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Ausländische Opfer rassistischer oder „vorurteilsmotivierter Gewalt“ sollen nach dem Willen der Fraktion Die Linke in Deutschland „ein unbedingtes Bleiberecht“ erhalten. Dies sei ein „deutliches Signal des deutschen Gesetzgebers, dass die Gesellschaft sich dem Anliegen der rechtsextremen Täter entgegenstellt, die Menschen ausländischer Staatsangehörigkeit durch Gewaltanwendung einschüchtern und aus dem Land vertreiben wollen“, heißt es in einem Gesetzentwurf der Fraktion (18/2492), der am Freitag, 19. Juni 2015, gegen 10.45 Uhr in erster Lesung auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Zu der einstündigen Debatte liegen den Abgeordneten zugleich zwei Anträge der Linksfraktion zur Einrichtung einer „unabhängige Polizeibeschwerdestelle auf Bundesebene“ (18/4450) und zur Verstetigung und finanziellen Absicherung der Bundesprogramme gegen Rechtsextremismus (18/2493) vor.
Die Debatte wird live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
Eine gesetzliche Regelung zur Gewährung eines sicheren Aufenthaltsstatus für Opfer rechtsextremer Gewalt mit nichtdeutscher Staatsangehörigkeit ist nach Ansicht der Fraktion aus mehreren Gründen erforderlich. Zum einen sei es „unerträglich, wenn deren Aufenthaltsrecht in Gefahr gerät, weil sie infolge der Gewalttat ihre Beschäftigung oder Einkommensgrundlage verlieren, etwa wegen psychischer oder physischer Verletzungen und Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit“.
Für die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels sei schließlich in der Regel der Nachweis ausreichenden Einkommens eine grundlegende Voraussetzung. „Zum anderen muss bereits der Anschein eines - und sei es unfreiwilligen - Zusammenwirkens zwischen rechten Gewalttätern und dem Staat vermieden werden“, argumentieren die Abgeordneten.
Würden aber Opfer rechtsextremer Gewalt zur Ausreise aufgefordert oder gar abgeschoben, könnten sich die Täter zumindest subjektiv bestätigt oder unterstützt fühlen. Eines sicheren Aufenthaltsstatus bedürfe es auch, damit die Opfer, wenn sie dies wollen, den Wohnort wechseln können, um nicht mehr Gefahr zu laufen, den Tätern erneut zu begegnen.
Geduldete und Asylsuchende unterlägen der Residenzpflicht und damit erheblichen Beschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit. Schließlich sei die aufenthaltsrechtliche Sicherheit eine wichtige Bedingung für das Gelingen einer psychotherapeutischen Behandlung der oftmals schwer traumatisierten Opfer rechter Gewalt.
Zur Forderung nach einer unabhängigen Polizeibeschwerdestelle für die Polizeien des Bundes schreiben die Abgeordneten in dem entsprechenden Antrag, die polizeilichen Ermittlungen zu den Straftaten, die dem Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) vorgeworfen werden, seien „von den Angehörigen der Mordopfer und von den Opfern der Sprengstoffanschläge häufig als diskriminierend wahrgenommen“ worden.
Ein unabhängiger, mit weitreichenden Kompetenzen ausgestatteter Beschwerdemechanismus zur Polizeiarbeit in den Ländern und im Bund „hätte den aus heutiger Sicht völlig berechtigten Beschwerden der Angehörigen und Opfer zumindest Gehör verschafft, zur Überprüfung der Polizeiarbeit führen und so möglicherweise Abhilfe schaffen können“.
Weiter heißt es in der Vorlage, dass „diskriminierende Ermittlungen der Polizei, wozu auch unterlassene Ermittlungen und Handlungen gehören können“, nicht nur im NSU-Fall vorgekommen seien. Menschen mit Migrationshintergrund seien überproportional häufig von solchen diskriminierenden Ermittlungen betroffen. Den Opfern „strukturell rassistischer oder anderweitig diskriminierender Ermittlungen der Polizei“ müsse eine wirksame Beschwerdemöglichkeit eingeräumt werden. (sto/15.06.2015)