redaktionen einfach die Zeit, mich in der Partei zu engagieren“, sagt die Abgeordnete.
Für Ulle Schauws ist das Wort Leidenschaft nicht nur ein Begriff, sondern ein Motor für ihr ganzes Leben. „Ich habe leidenschaftlich gern Leistungssport betrieben, habe mit Leidenschaft studiert, leidenschaftlich berufliche Herausforderungen angenommen und mache leidenschaftlich Politik. Erst als Kommunalpolitikerin und Fraktionsgeschäftsführerin in Krefeld, seit 2013 als Bundestagsabgeordnete“, sagt die Politikerin. Im Bundestag setzt sie sich als frauenpolitische Sprecherin für eine chancen- und geschlechtergerechte Gesellschaft ein.
Für viele Frauen heiße es immer noch: entweder Kinder oder Karriere. Aber das sei ja keine wirkliche Wahlfreiheit: „Ich will für bessere Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf streiten. Es wäre doch großartig, wenn Frauen ihre Existenz selbstverständlich sichern könnten und Männer mehr Zeit mit ihren Kindern hätten. Das wünschen sich viele, vor allem junge Leute. Jetzt ist es ja leider noch so, dass Frauen vor allem durch geringe Teilzeitarbeit oder Minijobs Gefahr laufen, in der Armutsfalle zu landen“, erklärt die Abgeordnete.
Ulle Schauws hatte bereits in den Jahren 2005 und 2009 für den Deutschen Bundestag kandidiert und Erfahrungen in Wahlkämpfen gesammelt. Im September 2013 war ihre Kandidatur erfolgreich. „Der Wahlkampf war alles andere als leicht. An den Wahlkampfständen und auf Veranstaltungen veränderte sich im Verlauf des Wahlkampfes die Stimmung. Sie wurde schlechter, und wir Grünen wurden mit vielen Vorwürfen konfrontiert, vor allem damit, dass wir angeblich Menschen einschränken oder ihnen etwas vorschreiben wollten. Aber auch die Art der medialen Berichterstattung über unsere Steuervorschläge oder über die Pädophilie-Debatte, die wir kontinuierlich aufarbeiten, haben uns Stimmen gekostet“, erinnert sich Ulle Schauws.
Am Ende eines anstrengenden Wahlkampfes schaffte sie über Listenplatz 13 der Landesliste Nordrhein-Westfalen den Einzug in den Bundestag. Am Wahltag erwartete sie gemeinsam mit Parteifreunden die erste Hochrechnung in Krefeld. „Das Gesamtergebnis von 8,4 Prozent war natürlich enttäuschend, und für mich war es lange eine Zitterpartie, ob ich auf meinem Listenplatz ein Mandat erhalten würde. Ich erfuhr erst spät in der Nacht, dass ich sehr knapp gewonnen hatte, und ich war über meinen Einzug in den Bundestag natürlich glücklich“, sagt Ulle Schauws.
Als kulturpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion setzt sich Ulle Schauws unter anderem für die Initiative „Pro Quote Regie“ ein. Sie möchte erreichen, dass mehr Regisseurinnen im öffentlichen-rechtlichen Fernsehen eine Chance bekommen. Hierzu hat sie im Herbst letzten Jahres einen Antrag in den Bundestag eingebracht. Die „Schieflage“ lässt sich für Ulle Schauws an einem Beispiel leicht festmachen.
„Von 2010 bis 2013 führten 7,5 Prozent Frauen Regie für den „Tatort“, hingegen 92,5 Prozent Männer. Einige Mitglieder des Kulturausschusses sind zwar der Meinung, dass die Politik sich da nicht einmischen sollte. Ich sehe darin aber einen klaren Auftrag, mich hier für mehr Gerechtigkeit einzusetzen, und zwar nicht nur für Regisseurinnen, sondern auch für andere Frauen in Kultur und Medien. Und bei diesem Thema kann ich meine Leidenschaften für die Frauen- und die Kulturpolitik wunderbar verknüpfen“, sagt die Abgeordnete. (bsl/03.03.2015)