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Integrationsbetriebe, also Betriebe mit einer überdurchschnittlich hohen Zahl (25 bis 50 Prozent) von Menschen mit Behinderungen unter den Beschäftigten, werden in diesem und in den kommenden zwei Jahren mit insgesamt 150 Millionen Euro zusätzlich gefördert. Die Zahl der dort angebotenen Arbeitsplätze soll um rund 4.500 steigen. Das beschloss der Bundestag am Donnerstag, 24. September 2015, durch die Annahme eines Antrags (18/5377) von CDU/CSU und SPD zur Förderung von Integrationsbetrieben. Für den Antrag votierten neben den Koalitionsfraktionen auch Bündnis 90/Die Grünen. Die Linke enthielt sich.
In dem Antrag fordern die Koalitionsfraktionen auch, den Personenkreis der dort Beschäftigten um langzeitarbeitslose, schwerbehinderte Menschen zu erweitern und zu prüfen, inwiefern auch nicht-behinderte Langzeitarbeitslose dort eine Chance zum beruflichen Wiedereinstieg haben können. Ferner sollen Integrationsbetriebe bei der Vergabe öffentlicher Aufträge besonders berücksichtigt werden und die Betriebe in Inklusionsbetriebe umbenannt werden. Darin solle sich der Paradigmenwechsel von der Integration hin zur Inklusion von Behinderten widerspiegeln, heißt es in dem Antrag.
Kerstin Tack (SPD) lobte die Integrationsbetriebe als Baustein eines inklusiven Arbeitsmarktes. Die Finanzspritze sei ein erster Schritt, diesen noch weiter auszubauen. Darüber hinaus gehe es darum, die Wahlmöglichkeiten der Menschen mit Behinderungen durch entsprechende Angebote auszubauen, also die Entscheidung, ob sie in einer geschützten Werkstatt, in einem Integrationsbetrieb oder auf dem regulären ersten Arbeitsmarkt arbeiten wollen, zu erleichtern.
Tack trat der Befürchtung entgegen, dass es zu einem Verdrängungswettbewerb in den Integrationsbetrieben kommen könnte. Gesunde Langzeitarbeitslose sollen nicht auf die Quoten angerechnet werden können, so Tack.
Katrin Werner (Die Linke) kritisierte den Antrag als zu kurz gegriffen. Integrationsbetriebe seien unerlässlich für einen inklusiven Arbeitsmarkt. „Aber sie dürften nicht zum Verschiebebahnhof für Menschen werden, die vom ersten Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind“, sagte sie in Bezug auf den Plan, auch gesunden Langzeitarbeitslosen dort Plätze anzubieten.
Die Integration von Langzeitarbeitslosen über die Ausgleichsabgabe lehne ihre Fraktion ab, da dies keine nachhaltige Förderung sei. Werner sprach sich für eine grundsätzliche Umgestaltung des Werkstattsystems aus. Es könne nicht sein, dass die Beschäftigten dort für einen Acht-Stunden-Tag nur rund 180 Euro Lohn im Monat bekämen, sagte sie.
Uwe Schummer (CDU/CSU) lobte den Plan als „Praxis für die Menschen“, der außerdem von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsbetriebe maßgeblich unterstützt worden sei. Im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes werde die Koalition die Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes weiter voranbringen, kündigte Schummer an.
Ziel sei es, möglichst viele Menschen mit Behinderungen auf dem ersten Arbeitsmarkt unterzubringen. „Dafür brauchen wir eine Informationskampagne, die das Potenzial dieser Menschen stärker betont“, sagte er in Anspielung auf das vielerorts vorhandene Unwissen über die Fördermöglichkeiten in Betrieben.
Corinna Rüffer (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, es sei gut, dass nach Jahren des Stillstands nun endlich etwas passiere. Aber der Beschluss sei deshalb noch lange kein Meilenstein und die Frage eines inklusiven Arbeitsmarktes sei noch eine ganz andere als über zusätzliche 4.000 Plätze in den Integrationsbetrieben zu reden.
Nötig sei eine dauerhafte Finanzierung anstatt eine Finanzierung über die wenig stabile Ausgleichsabgabe. Außerdem müsse es nun darum gehen, insgesamt mehr inklusive Angebote zu machen und die Werkstätten als Baustein eines inklusiven Arbeitsmarktes insgesamt umzubauen, forderte Rüffer. (che/24.09.2015)