Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > Textarchiv
„Spenden sind gut – aber Unternehmen können mehr.“ Das machte Peter Kusterer, Leiter der Corporate Citizenship & Corporate Affairs von IBM Deutschland und Mitglied der Steuerungsgruppe im Unternehmensnetzwerk WIE (Wirtschaft. Initiative. Engagement) am Mittwoch, 23. September 2015, vor dem Unterausschuss „Bürgerschaftliches Engagement“ des Deutschen Bundestages unter Vorsitz von Willi Brase (SPD) deutlich.
Während eines Fachgespräches zum Thema „Unternehmen und Engagementförderung“ (Corporate Citizenship) sagte Kusterer, „wer in der Frage des Engagements von Unternehmen nur an Geld denkt, dem muss klar werden, dass er sich mit den Krümeln zufrieden gibt“. Wenn in harten Zeiten bei den Unternehmen kein Geld mehr übrig sei, gebe es auch keine Schecks mehr, sagte der IBM-Vertreter. Darauf könnten keine verlässlichen zivilgesellschaftlichen Strukturen aufgebaut werden.
Es müsse vielmehr darum gehen, über die Unternehmen Zugang zu deren engagementbereiten Mitarbeitern zu erlangen. „Ich würde mir wünschen, dass man das mehr nutzt“, sagte er. Dazu müsse man aber wissen, wo die Stärken des Unternehmens und damit auch die Kompetenzen der Mitarbeiter lägen. „Wir sind nun einmal keine begnadeten Kindergärtenanstreicher“, stellte Kusterer klar. Man sei aber durchaus in der Lage, IT-Lösungen etwa bei der Organisation der Flüchtlingshilfe anzubieten.
Dr. Susanne Lang vom Centrum für Corporate Citizenship Deutschland (CCCD) stellte klar, dass Unternehmen durchaus darauf achten, etwas von ihrem Engagement zu haben. „Sie tun es aber nicht nur, weil sie etwas davon haben“, fügte sie hinzu. Dies würden die ohnehin den Unternehmen gegenüber noch immer eher skeptisch eingestellten Akteure aus der Zivilgesellschaft nicht hinnehmen.
„Es gibt immer noch oft die Angst, von den Unternehmen über den Tisch gezogen zu werden“, sagte Lang. Dabei könnten die zivilgesellschaftlichen Partner von den Unternehmen lernen „wie man seine Interessen deutlich macht“. Nach Ansicht der Politikwissenschaftlerin ist es gut, wenn die Unternehmen mit eigenen Interessen in die Sache hineingehen. So sei ein längeres Engagament möglich und nicht nur kurzfristige Philanthropie.
Unternehmensengagement werde immer strategischer und habe sich vom punktuellen reaktiven Engagement über die strategische Philanthropie zum Integrierten Corporate Citizenship entwickelt, sagte Dr. Andreas Rickert von Phineo, dem nach eigener Aussage „unabhängigen, gemeinnützigen Analyse- und Beratungshaus für wirkungsvolles gesellschaftliches Engagement“. Klar sei, dass Unternehmen „nicht altruistisch sind“. Sie seien aber bereit, einen Beitrag zu den sozialen, ökologischen und ökonomischen Zielen der Gesellschaft zu leisten, weil das langfristige Bestehen der Unternehmen auch von prosperierenden, gut funktionierenden Gesellschaften abhängig sei.
„Es gibt langfristige Synergien zwischen gesellschaftlichen und unternehmerischen Zielen“, sagte Rickert. Um wirkungsvolles Unternehmensengagement zu fördern schlug der Experte unter anderem vor, „trisektorale Ansätze“ (Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft) für die Lösungen gesellschaftlicher Herausforderungen „aktiv zu begleiten und zu fördern“.
Die Unternehmen agierten nicht im luftleeren Raum, betonte auch Dr. Reinhard Lang vom Netzwerk UPJ. Um Unternehmen und Zivilgesellschaft zusammenzubringen initiiere das UPJ-Netzwerk unter anderem den Lokalen Aktionstag für Unternehmen und Gemeinnützige, bei dem viele lokale Unternehmen mit ihren Mitarbeitern damit konfrontiert würden, welche konkreten Aufgaben erfüllt werden müssten. Dazu gebe es noch den „Marktplatz für gute Geschäfte“.
Dort würden in einem zentralen Saal einer deutschen Stadt je 30 Vertreter von Wirtschaftsorganisationen und gemeinnützigen Organisationen sich zwei Stunden lang in einer „Speed-Dating-Atmosphäre“ begegnen. Dabei würden sie wechselseitig Engagementangebote und –nachfragen prüfen und Vereinbarungen treffen, die in den kommenden Wochen und Monaten zu realisieren seien. „Dabei wird über alles geredet, außer über Geld“, betonte Lang. Die Erfahrungen damit seien gut, sagte der Experte, der die Zusammenarbeit mit regionalen Mittlern als Erfolgsfaktor Nr. 1 benannte. (hau/24.09.2015)