Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > Textarchiv
Syrische Flüchtlinge vor einer Flüchtlingsunterkunft in Hofheim im hessischen Main-Taunus-Kreis © dpa
Seit vier Jahren tobt in Syrien der Bürgerkrieg. Ein Ende ist nach wie vor nicht in Sicht. Die Folgen für die Zivilbevölkerung sind katastrophal: Laut dem UN-Sondergesandten Staffan de Mistura waren Anfang des Jahres zwölf Millionen Menschen hilfsbedürftig, 7,6 Millionen auf der Flucht, 220.000 tot, eine Million verletzt. Vor diesem Hintergrund dringt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einem Antrag (18/3154), der am Donnerstag, 23. April 2015, ab 18 Uhr eine Dreiviertelstunde lang abschließend vom Bundestag beraten wird, darauf, die Aufnahme von syrischen und irakischen Flüchtlingen auszuweiten.
Die Debatte wird live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
Die Bundesregierung, so heißt es in der Vorlage, solle „im Einvernehmen mit den Ländern“ für 2015 in einem ersten Schritt ein zusätzliches Kontingent zur Aufnahme weiterer 20.000 Flüchtlinge aus dem Irak und Syrien auflegen. Auch soll die Regierung dem Antrag zufolge den Familiennachzug von Schutzsuchenden aus Syrien und dem Irak weiter erleichtern sowie Asylbewerber aus den beiden Bürgerkriegsstaaten mit Verwandten in Deutschland nicht mehr im Rahmen der Dublin-Verordnung in andere EU-Staaten zurückführen.
Zusätzlich wird die Bundesregierung aufgefordert, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass auch die anderen EU-Staaten deutlich mehr syrische und irakische Flüchtlinge außerhalb des regulären Asylverfahrens aufnehmen. Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass das Engagement Deutschlands und der EU verglichen mit den Flüchtlingszahlen in den Nachbarstaaten Syriens zu gering sei.
Während der ersten Lesung zu dem Antrag am 4. Dezember 2014 forderte Luise Amtsberg (Bündnis 90/Die Grünen) von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) die Flüchtlingspolitik „aufgrund der gesellschaftlichen Relevanz“ zur Chefsache zu machen. Deutschland habe zudem eine „historische Verpflichtung, Flüchtlingen zu helfen“, betonte die Grünen-Abgeordnete.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium Dr. Ole Schröder (CDU) verwies darauf, dass seit Ausbruch des Konflikts rund 75.000 syrische Staatsangehörige Schutz in Deutschland gefunden hätten. Die Masse der Flüchtlinge, so Schröder, könne jedoch nur in der Region selbst erreicht werden. „Wir können deren Leid nur dann wirklich lindern, wenn wir vor Ort helfen“, sagte er.
Rund drei Viertel aller syrischen Flüchtlinge in Europa seien in Deutschland aufgenommen worden, machte Nina Warken (CDU/CSU) deutlich. Das müsse auch anerkannt werden, forderte sie. Was die Forderung nach einem Abschiebestopp angeht, sagte sie: „Es wird niemand, dem Gefahr für Leib und Leben droht, von der Bundesregierung heute in den Irak oder nach Syrien abgeschoben.“
Nicht nur Deutschland, sondern alle EU-Staaten müssten „zur Kasse gebeten werden“, verlangte Ulla Jelpke (Die Linke). „Ich finde es wirklich eine Schande, dass reiche Industriestaaten nicht in den UN-Flüchtlingsfonds eingezahlt haben und die Flüchtlingsorganisationen weltweit damit alleinlassen“, sagte sie.
Die SPD bekenne sich zu ihrer humanitären Verantwortung, sagte Christina Kampmann: „Wir wollen und wir werden weiter helfen.“ Sind Menschen in Not geraten, sei das nicht nur eine politische, „sondern vor allem auch unsere menschliche Pflicht“, betonte die SPD-Abgeordnete. Zugleich forderte sie, dass sich auch andere europäische Länder stärker zu ihrer humanitären Verantwortung bekennen. „Es kann nicht sein, dass wir Tausende aufnehmen, während andere nur 200 aufnehmen“, so Kampmann.
Neben dem Antrag der Grünen steht am Ende der 45-minütigen Debatte auch ein Antrag der Linksfraktion (18/2742) zur Abstimmung. Darin wird ebenfalls ein verstärktes Engagement für den Flüchtlingsschutz gefordert.
Die Bundesregierung, so die Forderung der Linksfraktion, solle die bislang bereitgestellte humanitäre Hilfe deutlich erhöhen und kurzfristig mindestens 200 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen und auf die unter Selbstverwaltung stehenden Gebiete Syriens ausdehnen. Zudem solle sie sich auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass für Flüchtlinge sichere Zugangswege zu den Staaten der Europäischen Union geschaffen werden. (hau/16.04.2015)