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Bundeswehrkräfte werden sich auch in den kommenden zwölf Monaten an der EU-Mission Atalanta zur Bekämpfung der Piraterie vor der Küste Somalias beteiligen. Das entschied der Bundestag am Donnerstag, 21. Mai 2015, in namentlicher Abstimmung. 465 Abgeordnete stimmten für die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses (18/4964), den Antrag der Bundesregierung (18/4769) zur Verlängerung des Mandats anzunehmen. 72 Abgeordnete votierten mit Nein und 49 Parlamentarier enthielten sich.
Der Vorlage der Bundesregierung entsprechend, können nun bis zu 950 Soldaten, und damit 250 weniger als im derzeit laufenden Mandat vorgesehen, am Horn von Afrika eingesetzt werden. Im Verlauf der Debatte nannten die Redner der Koalitionsfraktionen sowie der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen den Atalanta-Einsatz einen Erfolg und verwiesen darauf, dass seit Beginn der Mission kein einziger der ohnehin kaum noch stattfindenden Piratenangriffe Erfolg gehabt hätte.
Die Linksfraktion vermochte sich dieser Einschätzung nicht anzuschließen. Keine noch so große Kriegsflotte könne die Piraterie nachhaltig bekämpfen, hieß es.
Seeräuberische Überfälle und Entführungen seien vor der Küste Somalias lange Zeit an der Tagesordnung gewesen, sagte Dagmar Freitag (SPD). Seit dem Beginn der Atalanta-Mission im Jahr 2013 habe es jedoch nur noch vier Angriffe gegeben, die allesamt erfolglos geblieben seien. „Das ist ein Erfolg der Operation Atalanta und natürlich auch der Zusammenarbeit mit anderen nationalen und multinationalen Streitkräften am Horn von Afrika“, sagte sie. Die Offenheit und Sicherheit des Seeweges sei nicht nur wichtig für den Welthandel, sondern essenziell für die Versorgung der notleidenden Bevölkerung Somalias durch Schiffe des Welternährungsprogramms.
„Seit Beginn von Atalanta konnten sämtliche Schiffe des Programms sicher nach Somalia eskortiert werden“, sagte die SPD-Abgeordnete. Nicht zufriedenstellend sei gleichwohl die Entwicklung in Somalia selbst. Zwar hätten fundamentalistische Gruppierungen geschwächt werden können. Doch sei der somalische Staat noch immer nicht in der Lage, sein Staatsgebiet zu kontrollieren. „Daher bleibt die internationale Hilfe dringend geboten“, sagte Freitag.
Für Kathrin Vogler (Die Linke) ist es völlig unverständlich, wie man bei der Atalanta-Mission von einem Erfolg reden könne. Piraterie sei ein Ausdruck von Verarmung und Rechtlosigkeit. Statt dagegen anzugehen, schreibe die Bundesregierung in ihrem Antrag ganz offen, dass es um Rohstofflieferungen, den Welthandel und die Absatzbedingungen für europäische Produkte gehe. Außerdem verbreite die Bundesregierung in ihrem Antrag eine „geschönte Erfolgsgeschichte“, wenn sie schreibe, dass sich die Lage in dem Land deutlich stabilisiert habe, befand Vogler.
„Die Lage in Somalia hat sich weder politisch noch ökonomisch verbessert“, sagte sie. Das liege nicht zuletzt daran, dass die internationale Politik nur auf die militärische Karte setze. „Einen Bürgerkrieg beendet man nicht, indem man mit Soldaten einmarschiert und auch nicht mit hinterhältigen Drohnenangriffen“, sagte die Linke-Abgeordnete. Der Bürgerkrieg in Somalia, so Vogler, könne nur beendet werden, „wenn sich die militärischen Akteure zurückziehen und dafür gesorgt wird, dass endlich verhandelt wird“.
Thorsten Frei (CDU/CSU) hielt dennoch an der Einschätzung fest, Atalanta sei ein „voller Erfolg“. An die Linksfraktion gewandt sagte Frei, die Atalanta-Mission sei eine humanitäre Verpflichtung. „Ich finde es überhaupt nicht verwerflich, sondern richtig, dass wir auch am Horn von Afrika unsere Interessen schützen und vertreten“, betonte der Unionsabgeordnete. Als drittgrößte Exportnation der Welt habe Deutschland nun mal ein Interesse an sicheren See- und Handelswegen.
Was die Situation in Somalia angeht, so sei klar, „dass die Gründe für die Probleme im Land selbst liegen“. Das Land sei im Bürgerkriegschaos und in Anarchie versunken, die traditionellen Strukturen gebe es nicht mehr und die Regierungen in Mogadischu hätten einen Wirkungskreis, der nicht über die Hauptstadt hinausgehe, sagte Frei. „Es droht ein Flächenbrand in der Region“, warnte er. Daher müsse gegen Dschihadisten vorgegangen, der Schmuggel unterbunden und für Stabilität gesorgt werden.
Auch wenn die Atalanta-Mission durchaus als Erfolg zu bewerten sei, müsse die widersprüchliche Politik, die die Bundesregierung in Somalia betreibe, kritisiert werden, sagte Doris Wagner (Bündnis 90/Die Grünen). Zwar leiste die Bundesregierung Entwicklungshilfe, was zu begrüßen sei. Doch schon die Tatsache, dass Bundeswehrsoldaten vor Ort die somalische Armee ausbilden und beraten, sei kritisch zu bewerten.
Völlig falsch sei es jedoch, dass sich die Bundesregierung auf EU-Ebene dafür einsetze, Länder wie Somalia mit Waffen auszustatten. „Das steht in krassem Widerspruch zu dem, was eigentlich mit der Atalanta-Mission erreicht werden soll“, befand die Grünen-Abgeordnete. Mehr Waffen sorgten schließlich für mehr Gewalt und mehr Leid und für noch weniger Hoffnung auf einen sicheren und funktionierenden Staat, urteilte Wagner. (hau/21.05.2015)