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Die Bundesregierung sieht sich bei ihren Prognosen zum Wirtschaftswachstum vom Internationalen Währungsfonds (IWF) bestätigt. Das machte der Parlamentarische Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft und Energie, Uwe Beckmeyer (SPD), in einer von den Regierungsfraktionen beantragten Aktuellen Stunde am Mittwoch, 20. Mai 2015, im Bundestag deutlich. „Der Aufschwung kommt bei den Menschen an“, hob er hervor. Denn der sei nicht zuletzt „vom Konsum getragen“, verwies Beckmeyer auf steigende Einkommen und weiter sinkende Arbeitslosigkeit. Freilich handle es sich bei der globalen Betrachtung der wirtschaftlichen Situation um eine „nicht ganz wolkenfreie Großwetterlage“.
Krisen wie in der Ukraine oder im Nahen Osten und die Entwicklung in China oder Brasilien ließen den IWF auf Abschwächungsgefahren hinweisen. Beckmeyer blätterte einen Katalog von Investitionsförderungen durch die Bundesregierung auf – insgesamt „gute Voraussetzungen“ für Wirtschaftswachstum. Deutschland solle „wieder einen Spitzenplatz bei den Investitionen“ einnehmen. Das bedürfe „erheblicher Anstrengungen“. Mithin: „Arbeiten wir weiter daran.“
Nach Ansicht von Klaus Ernst (Die Linke) gibt der IWF-Bericht „zum Jubeln nicht großen Anlass“. So werde ausdrücklich festgestellt, dass die Investitionsanstrengungen in Deutschland nicht ausreichten. Er strich heraus, dass der Bericht im großen Überschuss in der deutschen Leistungsbilanz „Anlass zur Sorge“ sehe. Andere Länder in der EU würden „davon Schaden nehmen“, so Ernst. Zum Nutzen der wirtschaftlichen Entwicklung seien mehr Betreuungsangebote für Kinder nötig: „Und ihr macht die Herdprämie. Das ist doch das Gegenteil.“
Überdies stelle die Koalition die schwarze Haushaltsnull über mehr Investitionsförderung. Dabei säßen „die meisten schwarzen Nullen in der Regierung“. In jedem Fall seien die Befunde über Deutschland „kein Lob“. Wer das dennoch so sehe, der gehe mit „Ignoranz“ an den Bericht, blickte er auf die Regierung. Ernst: „Ich würde eher die Hausaufgaben machen.“
Axel Knoerig (CDU/CSU) verwies schlicht auf die Zahlen. Sie belegten die positiven Aufschwung-Prognosen der Bundesregierung und wiesen einen „neuen Beschäftigungsrekord“ auf. Um die gute Entwicklung fortzusetzen, sei die digitale Entwicklung ein Schwerpunkt: „Rohstoffe des 21. Jahrhunderts sind Daten.“
Gerade kleinere deutsche IT-Unternehmen seien durchaus erfolgreich. Freilich brauchten nicht zuletzt sie auch Freiheitshandelsabkommen. Vom geplanten TTIP-Abkommen mit den USA werde „gerade der Mittelstand profitieren“, gab er sich überzeugt. Er machte sich stark für einen „einheitlichen EU-Binnenmarkt im digitalen Bereich“.
Kerstin Andreae (Bündnis 90/Die Grünen) stufte die Reaktion der Koalition auf den IWF-Bericht so ein: „Hören, was man will.“ Doch das Verdienst der Koalition sei die „gute Wirtschaftslage“ keineswegs, befand sie mit Blick auf Niedrigzinsen, niedrigen Ölpreis und schwachen Euro. Sie hielt der Regierung vor, bei Investitionen zu wenig zu machen: „Das ist das, was der IWF konstatiert.“ Vor allem mangele es an besseren Rahmenbedingungen für die private Industrie – „Energiewende“ war dabei für sie ein Stichwort. Bei der „digitalen Souveränität“ werde Deutschland „abgehängt“.
Sie sprach die „Fachkräfteproblematik“ an: „Wir brauchen Zuwanderung.“ Ungeachtet der positiven wirtschaftlichen Entwicklung: „Es ist Treibsand, auf dem Sie stehen.“ Der Koalition rief sie zu: „Machen Sie eine kluge Haushaltspolitik“ – nicht Rentenpakete gehörten in den Mittelpunkt, sondern Ökologie.
Matthias Ilgen (SPD) rief vor Jahresfrist geäußerte Befürchtungen der Opposition vor einem Abschwung in Erinnerung. Und jetzt: „Wir haben einen stabilen Wirtschaftsaufschwung.“ Einige Punkte in der Analyse des IWF seien „nachdenkenswert“ – etwa die nötige Stärkung der privaten und öffentlichen Investitionen. Eine gute Grundvoraussetzung sei dabei im Übrigen der ausgeglichene Haushalt. Die Bundesregierung lege bei den öffentlichen Investitionen „ordentlich nach“, stellte er fest.
Sein mittelfristiger Blick galt der demografischen Entwicklung: „Wir müssen in diesem Land auf Zuwanderung setzen“, mahnte Ilgen einen „stärkeren Bewusstseinswandel“ an – „nicht nur bei den Kollegen von der CDU“. Die Sozialdemokraten strebten eine „Willkommenskultur“ an. Ganz vorn im IWF-Bericht liege mit den USA ein Staat mit hoher Einwanderungsquote. Positive Wirtschaftsentwicklungen gebe es „ in allen Ländern mit Bevölkerungszuzug“. (fla/20.05.2015)