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Es war ein Offizier der britischen Royal Navy, der für die Namensverirrung sorgte. Im zweiten Teil des 18. Jahrhunderts segelte Captain George Vancouver an den Flüssen der Pazifikküste auf und ab. Auf der Tour gegründete Siedlungen versah er mal eben mit seinem Namen. Und so kommt es, dass die Geburtsstadt von Colin Benz in den USA liegt und Vancouver heißt. Ebenso wie die ein paar Meilen nördlicher in Kanada gelegene Olympiastadt von 2010.
„Unser Vancouver hat er aber zuerst entdeckt“, sagt der 23-Jährige, dessen Heimatstadt im Bundestaat Washington liegt: Nicht zu verwechseln mit Washington D.C. – der Hauptstadt der USA – in der er studiert hat. Verwirrend das Ganze. Klar ist hingegen, dass er noch bis Ende Juli am Programm des Internationalen Parlamentsstipendiums (IPS) im Büro der Abgeordneten Dagmar Freitag (SPD) in der deutschen Hauptstadt Berlin teilnimmt.
Das IPS hatte Colin Benz schon lange im Blick. „Als ich an der American University mit dem Studium begann, war es mein Ziel, am IPS teilzunehmen“, sagt er. Vier Jahre ging das Studium der Internationalen Beziehungen in einer Stadt, die Politik atmet, wie er bestätigt.
„Wir haben in Washington D.C. 600.000 Einwohner von denen der überwiegende Teil in irgendeiner Weise mit Politik zu tun hat“, schätzt Colin Benz ein. Er selbst ist auch nicht gerade zufällig in der Hauptstadt gelandet. „Ich bin dahin gegangen, weil ich wusste, ich möchte etwas mit Politik machen.“
Nach dem Studium ist vor dem Job – Colin Benz ist derzeit aber noch nicht ganz sicher wie es weitergeht. Nach dem IPS bleibt er noch eine Weile in Europa. „Ein bisschen rumreisen und Freunde besuchen“, sagt der Amerikaner, der schon in der Türkei und in Österreich gelebt hat und durch viele andere europäische Staaten gereist ist. Dass ihm das IPS auf der Jobsuche von Vorteil sein kann, denkt er in jedem Fall. „Ich habe zuhause drei IPS-Alumnis kennengelernt. Einer von ihnen arbeitet beim German Marshall Fund und meinte, wenn mein künftiger Job etwas mit Europa zu tun hat, kann das schon etwas bringen.“
Wenn Colin Benz im Ausland unterwegs ist, wird er bei politischen Gesprächen auch zumeist irgendwann gefragt, ob er denn Republikaner oder Demokrat sei. Eine Frage, die er mit Stirnrunzeln kommentiert. Es sei ein Problem, dass es in den USA nur diese beiden Parteien gebe – in Europa hätten die Wähler viel mehr Möglichkeiten, eine Partei mit maximaler Übereinstimmung zu ihren Interessen zu finden. „Es gibt Themen, da finde ich die Sicht der einen besser und es gibt welche, da sagt mir die Sicht der anderen zu“, erklärt er.
Ein Amerikaner im politischen Berlin – da ist die Frage naheliegend, was er von den Ausspähungen des NSA hält? „Es hat mich geärgert, dass so etwas passiert.“ Die deutsch-amerikanische Freundschaft sei weit entwickelt. Daher wäre eine stärkere Transparenz angezeigt gewesen im Umgang miteinander. An Deutschland wäre das nicht gescheitert, glaubt er. Schließlich seien die Deutschen „ehrlich und direkt“.
Das Argument der Abwehr von Terrorgefahren lässt Colin Benz nur bedingt gelten. „Also ich erwarte keine Terroranschläge aus Deutschland oder anderen EU-Staaten – insofern macht die Spionage dort keinen Sinn.“ Aber auf der anderen Seite sei es durchaus so, dass durch derartig erlangte Kenntnisse Anschläge verhindert wurden. „Es muss einen Kompromiss geben zwischen Sicherheit und persönlicher Freiheit, der aber scheinbar noch nicht gefunden ist“, sagt er und hat auch einen – durchaus berechtigten - Seitenhieb für die Deutschen parat. „Hier möchte man ja auch Daten speichern. Also müssten eigentlich die Deutsche verstehen, dass auch wir noch keinen Kompromiss gefunden haben.“
Eine weitere spannende amerikanisch-europäische Geschichte ist das TTIP. An den Verhandlungen zu dem Freihandelsabkommen gibt es viel Kritik. In Europa, zuletzt aber auch durch amerikanische Kongressabgeordnete. Kernpunkt dessen ist die fehlende Transparenz. Colin Benz ist dennoch zuversichtlich: „Es bleibt uns noch viel Zeit, die Transparenz zu verbessern sowie Teile des Abkommens zu verändern.“
Denn eines steht für den jungen Amerikaner fest: „Um unseren Krisen zu entkommen, unsere Wirtschaften weiterzuentwickeln und andere Krisen zu vermeiden wird die Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten und Europa dringender denn je benötigt.“ Die vorhandenen Unterschiede seien überwindbar und gleichzeitig könne es gelingen „die Vielfältigkeit innerhalb unserer schönen Länder zu verschönern“. Dafür gebe es schließlich Organisationen wie den German Marshall Fund und die Handelskammern, den kulturellen Austausche - und nicht zuletzt auch das IPS, sagt Colin Benz. (hau/07.07.2105)