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Über 80 Prozent der Teilnehmer am Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ), dem Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ) und dem Bundesfreiwilligendienst (BFD) sind mit den Diensten zufrieden. So lautet eines der Ergebnisse der Evaluation von Bundesfreiwilligen- und Jugendfreiwilligendiensten, die von der INBAS Sozialforschung GmbH durchgeführt wird. INBAS-Leiterin Susanne Huth fasste vor dem von Willi Brase (SPD) geleiteten Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement am Mittwoch, 10. Juni 2015, die ersten Zwischenergebnisse zusammen.
Danach würden die „sehr hohen Erwartungen“ der Teilnehmer an den Programmen „mehr als erfüllt“ was zu dem sehr hohen Zufriedenheitsniveau führe. Zu verzeichnen sei zudem eine Angleichung der Geschlechterverteilung, so Huth. Habe etwa beim FSJ der Anteil der männlichen Teilnehmer im Jahr 1998 noch bei lediglich neun Prozent gelegen, sei dieser im Jahr 2012 auf 33 Prozent gestiegen.
Durch die Öffnung des BFD auch für Über-27-Jährige seien zudem bei älteren Freiwilligen neue Zielgruppen erreicht worden. Außerdem seien Freiwillige mit Abitur nicht mehr im gleichen Maße überrepräsentiert wie noch in den 1990er-Jahren, sagte die Soziologin.
Auf die Problematik der Arbeitsmarktneutralität des BFD ging Juliane Meinhold vom Paritätischen Gesamtverband ein. Der altersoffene BFD werde im Gegensatz zum klassischen Ehrenamt immer häufiger von erwerbslosen Menschen genutzt, sagte sie. Neben dem Willen Sinnvolles zu tun, stehe bei dieser Personengruppe der Wunsch nach Orientierung im Berufsleben und Qualifizierung sowie häufig die Erwartung, über den BFD den Anschluss an den ersten Arbeitsmarkt zu finden, an erster Stelle, sagte Meinhold. Es sei daher für Freiwilligengendienstträger und Einsatzstellen im BFD eine Herausforderung, ein Angebot zu entwickeln, „dass die Bedarfe und Motive aufgreift, gleichzeitig aber einen Freiwilligendienst gewährleistet, der sich von einem klassischen Arbeitsmarktinstrument abgrenzt“.
Die Praxis zeige jedoch, dass die Grenzen zwischen bürgerschaftlichem Engagement und Arbeitsmarktförderung speziell da verwischen, wo es keine Maßnahmen zur Arbeitsmarktförderung gibt. Damit werde Ziel und Wesen des Angebotes BFD in Frage gestellt, warnte sie. „Der BFD darf nicht als Lückenbüßer für fehlende Maßnahmen der Arbeitsmarktförderung missbraucht werden“, sagte die Referentin für Freiwilligen- und Lerndienste beim Paritätischen Gesamtverband. Meinhold machte deutlich, dass Verletzungen der Arbeitsmarktneutralität nachgegangen werde. Indikator für eine solche Verletzung seien die Teilnehmer selbst, die ein gutes Gespür besäßen. Freiwilligendienstträger - wie etwa der Paritätische Gesamtverband – könnten im Extremfall bis zur Aberkennung der betroffenen Einsatzstelle und einer Anzeige beim zuständigen Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) gehen, sagte Meinhold.
Auf Mängel im Bereich der Partizipation der Teilnehmer des BFD verwies Sven Ehmes, einer der sieben Bundessprecher der Bundesfreiwilligendienstleister. So sei die Rechtsgrundlage für die Arbeit der Bundessprecher sehr unkonkret, beklagte er. Auf administrativer Ebene fänden die Interessen der BFDler so zu wenig Gehör. „Dabei gibt es viele Punkte, an denen die Freiwilligendienstleistenden gern mitbestimmen wollen“, so Ehmes, der monierte, dass es kaum finanzielle Mittel zur Unterstützung der sieben Sprecher und ihrer Stellvertreter gebe.
„Wir sind abhängig vom BAFzA, obwohl wir eigentlich eine Interessenvertretung gegenüber dem Amt sind“, sagte der Bundessprecher. Benötigt werde eine strukturelle Förderung mit einem autonomen Etat für die Sprecher. Unter anderem, um regelmäßige Treffen der deutschlandweit verteilten Bundessprecher zu ermöglichen, die nötig seien, um deren Arbeit nachhaltig voran zu bringen, wie Ehmes betonte. (hau/11.06.2015)