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Der Ukraine-Konflikt steht Abrüstungsbemühungen massiv entgegen. Das hat Außenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) bei der Regierungsbefragung am Mittwoch, 4. März 2015, im Parlament deutlich gemacht. Der Konflikt hindere eben „an vielen Verabredungen mit Russland“ - auch wenn Deutschland das Ziel der Abrüstung nicht aus den Augen verliere. Anlass war der Kabinettsbeschluss zum Jahresabrüstungsbericht 2014. Er strich die Bedeutung des Einsatzes der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der Ukraine für die Rüstungskontrollpolitik heraus. Freilich sei gerade dort klar geworden, mit welchen Risiken dieser Einsatz verbunden sei.
Als Erfolg hob der Minister die Vernichtung der 360 Tonnen Senfgas aus Syrien hervor – verbunden mit einem ausdrücklichen Dank für die Bundeswehr. Das Gas sei mit auf Blick gerade auf Isis „hoffentlich noch rechtzeitig aus der Welt geschafft“ worden.
„Vorsichtige Anzeichen der Hoffnung“ machte er bei den Atom-Verhandlungen mit dem Iran aus: „Wir waren in den letzten neun Jahren noch nie so weit wie in den letzten zwölf Monaten.“ Auf Nachfrage von Volker Beck (Bündnis 90/Die Grünen) stellte er klar, dass es „keinen guten und keinen schlechten Deal“ geben werde. Womit er auf die derzeitige Diskussion in Washington einging. Am Ende könne nur stehen, dass der Iran über keine Atomwaffen verfüge. Was bei den Verhandlungen im nächsten Dreivierteljahr nicht gelinge, werde nie mehr gelingen.
Iran habe der Minister erwähnt, aber nicht Deutschland, meinte Jan van Aken (Die Linke). Ob die Regierung das Thema der in Deutschland lagernden US-Atomwaffen „aufgegeben“ habe? Keineswegs, versicherte Steinmeier. Das Auswärtige Amt sei „weiter engagiert“, wenn es um eine „verifizierbare Abrüstung“ von Seiten Russlands und den USA gehe.
Aber er wolle „nichts vormachen“, ergänzte er auf Nachfrage von Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen). Der Abzug bleibe „langfristiges Ziel“, das freilich „verhandelt“ werden müsse. Das lasse sich nicht einfach herbeiwünschen. Steinmeier widersprach der Einschätzung, die US bauten mit Milliarden Dollar ihre Atomwaffenpräsenz aus. Seines Wissens handle es um eine „Verlängerung der Lebensdauer“ durch Austausch von Teilen.
Die Bundesregierung habe „unablässig dafür geworben“, dass die Nato die „Abrüstung nicht als Projekt verwirft“, auch wenn dies „derzeit schwierig“ sei, versicherte Steinmeier dem SPD-Abgeordneten Dr. Rolf Mützenich. Das Angebot an Russland zu mehr Transparenz und gegenseitiger Kontrolle stehe weiterhin. Aber die Entschärfung des Ukraine-Konflikts – ganz abgesehen von einer gewiss noch Jahre dauernden politischen Lösung - sei nun mal nötig, „um auf anderen Feldern voranzukommen“.
Steinmeier strich heraus, dass sich die Nato in Osteuropa „im Rahmen ihres Auftrags“ bewege. Er reagierte damit auf eine Äußerung von Heike Hänsel (Die Linke). Sie tue so, „als ob die Aufrüstung vom Westen ausgegangenen“ sei, empörte sich der Minister: Da falle es ihm „schwer, die Nerven zu behalten“.
Der 32. Abrüstungsbericht falle in eine „äußerst brisante Zeit“, hatte der Außenminister eingangs festgestellt – und auf die aktuell so vielen Konfliktherde neben der Ukraine im Nahen Osten und in Afrika verwiesen. Die Häufung sei wohl kein Zufall. Es entlüden sich Spannungen, nachdem alte Ordnungsstrukturen ihre Prägekraft verloren hätten. Deutschland habe ein großes Interesse daran, dass global gesehen die Ordnung wieder gestärkt werde. Die Abrüstung gehöre zur Schaffung internationaler Regeln. Ihr einen hohen Stellenwert beizumessen, dabei habe die Regierung die „breite Unterstützung“ des Bundestags, bedankte er sich. (fla/04.03.2015)