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Handwerker und Fachkräfte sollen bei ihrer Weiterbildung künftig besser gefördert werden. Das ist das Ziel der dritten Novelle des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes, welches das Bundeskabinett am 14. Oktober beschlossen hat. Zum 1. August 2016 sollen unter anderem Zuschüsse und Darlehensboni steigen. „Das ist eine gute Nachricht für alle, die sich zum Handwerks- oder Industriemeister, zum Techniker, Fachwirt oder staatlich geprüften Erzieher fortbilden lassen wollen“, sagte Bundesbildungsministerin Prof. Dr. Johanna Wanka (CDU), die die Eckpunkte für den Ausbau des „Meister-BAföGs“ in der Regierungsbefragung des Bundestages am Mittwoch, 14. Oktober 2015, vorstellte.
Betroffen von der Erhöhung seien derzeit rund 172.000 Menschen, sagte Wanka. „Damit ist das Meister-BAföG die größte und bedeutendste Fördermaßnahme im Bereich der beruflichen Bildung.“ Die Novelle ziele vor allem auf drei Punkte: „Wir werden den Kreis der Berechtigten vergrößern, die Leistungen steigern und strukturelle Veränderungen vornehmen, um die Vereinbarkeit von Fortbildung, Beruf und Familie zu erleichtern“, brachte die Ministerin die geplanten Änderungen auf den Punkt.
Konkret sei vorgesehen, die Unterhaltszuschläge für Kinder und Ehegatten sowie den einkommensunabhängigen Kinderbetreuungszuschlag für Alleinerziehende zu erhöhen. Außerdem sollen Zuschussanteile, die Vermögensfreibeträge, die Beiträge für Lehrgangs- und Prüfungskosten sowie für das „Meisterstück“ steigen. Auch der Erfolgsbonus für das Bestehen der Abschlussprüfung werde erhöht, kündigte Wanka an: „Wer die Prüfung erfolgreich absolviert, dem werden künftig 30 Prozent des Restdarlehens für Lehrgangs- und Prüfungskosten erlassen.“
Ein weiteres Ziel der Novelle sei es, die Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung weiter zu erhöhen. So sollen künftig Bachelor-Absolventen ebenso das Meister-BAföG erhalten können wie Studienabbrecher mit bestimmten Vorqualifikationen. „Die Bundesregierung will mögliche Hemmschwellen abbauen, um noch mehr Menschen für die Aufstiegsfortbildung gewinnen“, betonte die Ministerin. Damit auch mehr Frauen vom Meister-BAföG profitierten, sei vorgesehen, die Förderung flexibler zu gestalten. So trage das geplante Gesetz letztlich auch dazu bei, den dringend benötigten Führungs- und Fachkräftenachwuchs in Deutschland zu sichern.
Hier hakte Dr. Stefan Kaufmann (CDU), Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, ein: „Welche konkreten Impulse versprechen Sie sich von dem Gesetz für die Fachkräftesicherung?“, fragte der Stuttgarter Abgeordnete.
Wanka erklärte, der Ausbau des Meister-BAföGs sei vor allem ein „Signal der Wertschätzung für Handwerksberufe“: „Wir wollen deutlich machen, dass es sich lohnt, eine berufliche Ausbildung zu absolvieren.“ Durch mehr Attraktivität und Flexibilität der Förderung würden künftig mehr Menschen animiert, Meister zu werden. „Meister brauchen wir dringend, schließlich sind sie es später, die den Fachkräftenachwuchs ausbilden“, so die Ministerin.
Dr. Thomas Feist (CDU/CSU) wollte in diesem Zusammenhang erfahren, ob das geplante Gesetz auch als ein „Signal in Richtung Europa“ zu verstehen sei. Denn die ursprünglichen Pläne der Europäischen Kommission, den Zugang zu stark reglementierten Berufen zu erleichtern, seien ein „Angriff auf den Meisterbrief“ gewesen, monierte der Leipziger Abgeordnete. „Und schon jetzt zeigt sich, dass die Auszubildendenzahlen in den Branchen sinken, in denen die Meistertitel abgeschafft wurden, zum Beispiel bei den Fliesenlegern.“
Wanka zeigte sich überzeugt, dass es auch in dieser Hinsicht sinnvoll sei, die Attraktivität der beruflichen Bildung zu stärken. „Es hilft uns in der Diskussion um den Meisterbrief, wenn wir gute Zahlen vorweisen können“, so die Ministerin.
Brigitte Pothmer, arbeitsmarktpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, zeigte sich „irritiert“, dass der Gesetzentwurf nur vorsehe, das Meister-BAföG für Bachelor-Absolventen und Studienabbrecher zu öffnen. „Warum öffnen Sie es denn nicht für alle – also auch andere Studienabsolventen?“, wollte die Abgeordnete von Wanka wissen.
Diese entgegnete, es sei „weder ordnungspolitisch noch praktisch“ notwendig, dass ein „diplomierter Architekt oder ein promovierter Ingenieur“ einen Meister machten. Sinnvoll sei es eher für die, so Wanka, die eine Lehre absolviert, aber ein Studium abgebrochen hätten. Die könnten, ohne dass wie früher die mangelnde praktische Erfahrung ein Hindernis darstelle, nun Meister werden.
Martin Rabanus, Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, lobte grundsätzlich den vorliegenden Gesetzentwurf: „Vieles, über das wir gesprochen haben, ist hier umgesetzt.“ Trotzdem sprach sich der Sozialdemokrat für weitere Leistungsverbesserungen, etwa beim Maßnahmenbetrag oder beim Unterhaltszuschuss aus. „Unter dem Strich ist das natürlich eine finanzielle Frage, aber spricht denn ordnungspolitisch etwas dagegen?“, erkundigte er sich.
Wanka verneinte das. Allerdings ist aus ihrer Sicht die Erhöhung des Maßnahmenbetrags nachrangig. „Dieser kann durch den Erfolgsbonus reduziert werden.“ Geneigter zeigte sie sich hingegen, den Zuschussbetrag zu erhöhen.
Karin Binder, frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, beklagte, dass weniger als ein Drittel der mit dem Meister-BAföG Geförderten Frauen seien und erkundigte sich: „Was wollen Sie tun, um den Anteil zu erhöhen?“
Wanka räumte ein, dass es tatsächlich gerade im technischen Bereich sehr wenige Frauen als Meister gebe. Dies zu ändern, sei auch das Ziel des von ihr vorgelegten Gesetzentwurfs. So komme gerade die geplante Flexibilisierung der Förderung Frauen entgegen, welche noch immer stärker als Männer gefordert seien, Familie und Ausbildung unter einen Hut zu bekommen. (sas/14.10.2015)