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Wie flexibel sollten Beschäftigte darüber entscheiden können, wann und zu welchen Konditionen sie ihr Berufsleben beenden und in Rente gehen? Diese Frage beschäftigte den Bundestag am Freitag, 3. Juli 2015, in einer Debatte über zwei Anträge von Bündnis 90/Die Grünen.
Sie plädieren in einem Antrag (18/5212) dafür, dass Menschen grundsätzlich selbst entscheiden können sollen, wann sie in Rente gehen und verlangen unter anderem die Schaffung von mehr altersgerechten Arbeitsplätzen, eine Absenkung der Regelaltersgrenze von 65 auf 63 Jahre bei einer Rente mit Schwerbehinderung und eine steuerfinanzierte Garantierente. In einem anderen Antrag (18/5213) fordern die Grünen, die Anrechnung von Aufwandsentschädigungen für Ehrenämter auf die Rente neu zu ordnen.
Markus Kurth (Bündnis 90/Die Grünen) warf der Bundesregierung vor, auf zentrale rentenpolitische Fragen der Menschen keine Antworten zu geben. Obwohl das Durchschnittsalter der Beschäftigten steige, handele die Regierung nicht und vertröste stattdessen bei den Themen Flexi-Rente, Reform der Betriebsrente und der Leiharbeit die Arbeitnehmer und Sozialpartner.
Man müsse aber endlich konstruktiv mit dem demografischen Wandel umgehen und den Menschen die Angst vor der Rente mit 67 nehmen, forderte er. „Wir machen Angebote für beide Gruppen. Für jene, die über die Regelaltersgrenze arbeiten wollen und für jene, die früher in Rente gehen müssen“, sagte Kurth.
Peter Weiß (CDU/CSU) wies den Vorwurf der Untätigkeit scharf zurück. Offensichtlich leide die Fraktion der Grünen an Altersverwirrung, wenn sie nicht zur Kenntnis nähme, was die Bundesregierung bereits für flexible Renteneintritte getan hätte. „Denn das ist auch unser Ziel“, bekräftigte er.
Vor einem Jahre habe die Koalition nicht nur die Rente mit 63 beschlossen, sondern als Teil des Rentenpaketes auch die Möglichkeiten erleichtert, über die Regelaltersgrenze hinaus weiterzuarbeiten. „Die Flexi-Rente ist kein Phantasiegebilde, sondern seit einem Jahr in Kraft“, betonte Weiß. Er warf den Grünen vor, einen Antrag ohne jegliche Finanzierungsgrundlage vorgelegt zu haben. „So ein Antrag ist wertlos“, fügte er hinzu.
Matthias W. Birkwald (Die Linke) gehen die bereits bestehenden Möglichkeiten jedoch nicht weit genug. Es gebe daher gute Gründe, intensiver über flexible Renteneintrittsregelungen zu diskutieren als dies bisher der Fall sei. Er sah den Handlungsbedarf allerdings weniger bei jenen, die länger arbeiten wollen, sondern bei den Beschäftigten, die nicht bis zum Alter von 67 arbeiten können. „Das ist für viele nicht zu schaffen“, sagte Birkwald mit Blick auf Krankenschwestern und Bauarbeiter: „Für diese Menschen sollte die Große Koalition vor allem nach Lösungen suchen.“ Er forderte darüber hinaus die Abschaffung der Abschläge bei der Erwerbsminderungsrente und ein Ende der Zwangsverrentung von Hartz-IV-Empfängern.
Katja Mast (SPD) verwies wie ihr Koalitionskollege Peter Weiß auf die bestehenden Möglichkeiten zum flexiblen Renteneintritt. „Acht bis zehn Prozent mehr Rente erhält ein Arbeitnehmer pro Jahr der Weiterbeschäftigung“, rechnete sie vor. Dennoch habe die Koalitionsarbeitsgruppe zur Flexi-Rente noch einiges zu tun. Dabei stünden drei Ziele im Vordergrund: flexibles Arbeiten bis zur Regelaltersgrenze zu verbessern, attraktives Weiterarbeiten nach Erreichen der Regelaltersgrenze zu erreichen und das Thema der Zwangsverrentung anzugehen, listete Mast auf.
Für die SPD sei eine entscheidende Frage: Wie schaffe man es, dass Menschen gut und gesund bis zur Rente arbeiten können? Das Thema Gesundheitsprävention müsse eine viel stärkere Bedeutung in der Arbeitswelt bekommen. Zu fragen sei auch, ob es nicht einen neuen Grundsatz „Prävention vor Reha“ geben müsse, so die SPD-Abgeordnete. (che/03.07.2013)