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Die Bundesländer haben am Mittwoch, 4. März 2015, im Umweltausschuss eine stärkere finanzielle Beteiligung der Bundesregierung am nationalen Hochwasserschutzprogramm gefordert. In einem öffentlichen Fachgespräch unter Vorsitz von Bärbel Höhn (Bündnis 90/Die Grünen) bezeichneten Vertreter der Landesregierungen den bisherigen Finanzierungsanteil des Bundes in Höhe von 1,2 Milliarden Euro als zu gering, um die beschlossenen Maßnahmen für Deichrückverlegungen und die Ausweitung der Wasserrückhalteflächen (Retentionsräume) umsetzen zu können.
Für das im Oktober 2014 von den Umweltministern der Bundesländer beschlossene Programm sind bisher insgesamt 5,4 Milliarden Euro veranschlagt. Erstmals listet es bundesweit vordringliche Maßnahmen für den Hochwasserschutz auf.
„Wir brauchen Unterstützung, um die vorgesehenen Maßnahmen bis 2025 abschließen zu können“, mahnte unter anderem der Umweltminister Nordrhein-Westfalens, Johannes Remmel. Sein Bundesland habe in den vergangenen zehn Jahren rund 50 Millionen Euro in den Hochwasserschutz investiert, um Deiche zu sanieren und rückzuverlegen sowie Rückhalteräume zu schaffen. Jedoch fehle es oft an Geld und Personal, betonte der Minister. Das nationale Hochwasserschutzprogramm bezeichnete er als das erste „nationale Klimaanpassungsprogramm von bedeutender Tragweite“. Der Gesetzgeber sollte seinem „Herzen einen Stoß geben“ und es mit den erforderlichen Mitteln ausstatten.
Auch nach Ansicht von Thomas Griese, Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Umweltministerium, ist Hochwasserschutz eine „nationale Aufgabe“. Daher müsse für das Programm die gleiche Finanzierungsquote gelten wie für die Gemeinschaftsaufgabe Agrar- und Küstenschutz (GAK). Dies würde bedeuten, dass der Bund sich mit 70 Prozent beteiligen müsste und die Länder mit 30 Prozent.
Griese verwies darauf, dass im nationalen Hochwasserschutzprogramm nur die wichtigsten, national besonders bedeutsamen Maßnahmen beschlossen worden seien. Viele weitere wichtige Maßnahmen blieben jedoch weiter Sache der Länder. Eine stärkere Beteiligung des Bundes am Programm „würde für uns auch bedeuten, dass wir mit unseren Landesaufgaben schneller vorankommen würden“, betonte Griese.
„Die Elbe-Retentionsräume kommen auch allen Unterliegern zugute“, stellte Ulrich Kraus vom Umweltministerium in Sachsen klar. Die Förderung sei daher eine nationale Aufgabe, die entsprechend zu dotieren sei. Staatssekretärin Anne-Marie Keding (Sachsen-Anhalt) ergänzte: „Hochwasserschutz gibt es nicht zum Nulltarif. Jedes investierte Geld ist besser in die Vorsorge investiert als in die Schadensbeseitigung.“
Keding verwies darüber hinaus auf das Problem der Verfügbarkeit von Flächen. Sie forderte den Bund auf, eigene Flächen als Ausgleichsflächen für den Hochwasserschutz zur Verfügung zu stellen. Auch NRW-Umweltminister Remmel betonte: „Ohne Flächen können wir nicht bauen.“ Daher sei ein umfangreiches Flächen- und Bodenmanagement wichtig, um Hochwasserschutzmaßnahmen umsetzen zu können.
Peter Fuhrmann vom Umweltministerium in Baden-Württemberg forderte den Verzicht auf eine Befristung des Programms. Weil die Umsetzung der Maßnahmen oft sehr lange Zeiträume erfordere, komme einer langfristigen Planungssicherheit eine große Bedeutung zu.
Auch Staatssekretärin Caroline Schilde (Brandenburg) konstatierte, durch die Einjährigkeit der GAK-Mittel gebe es „große Probleme, die mehrjährigen Programme und Projekte umsetzen zu können“. Prof. Dr. Martin Grambow, Abteilungsleiter im Bayrischen Umweltministerium, sprach von einem Zeitfenster von zehn bis 20 Jahren für die Umsetzung der Maßnahmen. „Dafür brauchen wir eine konstante und verlässliche Hilfe.“
Mehrere Vertreter der Landesregierungen kritisierten zudem, dass der Bund sich an der Beseitigung von vorhandenen Schwachstellen, also der Erhöhung und Verstärkung von Deichen, nicht beteiligen will. „Wir brauchen für die Sanierung der Deiche am Rhein allein 290 Millionen Euro“, betonte Umweltminister Remmel. „Das können wir aus eigener Kraft nicht finanzieren.“ Matthias Löw vom hessischen Umweltministerium sagte, die Herausnahme der Schwachstellenbeseitigung aus dem Programm bereite seinem Bundesland große Probleme. „Das verzögert den Start für die Inanspruchnahme des nationalen Hochwasserschutzprogramms mindestens bis 2017.“
Einig waren sich alle Teilnehmer in ihrem Urteil, dass Investitionen in den Hochwasserschutz sinnvoll und notwendig sind. „Jede Investition hat sich gerechnet“, betonte etwa Martin Grambow (Bayern). Peter Horn vom niedersächsischen Ministerium für Umwelt und Klimaschutz urteilte, die Schutzmaßnahmen, die sein Land in der Vergangenheit ergriffen habe, hätten sich bewährt. So hätten sich die Schäden beim letzten Elbe-Hochwasser 2013 im Gegensatz zu 2002 in Grenzen gehalten. (joh/04.03.2015)