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Werden Kinderrechte stärker wahrgenommen, wenn sie im Grundgesetz verankert sind? Über diese Frage hat der Bundestag am Freitag, 25. September 2015, einmal mehr diskutiert. Ein entsprechender Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/3151) wurde mit den Stimmen der Koalition gegen die Opposition abgelehnt, ein Antrag der Linken (18/6042) zur Beratung in den Familienausschuss überwiesen.
Für die Opposition ist die Sache klar: Kinderrechte sollen endlich in das Grundgesetz aufgenommen werden. Außerdem soll es einen unabhängigen Bundeskinderbeauftragten geben, der bei allen Gesetzesvorhaben und Entscheidungen, von denen Kinder betroffen sind, darauf achten soll, dass die Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention eingehalten werden.
Grundlage dieser Forderung sei eine von mehr als 100.000 Menschen unterschriebene Petition, sagte Norbert Müller (Die Linke) für die Linksfraktion in der Debatte. Es gebe große Kinderarmut, eine frühe Selektion im Bildungssystem und mangelnden Schutz für minderjährige Flüchtlinge. Gäbe es jetzt schon einen Kinderbeauftragten, so Müller, hätte dieser der Koalition insbesondere für ihre Pläne zur Verbesserung der Situation unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge „die Leviten gelesen“.
Auf eine Stärkung der Kinderrechte, insbesondere aber mehr Partizipation für Kinder und Jugendliche setzen die Grünen. Die UN-Kinderrechtskonvention sei in Deutschland noch nicht vollständig umgesetzt, sagte Beate Walter-Rosenheimer (Bündnis 90/Die Grünen); die Kinderrechte seien hierzulande „ein Flickenteppich“. Deshalb müsse eine Kinderbeauftrager der Bundes „eine richtige Stimme und kein Stimmchen“ haben und dürfe nicht zum Spielball politischer Interessen werden.
Walter-Rosenheimer forderte Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) auf, an ihr früheres Engagement für eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre anzuknüpfen. Sie warf der Ministerin vor, ein Sachen Jugendpolitik sei ihre Bilanz „ein weißer Fleck auf der Landkarte“. Es werde „langsam Zeit“, hier zu handeln.
Die SPD-Fraktion spricht sich schon lange für eine Verfassungsänderung auf: „Die Kinderrechte gehören ins Grundgesetz“, sagte Svenja Stadler (SPD) in der Debatte, das liege „klar auf der Hand“.
Das 25. Jubiläum der UN-Kinderrechtskonvention sei auch ein Anlass, stolz auf das bereits Geschaffte zu sein: dass gerade am Deutschen Institut für Menschenrechte eine Monitoringstelle Kinderrechte eingerichtet werde, sei ein Beleg dafür.
Für die Union sagte der Vorsitzende der Kinderkommission des Deutschen Bundestages Eckhard Pols (CDU/CSU), der Zeitpunkt, zu dem die beiden Anträge vorgelegt würden, sei „unglücklich“. Die Große Koalition diskutiere unter anderem gerade die Frage, ob die Kinderrechte in das Grundgesetz aufgenommen werden sollten, er wolle dem Ergebnis dieser Diskussion nicht vorgreifen.
Pols betonte, der Antrag der Grünen verkenne, dass vieles im Bereich der Partizipationsmöglichkeiten gar nicht in die Zuständigkeit des Bundes falle. Viele Kommunen hätten aber inzwischen erkannt, dass Familien- und Kinderfreundlichkeit ein „Standortvorteil“ sei. Einen Antrag, der dieses Engagement vor Ort klein rede und auch missachte, könne er „nicht unterstützen“: Man müsse Vertrauen in die Menschen und Strukturen vor Ort haben. (suk/25.09.2015)