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Angesichts der massiven Wohnungsknappheit in vielen deutschen Städten und der steigenden Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum haben Experten am Mittwoch, 23. September 2015, im Umweltausschuss zur beschleunigten Umsetzung von Bauvorhaben aufgerufen und ein größeres Engagement des Bundes, insbesondere beim sozialen Wohnungsbau, gefordert. Nicht nur für Studenten und einkommensschwache Haushalte sei der Mangel an preiswerten Wohnungen ein großes Problem, betonten die vier Sachverständigen in der öffentlichen Ausschusssitzung unter Leitung von Bärbel Höhn (Bündnis 90/Die Grünen). Auch die große Zahl von Flüchtlingen, von denen ein Großteil vermutlich dauerhaft in Deutschland bleiben werde, erhöhe die Dringlichkeit, schnell und preiswert neuen Wohnraum zu schaffen. Damit ihre Integration gelingen könne, sei die Planung gemischter Stadtquartiere vonnöten.
Axel Gedaschko von der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland sprach von einem angestauten Defizit von allein 770.000 Wohnungen in Deutschland. Den Bund forderte er mit Nachdruck auf, sich wieder eine eigenständige Kompetenz bei der Vergabe von Wohnraumfördermitteln zu sichern. Außerdem sollte das Bauplanungsrecht "so schnell wie möglich" geändert werden, um die bislang sehr langwierige Realisierung von Bauvorhaben zu beschleunigen. Geltende Standards, etwa im Hinblick auf Emissions-, Natur- und Denkmalschutz, sollten abgesenkt werden, auch um die in Deutschland sehr hohen Baukosten zu reduzieren.
Achim Meyer auf der Heyde vom Deutschen Studentenwerk kritisierte, dass der Ausbau der staatlich geförderten Wohnheimplätze bei Weitem nicht mit dem Anstieg der Studierenden Schritt gehalten habe. Die Wohnraumkapazitäten reichten daher vielerorts nicht mehr aus. "Es müssen zusätzlich mindestens 25.000 Wohnheimplätze geschaffen werden", betonte er. "Dies entspricht einem Zuschussvolumen von 800 Millionen Euro."
Steffen Bockhahn, Senator für Jugend, Soziales, Gesundheit, Schule und Sport der Hansestadt Rostock, appellierte an die Bundesregierung: "Wir brauchen schnell und sehr dringend Wohnungsneubau, gerade im Bereich des sozial verträglichen Mietens." Den Ländern warf er vor, die Kompensationsmittel des Bundes für die soziale Wohnraumförderung häufig nicht an die Kommunen weitergereicht zu haben. Auch er bezeichnete die Baukosten in Deutschland als zu teuer. "7,50 Euro netto kalt für den Quadratmeter ist das günstigste, was wir im Neubau derzeit hinbekommen", betonte er. Damit sei niemandem geholfen. Daher sei das Engagement des Bundes gefordert, etwa indem er Zuschüsse gebe oder besondere Wohnformen fördere.
Prof. Dr. Martin Haag, Bürgermeister für Stadtentwicklung und Bauen der Stadt Freiburg im Breisgau, sprach darüber hinaus das Problem des Flächenmangels an. Bevor man über die Absenkung von Standards beim Wohnungsbau reden könne, müsste geklärt werden, wie Bund, Länder und Kommunen überhaupt an bebaubare Flächen kommen. Haag sprach sich dafür aus, in Zukunft stärker private Grundstücke zu aktivieren. Schließlich sei im Grundgesetz nicht nur der Schutz des Eigentums verbrieft, sondern auch dessen Sozialbindung.
Alle Experten lobten das vom Bundesumweltministerium ins Leben gerufene Modellvorhaben für nachhaltiges Wohnen für Studenten und Auszubildende, für das 120 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden sollen. Yvonne Magwas (CDU/CSU) betonte jedoch, dass die Bundesregierung sehr wohl wisse, dass das allein nicht ausreicht. Michael Groß (SPD) erklärte, Ziel seiner Fraktion sei es, die Kompensationsmittel, die der Bund den Ländern bislang jährlich für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stellt, von derzeit 518 Millionen Euro jährlich auf rund eine Milliarde Euro verdoppeln zu wollen. Auch für eine Modernisierungsumlage wollten sich die Sozialdemokraten einsetzen.
Heidrun Bluhm (Die Linke) warf dem Bund vor, das Thema "Soziales Wohnen" jahrelang verschleppt zu haben. Sie befürchtet, dass alles, was derzeit diskutiert werde, noch immer viel zu wenig sei, um die Probleme zu lösen. Christian Kühn (Bündnis 90/Die Grünen) bezeichnete die Lage in den Hochschulstädten als "Brennglas für das, was in ganz Deutschland passiert". Die Flüchtlingskrise zeige ganz deutlich, dass die Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus nicht wie bisher fortgeführt werden könne. (joh/23.09.2015)