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Positive Erwartungen, beträchtliche Sorgen, komplette Ablehnung: Das geplante europäisch-amerikanische Freihandelsabkommen TTIP („Transatlantic Trade and Investment Partnership“) stieß am Montag, 16. März 2015, unter Experten bei einer Anhörung im Ausschuss für Wirtschaft und Energie auf ein geteiltes Echo. Der stellvertretende Ausschussvorsitzende Klaus Barthel (SPD), der die öffentliche Anhörung leitete, sah den Bundestag vor noch vielen Beratungsstunden, da „bis jetzt nur Grundzüge“ zu erkennen seien. Die EU-Kommission strebe an, dass es bis Ende dieses Jahres ein „Grundgerüst“ für TTIP gebe, sagte ihr Vertreter Lutz Güllner.
Viele Fragen kreisten um die rechtlichen Auswirkungen. Jedes solcher Abkommen begrenze staatliches Handeln, machte Prof. Dr. Markus Krajewski von der Universität Erlangen-Nürnberg klar. Freilich halte er den Bundestag für „hinreichend selbstbewusst“, Beschlüsse zu fassen und es notfalls auf eine Klage ankommen zu lassen.
Der Sachverständige Jürgen Maier vom Forum Umwelt und Entwicklung führte aus, dass es nicht insgesamt zu höheren Standards kommen werde. Beim Geben und Nehmen der Verhandlungen werde es um die vorhandenen unterschiedlichen Standards gehen.
Der Unternehmer Bertram Kawlath hob die „Chance“ hervor, „besonders den kleinen Unternehmen große Markteintrittsbarrieren zu nehmen“. Stefan Körzell vom Deutschen Gewerkschaftsbund befürchtete hingegen einen „Wettlauf, um Arbeitnehmerstandards zu senken“. Prof. Dr. Gabriel Felbermayr vom ifo Institut - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V. sprach von „Vorteilen in der langen Frist“ mit einem Wirtschaftswachstum von ein bis drei Prozent.
Prof. Dr. Sebastian Dullien von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin machte „leichte wirtschaftliche Vorteile“ für die EU und „etwas stärkere, aber immer noch recht geringe“ für Deutschland aus. Allerdings würden derzeit „Bereiche mit verhandelt, die keinerlei gesamtwirtschaftliche Vorteile erkennen lassen, aber große Risiken für die Handlungsfähigkeit der Politik mit sich bringen“ - etwa Investitionsschutz oder Schlichtungsmechanismus.
Jürgen Maier wartete mit einem Generalverriss auf: Aus wirtschaftlichen Gründen sei TTIP nicht nötig. Man brauche das Abkommen „nur, wenn man eine neue Welle von Deregulierung einleiten“ wolle, wenn man „der Wirtschaft mehr Macht geben will, unerwünschte Regulierungen abzuwehren“.
Thomas Fritz vom PowerShift e.V. befand, die Investitionsschutzregeln seien „nicht nur vor dem Hintergrund überflüssig, dass beide Partner entwickelte Rechtsschutzsysteme aufweisen“. Sie seien auch „ökonomisch widersinnig“.
Die kommunalen Spitzenverbände unterstützen das Ziel des Abkommens, machen aber auch „erhebliche Risiken“ geltend: „Sollten typische kommunale Dienstleistungen wie die Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung, der öffentliche Personennahverkehr, Sozialdienstleistungen, Krankenhäuser oder die Kultur Regeln zur Liberalisierung unterworfen werden, würde die derzeit garantierte umfassende Organisationsentscheidung von Kommunalvertretern durch rein am Wettbewerb ausgerichtete einheitliche Verfahren ersetzt“, heißt es in ihrer Stellungnahme.
Ausgangspunkte für die Anhörung waren drei Anträge der Opposition. Die Fraktion Die Linke verlangt, die laufenden Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und den USA über das TTIP-Abkommen „unverzüglich zu stoppen“(18/1093).
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/1457, 18/1964) fordert „fairen Handel ohne Demokratie-Outsourcing“ und dringt darauf, keine Regelungen zu schaffen, die „die Handlungs- und Gestaltungsspielräume der demokratisch legitimierten Gesetzgeber zukünftig einschränken“.
Die Bundesregierung solle sich außerdem dafür einsetzen, dass weder in das mit den USA geplante TTIP noch in das mit Kanada geplante „Comprehensive Economic and Trade Agreement“ (Ceta) ein Mechanismus zu außergerichtlichen Schiedsverfahren zwischen Investoren und Staaten aufgenommen wird. (fla/16.03.2015)