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Der Bund braucht keinen öffentlich-rechtlichen Fonds für die milliardenschweren Rückstellungen deutscher Energiekonzerne für die Kosten des Rückbaus der stillgelegten und noch stillzulegenden Atomanlagen sowie die Kosten der Endlagerung des Atommülls einzurichten. Dies beschloss der Bundestag am Freitag, 16. Oktober 2015, indem er Anträge der Fraktion Die Linke (18/1959) und Bündnis 90/Die Grünen (18/1465) auf Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie ablehnte.
Dr. Nina Scheer (SPD) hielt es in der Debatte für völlig unübersehbar, welche Folgekosten tatsächlich entstehen würden. So gebe es weltweit bisher keine Endlagerlösung. Nach dem Verursacherprinzip müssten jedoch die Konzerne für alle Folgekosten aufkommen. Die derzeitige Regierung habe schon etliches getan, um dafür zu sorgen, dass die Kosten nicht übertragen würden, und es werde ein Gesetzentwurf zur Konzernhaftung vorbereitet. Außerdem habe die Regierung eine Kommission eingesetzt, sodass in den nächsten Monaten mit einem sicheren rechtlichen Rahmen zu rechnen sei.
Ralph Lenkert (Die Linke) ging davon aus, dass die Rückstellung der Konzerne in Höhe von 35 Milliarden Euro sowieso nicht reichen würde. Zudem bleibe den Konzernen noch genügend Zeit, das Geld auf die Seite zu schaffen und für andere Dinge zu verwenden. Deshalb müsse die Rückstellung in einem öffentlich-rechtlichen Fonds abgesichert werden. ,,Wir müssen verhindern, dass sich die Rückstellung in Luft auflöst", sagte der Abgeordnete. Die Steuerzahler müssten dafür geschützt werden, in Verantwortung genommen zu werden.
Jens Koeppen (CDU/CSU) wies darauf hin, dass sowohl die Nutzung der Kernenergie als auch der Ausstieg aus der Kernenergie ein politischer Konsens gewesen sei. Es nütze niemandem, wenn die Konzerne jetzt zerschlagen würden, da sie noch für die erneuerbare Energien gebraucht würden. Auch er wies auf den Stresstest hin, der gezeigt habe, dass die Rücklagen ausreichend seien.
Sylvia Kotting-Uhl (Bündnis 90/Die Grünen) sah das Ergebnis des Stresstests nicht nur positiv. Auch dort gebe es Hinweise, dass die Rücklagen nicht ausreichen würden. Das Nachhaftungsgesetz sei notwendig, schütze jedoch die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nicht vollkommen. ,,Der Staat darf nicht in die Haftung genommen werden", betonte sie. Es sei Aufgabe der Politik, nicht an der Seite der Konzerne, sondern an der Seite der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu sein.
Im Einzelnen forderte Die Linke in ihrem Antrag die Bundesregierung auf, für eine unabhängige gutachterliche Analyse der zu erwartenden Rückbau- und Entsorgungskosten sämtlicher Atomreaktoren zu sorgen. Außerdem wurde die Vorlage eines Gesetzentwurfs verlangt, der die Überführung der Rückstellungen der Atomkraftwerksbetreiber für Stilllegung, Rückbau und Entsorgung in einen öffentlich-rechtlichen Fonds vorsieht. Damit soll das Geld vor Spekulation geschützt und für dauerhafte Atommüllfolgekosten gesichert werden. Dabei müsse gewährleistet sein, dass die Unternehmen auch in Zukunft in der Haftung für weitere, darüber hinaus anfallende Kosten bleiben.
Auch die Grünen sprachen sich für die Einführung eines öffentlich-rechtlichen Fonds aus, in den die von den Energieversorgungsunternehmen bereits gebildeten und künftig zu bildenden Rückstellungen für den Rückbau ihrer Atomkraftwerke und die Entsorgung ihrer radioaktiven Abfälle eingezahlt werden sollen. Die Mittel sollen im Entsorgungsfall unverzüglich für die gebotenen Maßnahmen eingesetzt werden können. (mik/16.10.2015)