Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > Textarchiv
Seit 27 Jahren ist Alexander Radwan Mitglied der CSU. Der Sohn eines Ägypters und einer Deutschen wurde weltoffen erzogen und ist es gewohnt, über Ländergrenzen hinaus zu denken. Er kandidierte vor 16 Jahren für das Europäische Parlament, weil ihm der Europa-Gedanke eine Herzensangelegenheit ist. Zehn Jahre lang war Alexander Radwan Parlamentarier in Brüssel, dann zog es ihn zurück nach Bayern. Dort kandidierte er 2008 für den Landtag und ist seit 2013 Bundestagsabgeordneter.
Er sagt: „Meine Vorgängerin im Bundestag ist gleichzeitig meine Nachfolgerin“. Dieses etwas verwirrende Wortspiel löst der Politiker so auf: „Ich war bis 2012 Landtagsabgeordneter und kandidierte 2013 im Wahlkreis 224, der die Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Miesbach und Starnberg umfasst, für den Bundestag. In diesem Wahlkreis hatte Ilse Aigner, die heutige Wirtschaftsministerin von Bayern, zur Bundestagswahl 2009 mit 54 Prozent das Direktmandat gewonnen. Ich wiederum wurde 2013 in diesem Wahlkreis ebenfalls mit 54 Prozent der Erststimmen gewählt, und Ilse Aigner kandidierte für den Bayerischen Landtag in dem Wahlkreis, den ich zuvor gewonnen hatte.“
Seit 2013 ist Alexander Radwan einer von 58 Abgeordneten der CSU-Landesgruppe im Bundestag und vertritt die CSU im Finanzausschuss sowie im Auswärtigen Ausschuss.
Als Schüler bereits interessierte sich Alexander Radwan für Politik. „Anfang der 1980er-Jahre, als ich noch zur Schule ging, waren Kernenergie und Umweltfragen, Anti-Atomkraft und Nachrüstungsdebatten polarisierende Themen, die auch zwischen den Schulen heiß diskutiert wurden. Ich beteiligte mich an solchen Diskussionen natürlich auch, und oft ging es sehr kontrovers zu“, sagt der Abgeordnete.
Nach dem Abitur an der Staatlichen Fachoberschule München, Abteilung Technik, studierte Alexander Radwan Maschinenbau, Fachrichtung Luftfahrzeuge. Anschließend wurde er zum Studium der Rechtswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität in München zugelassen. 1988 trat er in die Junge Union ein und wurde CSU-Mitglied. „An der Uni gehörte ich damit zu einer Minderheit. Meine konservativen Argumentationen zu politischen Themen stießen bei meinen Kommilitonen oft auf wenig Zustimmung. Mich störte das nicht, ich hatte – und habe – einen festen Standpunkt“, sagt der CSU-Politiker.
Im Jahr seines Eintritts in die Junge Union war Alexander Radwan 19 Jahre alt, mit 24 Jahren wurde er zum Kreisvorsitzenden der Jungen Union in Miesbach gewählt. „Bei dieser ersten Parteifunktion blieb es nicht. 1994 übernahm ich Verantwortung als Bezirksvorsitzender der Jungen Union Oberbayern. Mein Start war aber nicht klassisch. Mein Interesse und Engagement galt der Arbeitsgruppe Forschung und Technik sowie der Entwicklungshilfe für die Junge Union Bayern, in der ich auch Gerd Müller, den heutigen Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, kennenlernte“, erinnert sich Alexander Radwan.
Nach dem zweiten Staatsexamen erhielt Alexander Radwan 1995 die Zulassung als Rechtsanwalt und arbeitete für international tätige Unternehmen. „Mein Interesse an Außenpolitik war schon immer groß, und in meiner Partei war das auch vielen bekannt. Ich hatte da bereits als Referendar in Brüssel gearbeitet und wurde wohl auch deshalb angesprochen, ob ich als Spitzenkandidat für die Europawahl 1999 kandidieren würde. Ich zögerte nicht und sagte ja“, so der CSU-Politiker.
Alexander Radwan zog über Listenplatz neun mit 35 Jahren ins Europaparlament ein und blieb dort zwei Legislaturperioden Parlamentarier. Als Mitglied des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (Econ) überzeugte Radwan seinerzeit seine CSU-Kollegen im Europäischen Parlament davon, gegen die Aufnahme Griechenlands in die Eurozone zu stimmen.
