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Die Bundesregierung will die umstrittene Förderungsmethode für Erdöl und Erdgas, Fracking, gesetzlich neu regeln und die Förderung unkonventionellen Erdgases verbieten. Für die in Deutschland bereits seit Jahrzehnten praktizierte Förderung von konventionellem Erdgas mittels Fracking sollen künftig strenge Auflagen gelten. Hierfür hat die Regierung zwei Gesetzentwürfe zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes (18/4713) und des Bundesbergrechts (18/4714) vorgelegt, über die der Bundestag am Donnerstag, 7. Mai 2015, ab 9 Uhr in erster Lesung berät. Für die Debatte sind 105 Minuten angesetzt.
Beim „hydraulischen Fracking“ wird ein Gemisch aus Sand, Wasser und Chemikalien unter hohem Druck in die Tiefe gepresst, um künstliche Risse im Gestein zu erzeugen. Durch sie wird das in den Poren eingeschlossene Erdgas freigesetzt. Während in konventionellen Erdgasfeldern das Gas unter einer undurchlässigen Gesteinsschicht - meist in Sandstein und in großen Tiefen von bis zu 5.000 Metern –eine Gasblase bildet und dem Bohrloch daher relativ leicht zuströmen kann, ist das Gas in unkonventionellen Lagerstätten in Schiefer-, Ton-, Mergel- und Kohleflözgestein gebunden. Zudem lagert es oft in geringeren Tiefen von unter tausend Metern.
Besonders in Norddeutschland werden große Erdgasvorkommen dieser Art vermutet. Weil völlig unklar ist, welche Risiken für Trinkwasser und Natur mit unkonventionellem Fracking verbunden sind, ist diese Anwendung besonders umstritten.
Eine gesetzliche Regelung oder große Umweltauflagen gab es in Deutschland bisher weder für konventionelles noch für unkonventionelles Fracking. Das will die Bundesregierung nun ändern. Die Technologie, beispielsweise in den USA schon häufig angewandt, wird hierzulande insgesamt sehr kritisch gesehen: Umweltschützer fürchten Erdrutsche und eine Verunreinigung des Grundwassers durch die eingesetzten Chemikalien.
Zwar wird ein Großteil des anfallenden Abwassers an der Bohrstelle als so genannter Flowback zurückgewonnen, doch der Rest bleibt in der Tiefe – mit bisher unbekannten Folgen. Aber auch das mit giftigen Substanzen aus dem Untergrund angereicherte Rückflusswasser - darunter Schwermetalle und radioaktive Stoffe - birgt Gefahren. Bisher ist unklar, wie es am besten entsorgt werden kann.
Der vom Bundesumweltministerium vorgelegte Gesetzentwurf sieht jetzt vor, dass das unkonventionelle Fracking verboten werden soll, weil hier ausreichende Erfahrungen und Kenntnisse fehlten. Jedoch sollen Erprobungsmaßnahmen zu Forschungszwecken unter bestimmten Voraussetzungen und in mindestens 3.000 Metern Tiefe möglich sein. Die Erprobungsmaßnahmen sollen wissenschaftlich begleitet und ausgewertet werden, versichert die Bundesregierung. Dazu wolle sie eine unabhängige Expertenkommission einsetzen, die ab 2018 Erfahrungsberichte erstellen solle.
Stufe diese Kommission den beantragten Einsatz der Technologie als grundsätzlich unbedenklich ein, könne die zuständige Behörde im Einzelfall auch dann eine Erlaubnis erteilen, wenn die Fracking-Technologie zu kommerziellen Zwecken eingesetzt werden solle. Bedingung sei allerdings, dass das Umweltbundesamt die verwendeten Gemische als nicht wassergefährdend eingestuft hat und die sonstigen öffentlich-rechtlichen Zulassungsvorraussetzungen vorliegen.
Für das konventionelle Fracking soll in Zukunft gelten: Die Förderung beispielsweise in Einzugsgebieten von Talsperren und natürlichen Seen, in Wasserschutz- und Heilquellenschutzgebieten sowie in Einzugsgebieten von Wasserentnahmestellen für die öffentliche Wasserversorgung ist verboten. Außerdem sollen grundsätzlich nur Gemische als Frack-Flüssigkeit verwendet werden, die nicht oder nur schwach wassergefährdend seien.
Kritik an den Plänen der Regierung kommt von den Oppositionsfraktionen, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen, aber auch aus den Reihen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD. Die Linke hat einen Antrag (18/4810) vorgelegt, in dem sie fordert, Fracking in Deutschland ganz zu verbieten.
Er soll wie der Gesetzentwurf zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes nach der Debatte zur weiteren Beratung an den Umweltausschuss überwiesen werden. Abstimmen wollen die Abgeordneten am Donnerstag außerdem über die Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses (18/1124) zu einem Antrag der Grünen (18/848), das Bundesberggesetz unverzüglich zu reformieren.
Der zweite Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Bundesberggesetz hat zum Ziel, die Haftung für Bergschäden auf den Berglochbau und Kavernen auszuweiten. So sollen die federführenden Bergbehörden bei allen Zulassungen zum Fracking das Einvernehmen der Wasserbehörden herstellen müssen.
Außerdem will die Bundesregierung eine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Pflicht) in die UVP-Verordnung Bergbau und damit eine zwingende Öffentlichkeitsbeteiligung für alle Fracking-Maßnahmen bei der Förderung von Erdöl und Erdgas sowie für die Entsorgung von Lagerstättenwasser einführen. Die Beweislast im Hinblick auf mögliche Bergschäden, die von Tiefbohrungen einschließlich Fracking-Maßnahmen stammen können, soll künftig den Unternehmen auferlegt werden.
Die Regierung argumentiert in ihrer Vorlage, dass damit „mehr Akzeptanz für die geregelten risikobehafteten Bergbaubereiche, die zum Beispiel die umstrittene Fracking-Technologie einschließen“, erreicht werden solle. Der Entwurf wird im Anschluss an die Debatte an den Wirtschaftsausschuss überwiesen. (joh/29.04.2015)