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Die Bundesregierung soll die geplante Kommission zur Aufarbeitung von sexuellem Kindesmissbrauch im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten unterstützen. Den entsprechenden gemeinsamen Antrag der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD (18/3833, 18/4988) verabschiedete der Bundestag am Donnerstag, 2. Juli 2015, ohne Gegenstimmen. Lediglich Die Linke enthielt sich der Stimme.
Zusammen mit Bündnis 90/Die Grünen hatte die Linksfraktion einen eigenen Antrag (18/5106) eingebracht. Die beiden Oppositionsfraktionen begrüßten die Einsetzung der Kommission zwar ausdrücklich, bemängelten jedoch, dass der Antrag der Koalitionsfraktionen zu unkonkret sei. Sie forderten, eine gesetzliche Grundlage für die Arbeit der Kommission zu schaffen, um ihr beispielsweise die Möglichkeit für Vorladungen von Zeugen und das Recht auf Akteneinsicht einzuräumen. Zudem müsste der Etat des Familienministeriums aufgestockt werden, um eine „langfristige und angemessene“ Finanzierung zu gewährleisten.
Die Koalition wolle nur eine „billige Variante der Aufklärung“, kritisierte der Familienpolitiker Norbert Müller von der Linksfraktion. Union und SPD warf er vor, an keiner echten Aufarbeitung interessiert zu sein, die „unbequeme“ Wahrheiten ans Tageslicht bringe.
Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Katja Dörner, hingegen erklärte, ihre Fraktion stimme trotz aller Kritik dem Koalitionsantrag zu. Sie forderte auch die Linke auf zuzustimmen, um ein möglichst „starkes Signal“ in die Gesellschaft zu senden.
Die massive Kritik der Linksfraktion wies die CDU-Familienpolitikerin Christina Schwarzer, entschieden zurück. Der Vorwurf, die Koalition sei an keiner echten Aufarbeitung interessiert, „grenzt an Frechheit“, sagte sie. Die Einsetzung der Kommission sei ein „Baustein“ im Kampf gegen Kindesmissbrauch.
Schwarzer erinnerte an die Einsetzung des Runden Tischs „Sexueller Kindesmissbrauch“, die Verschärfung des Strafrechts und die Einrichtung des „Fonds sexueller Missbrauch“, an dem sich der Bund mit 50 Millionen Euro beteilige. Schwarzer rief alle Bundesländer auf, sich ebenfalls an diesem Fonds zu beteiligen. Leider hätten dies nicht alle Länder getan.
Die Unionsabgeordnete erinnerte ebenso wie ihre SPD-Kollegin Susann Rüthrich an das Bekanntwerden der Fälle von sexuellem Missbrauch an Schülern des Canisius-Kollegs in Berlin und die öffentliche Debatte, die dies ausgelöst habe. Diese Debatte müsse fortgesetzt werden, da Kindesmissbrauch auch weiterhin ein gesamtgesellschaftliches Problem sei.
Aufgabe der Aufarbeitungskommission sei es unter anderem, die Strukturen und Bedingungen aufzudecken, unter denen Kindesmissbrauch ermöglicht wird, sagte Rüthrich. Die Aufarbeitungskommission soll Anfang 2016 eingerichtet und beim Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, angesiedelt werden. (aw/02.07.2015)