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Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuorganisation der Zollverwaltung (18/5294) findet bei den betroffenen Arbeitnehmerorganisationen keinen ungeteilten Zuspruch. Rundheraus positiv äußerte sich in einer Anhörung des Finanzausschusses unter Vorsitz von Ingrid Arndt-Brauer (SPD) am Montag, 12. Oktober 2015, allein der Vertreter der Deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi gab Zweifel an der Verheißung einer "Effizienzrendite" zu Protokoll, die die Bundesregierung von der Umstrukturierung erwartet. Die Gewerkschaft der Polizei warnte sogar vor verfassungsrechtlichen Risiken, die sich aus der geplanten Eingliederung des Zollkriminalamtes in die neue Zollgeneraldirektion ergeben könnte.
Der Gesetzentwurf sieht die Bündelung aller Kompetenzen für das Zollwesen in einer zentralen Oberbehörde vor. Die neue Generalzolldirektion mit Sitz in Bonn soll die Aufgaben der bisherigen Bundesfinanzdirektionen Nord, Mitte, West, Südwest und Südost sowie des Zollkriminalamtes und der Zoll- und Verbrauchssteuerabteilung im Bundesministerium der Finanzen übernehmen.
Die Bundesregierung möchte auf diese Weise die Strukturen der Zollverwaltung verschlanken und Organisationsabläufe effizienter gestalten. Die etwa 7.000 Mitarbeiter der Generalzolldirektion bleiben allerdings an den Standorten der bisherigen Mittelbehörden über das Bundesgebiet verteilt. Dass damit die Zollverwaltung weiterhin "in der Fläche präsent" sei, begrüßten die Teilnehmer der Anhörung ebenso einhellig wie die Zusage, dass es im Zuge der Umstrukturierung keine Personaleinsparungen geben soll.
Der Vertreter der Gewerkschaft der Polizei, Frank Buckenhofer, wies auf die doppelte Funktion der Zollverwaltung hin. Sie habe einerseits Steuern einzutreiben, andererseits Straftaten zu verfolgen. Unter den Delikten, mit denen sich das Zollkriminalamt zu befassen habe, seien aber nur bis zu zwölf Prozent Steuervergehen im engeren Sinne. Der große Rest betreffe Geldwäsche, Drogen- und Waffenschmuggel, gewöhnliche Kriminalität, die mit der Finanzverwaltung nichts zu tun habe.
Dafür sei das Zollkriminalamt mit außerordentlichen Kompetenzen vor allem im Bereich der präventiven Post- und Telekommunikationsüberwachung ausgestattet, Zuständigkeiten, über die sonst nur Nachrichtendienste, aber keine andere Polizeibehörde verfügten. Die rechtliche Problematik der Eingliederung in die Generalzolldirektion liege darin, dass das Zollkriminalamt damit über keine eigene Behördenleitung mehr verfügen werde. Dem künftig zuständigen Behördenleiter, dem Chef der Generalzolldirektion, fehlten aber die für besondere Ermittlungen erforderlichen Befugnisse. Von solchen Ermittlungen betroffene Bürger hätten damit keinen Ansprechpartner auf Behördenseite mehr, was zu Verwerfungen von verfassungsrechtlicher Bedeutung führen könne.
Der Vertreter der Deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft, Dieter Dewes, teilte diese Bedenken ausdrücklich nicht. Die Eingliederung in die Generalzolldirektion habe lediglich zur Folge, dass das Zollkriminalamt von internen Organisationsabläufen, etwa der Personalverwaltung, entlastet werde. Es könne sich damit noch stärker auf seine eigentlichen Fahndungsaufgaben konzentrieren.
Dewes begrüßte, dass durch den Wegfall der bisherigen Mittelbehörden die "örtliche Ebene" in den Zollämtern gestärkt werde. Die Reform werde keine großen Personalverschiebungen mit sich bringen. Die Personalvertretungen der betroffenen Behörde seien zu mindestens 90 Prozent einverstanden. (hle/12.10.2015)