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Man könne wahrlich nicht auf alles, was so im Bundestag passiert, stolz sein. Auf die Idee, das Programm des Internationalen Parlamentsstipendiums (IPS) zu schaffen, aber schon. Mit dieser Aussage sorgte Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert beim alljährlichen Empfang der IPS-Teilnehmer am Donnerstag, 2. Juli 2015, für ein Schmunzeln bei den jungen Leuten aus 35 Ländern. Seit Anfang März befassen sich die 116 akademisch gebildeten unter 30-Jährigen mit dem parlamentarischen System in Deutschland und haben drei Monate lang in den Büros ihrer „Patenabgeordneten“ die Hektik des Bundestagsalltags erlebt. Stolz, so Lammert sei er auch, „weil es in der ganzen Welt nichts Vergleichbares gibt“.
Seit 29 Jahren gibt es das IPS – die Popularität des Programms steigt offenbar stetig an. „Ich beantworte inzwischen in regelmäßigen Abständen Anschreiben von Parlamentspräsidenten aus aller Welt, wieso eigentlich ihr Land immer noch nicht beteiligt sei“, sagte Lammert.
Dabei stellen die 35 Länder einen Rekord dar. Was auch damit zu tun hat, dass das Sonderprogramm für Stipendiaten aus arabischen Staaten inzwischen in das Regelprogramm integriert ist. Neu dazugekommen sind außerdem Griechenland und die Türkei. Zwar sei bis zu den knapp 200 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen noch ein bisschen Luft, doch habe der Bundestag nicht vor, diese aufzufüllen, sagte der Bundestagspräsident. Es gehe nicht um Rekorde, sondern darum, „einen Beitrag zur Begleitung und Beförderung von Veränderungsprozessen in anderen Ländern zu leisten“.
Dass die Erweiterung des Programms nicht ohne Schwierigkeiten verlief, räumte der Berichterstatter für die Internationalen Austauschprogramme des Deutschen Bundestages, der Unionsabgeordnete Bernhard Schulte-Drüggelte, ein. Und gab sich auch selbstkritisch: „Wir müssen uns besser vorbereiten.“ Insbesondere zwischen Israelis und den Stipendiaten aus den Palästinensischen Gebieten war die Stimmung angespannt.
Äußerten beim Begrüßungsempfang noch die Israelis ihren Unmut darüber, dass die Palästinenser einen gemeinsamen Bühnenauftritt abgelehnt hatten, waren es Letztere, die beim sogenannten Stipendiatenabend spontan eine Art Mauer um ihren Ländertisch zogen, um zu zeigen, wie sie sich in ihrer Heimat fühlen.
Künftig, so Schulte-Drüggelte, müssten die Teilnehmer eine Art Kodex akzeptieren, wenn sie an dem Programm teilnehmen wollen. Bei den Abgeordneten stellte er eine zunehmende Bereitschaft fest, Stipendiaten aufzunehmen. „Es haben sich schon viele Büros gemeldet“, sagte er.
Versöhnliche Töne von den Stipendiaten gab es am Ende des Empfangs. Burak Doğan aus der Türkei und Alena Epifanova aus Russland dankten ihren Gastgebern. „Wir fühlen uns inzwischen im Deutschen Bundestag mehr als zu Hause“, sagte der Türke. Und die Russin versprach: „Wir werden den Geist des IPS weitertragen.“ (hau/02.07.2015)