Die geringe Beteiligung an Wahlen zum Europaparlament ist ein Problem, das Alexander Radwan immer wieder thematisiert. 2004 nahmen etwas weniger als die Hälfte der wahlberechtigten Europäer an der Europawahl teil, gerade einmal 45,7 Prozent.
Das Paradoxe daran ist, dass das Europaparlament die Institution ist, der die Europäer am meisten vertrauen – außer dem Europäischen Gerichtshof. „Wir müssen es schaffen, dass sich die Menschen in den EU-Ländern stärker mit Europa identifizieren“, plädiert der Abgeordnete. In der zweiten Legislaturperiode wurde über den Vertrag einer Verfassung für Europa entschieden. Dieser völkerrechtliche Vertrag, der die politischen Systeme der Europäischen Union reformieren sollte, wurde 2004 von den Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten unterzeichnet, trat aber nicht wie vorgesehen am 1. November 2006 in Kraft.
Stattdessen einigten sich die EU-Staaten auf den Vertrag von Lissabon, der die Reform der EU voranbringen sollte. In den neun Jahren als Abgeordneter im Europäischen Parlament war der CSU-Politiker Vorsitzender des Parlamentarischen Arbeitskreises „Mittelstand“ der EVP-Fraktion (SME-Circle) und von 2004 bis 2008 wirtschaftspolitischer Sprecher der EVP-Fraktion.
2008 kehrte Alexander Radwan nach Bayern zurück. Das bedeutete aber nicht, dass er sich aus der Politik zurückziehen wollte. Der CSU-Politiker trat 2008 im Stimmkreis Miesbach zur Landtagswahl an und gewann erwartungsgemäß das Direktmandat. Er war als Politiker vielen Menschen im Wahlkreis bestens bekannt und genoss deren Vertrauen. „Als Landtagsabgeordneter hat man einen völlig anderen Fokus und natürlich andere Aufgaben zu lösen. Die Landespolitik betrifft die Menschen viel direkter, und Politiker erfahren Reaktionen auf Landesentscheidungen sofort. Das war für mich, der viele Jahre in europäischen Kategorien dachte, eine völlig neue, aber sehr wichtige und schöne Erfahrung“, sagt Alexander Radwan.
Fünf Jahre machte Alexander Radwan Politik im Bayerischen Landtag, dann traf er die Entscheidung, sich in der Bundespolitik zu engagieren und kandidierte 2013 für den Deutschen Bundestag. „Als Ilse Aigner sich für die Landespolitik entschied und als Wirtschaftsministerin ins Kabinett von Horst Seehofer wechselte, entschied ich mich für die Bundespolitik“, so Radwan.
Für den CSU-Politiker sind seine Erfahrungen aus dem Europaparlament sowie aus dem Landtag für die Arbeit als Bundestagsabgeordneter besonders wertvoll. „Es hilft, die richtigen Entscheidungen zu treffen, weil ich die europäische, die kommunale, die Landes- und die Bundesebene kenne“, sagt der Politiker.
Die richtigen Entscheidungen sind auch bei der Arbeit im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages enorm wichtig. Alexander Radwan sagt: „Mein Schwerpunkt im Ausschuss liegt auf dem Nahen und Mittleren Osten. Der arabische Frühling in Ägypten zum Beispiel wurde bei uns ein Stück weit glorifiziert. Wir haben die Ereignisse durch unsere westliche Brille gesehen. Aus anderen arabischen Ländern erfährt man in der aktuellen Tagespolitik immer nur etwas, wenn es Kriege oder Konflikte gibt“, sagt der Abgeordnete.
Der Auswärtige Ausschuss könne aber nur begrenzt etwas tun, wenn Hilfe notwendig und wichtig sei. „In einer Welt, in der sich viele von unseren westlichen Werten abwenden, müssen sich die zusammenfinden, die diese Werte von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten teilen. Es ist wichtig, darauf hinzuwirken, dass Konflikte gar nicht entstehen. Bildung und wirtschaftliches Wachstum sind dabei entscheidend. Das Mindeste sollte sein, die Lage in diesen Ländern weiter zu stabilisieren und den Menschen eine Perspektive zu geben. Das ist das beste Mittel, um der steigenden Anzahl von Flüchtlingen zu begegnen“, sagt der CSU-Politiker. (bsl/03.08.2015)