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Der ehemalige Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, hat erneut entschieden bestritten, dass von ihm Informationen über ein Ermittlungsverfahren an den damaligen SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy gelangt sein könnten. In seiner zweiten, mehr als vierstündigen Vernehmung vor dem 2. Untersuchungsausschuss unter Vorsitz von Dr. Eva Högl (SPD) konnte er aber am Mittwoch, 25. März 2015, den Verdacht auch nicht völlig ausräumen.
Edathy hatte ausgesagt, sein Fraktionskollege Michael Hartmann habe ihn von Oktober 2013 bis Februar 2014 über Ermittlungen gegen ihn wegen des Verdachts des Kinderporno-Besitzes auf dem Laufenden gehalten und sich dabei auf Informationen von Ziercke berufen. Dieser hatte das in seiner ersten Vernehmung am 15. Januar mit Nachdruck zurückgewiesen. Mehrere Zeugenaussagen haben seitdem aber Anhaltspunkte geliefert, dass tatsächlich Informationen aus dem BKA Edathy erreicht haben könnten.
Ein unmittelbar vor Ziercke gehörter Zeuge hat nun für neue Verwirrung gesorgt. Von dem stellvertretenden Leiter des Leitungsstabs im BKA, Hans-Joachim Leon, wollte der Ausschuss vor allem Klarheit zu der Frage, ob es neben dem bekannten Telefonat am 17. Oktober 2013 ein zweites Gespräch Zierckes mit dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann am 13. Februar 2014 gegeben hat. Im Entwurf einer Vorlage für Ziercke aus dem BKA ist ein solches vermerkt.
Vor seiner letzten Sitzung am 19. März hatte der Untersuchungsausschuss dazu eine schriftliche Erklärung Leons erhalten, derzufolge das Büro des damaligen Parlamentarischen Geschäftsführers Oppermann am Abend des 12. Februar vergeblich versucht hat, Ziercke zu erreichen.
Leon schildert außerdem den Ablauf der Ereignisse am folgenden Tag, an dem eine Presseerklärung Oppermanns zum Fall Edathy für Aufregung sorgte. Leons am 19. März vernommener Vorgesetzter Heiko Braß stellte diesen Ablauf allerdings etwas anders dar. Nun revidierte Leon vor dem Ausschuss einen Teil seiner Angaben und legte eine nochmals andere Abfolge vor. Im wesentlichen Punkt aber stimmte Leon mit Braß überein, nämlich dass es nach ihrer Kenntnis kein zweites Telefongespräch Ziercke-Oppermann gegeben hat.
Ziercke selbst bekräftigte dies mit Nachdruck. Er habe nach dem 17. Oktober 2013 keinen Kontakt zu Oppermann gehabt, weder telefonisch noch in anderer Weise. Am fraglichen 13. Februar 2014 habe er vormittags einen Termin beim Bundesinnenminister gehabt und sei gegen 12.40 Uhr zur Bundesdruckerei gefahren, wo eine Abteilungsleiter-Besprechung des BKA stattfand. Während dieser Fahrt habe ihn seine Pressestelle von der Presseerklärung Oppermanns in Kenntnis gesetzt, in der es hieß, Ziercke habe ihm am 17. Oktober telefonisch die Vorwürfe gegen Edathy bestätigt.
Er habe daraufhin die Pressestelle angewiesen, eine Erklärung zu entwerfen, die dies zurückweist. Er sei dann kurz vor 13 Uhr bei der Bundesdruckerei eingetroffen und habe die Besprechung eröffnet. Wenig später sei der Entwurf der Gegenerklärung hereingereicht worden und er habe die Sitzung unterbrochen, um im kleinen Kreis darüber zu beraten. Sowohl Leon als auch Braß hatten allerdings angegeben, dass diese Beratung schon vor Eröffnung der Abteilungsleiter-Besprechung stattgefunden habe. Auch in einigen weiteren Details ergaben sich Unstimmigkeiten.
Intensiv wurde Ziercke befragt, ob er nicht doch schon früher von Oppermanns Presseerklärung Kenntnis hatte. Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière kannte sie nach eigenen Angaben bereits am Abend des 12. Februar, und so stellte sich die Frage, warum sie am nächsten Vormittag beim Gespräch mit Ziercke kein Thema gewesen sein soll. Er könne sich nicht erinnern, dass darüber gesprochen worden sei, sagte Ziercke dazu, wolle es auf Nachfrage aber auch nicht ausschließen. Im Gegensatz zu der etwas früheren Aussage, im Auto erstmals von der Presseerklärung erfahren zu haben, war er sich nun nicht mehr sicher.
Besonders erheblich für die Aufklärung des Sachverhalts sind in den Augen der Ausschussmitglieder Indizien, dass Edathy Informationen aus dem BKA erhalten haben könnte. Besonders schwer wiegt für sie die Aussage des Rechtsanwalts von Edathy, Christian Noll, er habe Mitte Dezember 2013 von Edathy erfahren, dass ein hoher Beamter des BKA auf der gleichen Verdächtigenliste wie sein Mandant gewesen sei.
Dieser Fall des sogenannten Beamten X war zu dieser Zeit abgeschlossen, aber noch nicht an die Öffentlichkeit gelangt. Vorausgesetzt, Noll hat die Wahrheit gesagt, stellt sich damit die Frage, wer außerhalb des BKA beide Fälle gekannt und zudem gewusst haben kann, dass beide zum selben Großverfahren gehörten. Ziercke lieferte dazu die Erklärung, Edathy selbst könne vom Fall des Beamten X erfahren haben, beispielsweise durch Kontakte in Rheinland-Pfalz, wo gegen diesen ermittelt und das Strafverfahren durchgeführt worden war.
Zu den Merkwürdigkeiten, mit denen Ziercke konfrontiert wurde, gehörte auch eine dem Ausschuss vorliegende SMS Nolls an Edathy vom 22. Januar 2014 mit dem Wortlaut: „Gab es gestern Abend was Neues?“ An diesem Abend war Ziercke, wie er jetzt noch einmal bestätigte, mit Hartmann in dessen Wahlkreis essen. Zu der SMS sagte Ziercke, er habe keine Erklärung. (pst/26.03.2015)