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Der NSA-Ausschuss beschäftigte sich weiter mit den Verbindungen des Bundesnachrichtendienstes zu den US-Geheimdiensten. © pa/Bildagentur-online
Mit teils scharfen Worten hat Harald Fechner vor dem zur Durchleuchtung des NSA-Spähskandals eingesetzten Untersuchungsausschuss Vorwürfe zurückgewiesen, der Bundesnachrichtendienst (BND) missachte bei seiner Tätigkeit Recht und Gesetz. Der beim BND früher für technische Aufklärung zuständige Abteilungsleiter sprach am Donnerstag, 19. März 2015, von „verbalen Steinigungen“, die der Dienst alle 15 bis 20 Jahre über sich ergehen lassen müsse. Auch heute seien bei politischen Kritikern und in Medien wieder viele „falschen Verdächtigungen“ im Umlauf. Der pensionierte Zeuge bezeichnete die Mitarbeiter des BND als „hochmotivierte Truppe“, die darauf achteten, bei ihrer Arbeit Daten von Bundesbürgern zu schützen und nicht auszuforschen.
Die Abgeordneten sollen die Ausspähung der Telekommunikationsdaten von Millionen Deutschen durch den US-Geheimdienst NSA und andere ausländische Nachrichtendienste erhellen. Dabei prüft das Gremium unter Vorsitz von Prof. Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU) auch, ob deutsche Geheimdienste in diesen Skandal verwickelt sind. Dem BND ist es untersagt, Informationen über Bundesbürger, an die er im Zuge seiner Auslandsaufklärung als „Beifang“ gelangt, Partnern zu überlassen: Diese „G-10-Daten“ von „Grundrechtsträgern“ gelten als besonders geschützt – so die aus Artikel 10 der Verfassung abgeleiteten Fachbegriffe, der das Fernmeldegeheimnis garantiert.
Fechner sagte, dass ausländische Nachrichtendienste Rechtsverstöße begangen hätten. Auf den BND träfen diese Vorwürfe aber nicht zu. Auch der BND habe Fehler gemacht, die jedoch nur selten vorgekommen seien und hinter denen keine politische Absicht gestanden habe. Der Zeuge nannte als Beispiel das Abhören von Mitarbeitern der Welthungerhilfe. Über solche Kritik ließe sich „entspannter“ diskutieren, würde nicht der Verdacht geäußert, der BND lege Gesetze bewusst falsch aus. Gleiches gelte für die Frage, was konkret unter der Regelung zu verstehen sei, nach der dem BND die Auswertung von 20 Prozent der ausländischen Telekommunikation erlaubt sei.
Laut Fechner steht beim BND nicht die im Ausschuss kritisch debattierte massenhafte Erfassung von „Rohdaten“ der Telekommunikation im Vordergrund. Vielmehr gehe es darum, den „Abnehmern“ des BND in der Regierung täglich einige Dutzend wichtiger Meldungen zu übermitteln, „die in keiner Zeitung stehen“. In den Medien werde „verfälschend und zersetzend“ Empörung gegen den BND geschürt. Der Zeuge wehrte sich gegen Kritik, beim BND seien Aufwiegler gegen das Grundgesetz am Werk. Wenn als Ergebnis des Untersuchungsausschusses die Auslandsaufklärung des BND in Frage gestellt werden sollte, warnte Fechner, dann werde dies nur einige ausländische Regierungen erfreuen.
Die Parlamentarier wollten mit dem Zeugen alle Aspekte der drei Operationen erörtern, in deren Rahmen der BND mit den US-Geheimdiensten NSA und CIA kooperierte. Bei „Eikonal“ wurde ein Internetknoten in Frankfurt angezapft, bei „Glotaic“ wurden internationale Telefon- und Faxdaten bei der deutschen Tochter eines US-Providers in Minden abgegriffen. In Bad Aibling betreibt der BND Satellitenaufklärung ausländischer Telekommunikation.
Vor Fechner Befragung kündigte SPD-Obmann Christian Flisek an, vor allem Näheres über die Motive erfahren zu wollen, die den BND bewogen haben, „Eikonal“ und „Glotaic“ zu starten. Dr. Konstantin von Notz (Bündnis 90/Die Grünen) wollte auf einen Nachweis durch den BND dringen, dass die bei „Eikonal“ zum Aussortieren von G-10-Daten eingesetzten Filter auch tatsächlich funktioniert haben.
Martina Renner von der Linksfraktion interessierte sich besonders für die Frage, ob es nach dem Ende von „Eikonal“ und „Glotaic“ Nachfolgeprojekte gab. Unionssprecherin Nina Warken wollte unter anderem der Frage nachgehen, was an der Aussage eines Zeugen dran sei, bei „Eikonal“ habe die NSA auch Wirtschaftsspionage im Auge gehabt. Fechner hingegen sagte zu den Erwartungen der Abgeordneten, er sei für die Kooperationsprojekte persönlich nicht zuständig gewesen: „Ich werde Sie wohl enttäuschen.“ (kos/19.03.2015)