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Die Reform zielt darauf ab, die Behandlungsqualität in Krankenhäusern zu verbessern. © picture-alliance
Nach mehreren kontroversen Debatten und einer Expertenanhörung soll das Krankenhausstrukturgesetz (18/5372) am Donnerstag, 5. November 2015, im Bundestag verabschiedet werden. Die knapp 2.000 Krankenhäuser in Deutschland sollen künftig mehr Behandlungsqualität und Versorgungssicherheit bieten. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe hatte im Dezember 2014 Eckpunkte für eine Klinikreform vorgelegt. Die Vorschläge sollen nun zu Beginn des Jahres 2016 umgesetzt werden. Qualität wird dabei als zentrales Kriterium bei der Krankenhausplanung eingeführt. Die 45-minütige Debatte beginnt gegen 15.25 Uhr.
Die Debatte wird live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
Auch die Krankenhausvergütung soll sich künftig an Qualitätsaspekten orientieren. So werden Zuschläge gewährt für gute Qualität, Abschläge drohen hingegen bei Qualitätsmängeln. Die Qualitätsberichte der Kliniken sollen für Patienten zugänglicher und verständlicher werden, damit sie sich selbst ein Urteil bilden können über die Leistungsfähigkeit einer Klinik.
Verbessern soll sich auch die Pflege in Kliniken. Aufgelegt wird ein Förderprogramm für Pflegestellen im Volumen von insgesamt bis zu 660 Millionen Euro in den Jahren 2016 bis 2018. Ab 2019 sollen dauerhaft 330 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung stehen. Auf diese Weise werden voraussichtlich 6.350 neue Stellen geschaffen, die nur der ,,Pflege am Bett" dienen.
Um den für die Krankenhausplanung und Investitionen zuständigen Bundesländern mehr Mittel an die Hand zu geben, wird ein Strukturfonds in Höhe von 500 Millionen Euro aufgelegt, gespeist aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds. Die Länder sollen einen Beitrag in gleicher Höhe beisteuern, sodass insgesamt eine Milliarde Euro zur Verfügung stünde. Die Mittel sollen den Krankenhäusern zusätzlich zur Investitionsförderung zugutekommen.
Kliniken sollen sich künftig stärker spezialisieren, einige Häuser werden womöglich für andere Aufgaben ganz umgewidmet oder geschlossen. Nach Angaben des Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) sind rund 40 Prozent der Krankenhäuser defizitär. Viele Kliniken leiden unter hohen Personalkostenbelastungen, unterfinanzierten Notfallambulanzen und einem Investitionsstau in Milliardenhöhe.
Nach heftigen Protesten der Klinikbetreiber, Ärzte und Pfleger wurde der Entwurf zuletzt zugunsten der Kliniken deutlich nachgebessert. Als Ersatz für den wegfallenden Versorgungszuschlag wird nun ein Pflegezuschlag in Höhe von 500 Millionen Euro gewährt, der dazu dienen soll, mehr Pflegepersonal einzustellen. Außerdem ist ein Ausgleich für steigende Lohnkosten infolge von Tarifanpassungen vorgesehen. Das Hygieneförderprogramm wird ausgebaut, sodass mehr Hygienefachkräfte eingestellt und ausgebildet werden können. Auch der Fachbereich Infektiologie soll gestärkt werden. Zudem wird die Notfallversorgung der Kliniken besser unterstützt.
Mehrere Anträge der Opposition zur Entwicklung der Krankenhäuser stehen ebenfalls zur Abstimmung. So fordert Die Linke in einem Antrag (18/5369), eine Personalbedarfsermittlung gesetzlich zu verankern, um eine hochwertige Pflege und Versorgung in den Kliniken sicherzustellen. In den Krankenhäusern gebe es einen Pflegenotstand. So müssten immer weniger Pflegekräfte immer mehr Patienten versorgen. Der tatsächliche Pflegeaufwand werde in den Fallpauschalen (DRG) nicht abgebildet. Zwischen der Qualität der Arbeitsbedingungen im Krankenhaus und der Qualität der Patientenversorgung bestehe ein enger Zusammenhang.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangt in ihrem Antrag (18/5381) grundsätzliche Veränderungen in der Finanzierung und Ausstattung der Häuser. So sei damit zu rechnen, dass im Jahr 2020 jeder fünfte Krankenhauspatient an Demenz leide. Die Kliniken müssten sich dieser Entwicklung stellen. Künftig komme es auf eine engere Verzahnung mit der ambulanten Versorgung an, eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Gesundheitsberufen und eine Aufwertung der Pflege.
Nötig seien ferner vor allem im ländlichen Raum flexiblere Versorgungsstrukturen. Die Abgeordneten fordern, die Krankenkassen an der Investitionsfinanzierung, aber dann auch an der Krankenhausplanung zu beteiligen. Ferner sollte gemeinsam mit den Ländern eine sektorenübergreifende Versorgungsplanung entwickelt werden. Bei der Pflege in Kliniken müsse eine verbindliche Personalbemessung eingeführt werden. Zudem müssten sich die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter verbessern auch im Sinne der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Über einen weiteren Antrag der Linksfraktion (18/6326) hatte der Bundestag Mitte Oktober kontrovers diskutiert. Die Fraktion fordert darin eine Krankenhausreform, die am Gemeinwohl orientiert ist und den Häusern eine bedarfsgerechte Finanzierung ermöglicht. In dem Antrag heißt es: ,,Der Zweck eines Krankenhauses ist nicht die Gewinnmaximierung, sondern die Versorgung der Bevölkerung mit notwendigen stationären Leistungen."
Die strikte Unterscheidung zwischen den Sektoren ambulant, stationär und pflegerisch sollte zugunsten einer sektorenübergreifenden Bedarfsplanung überwunden werden. Das System der diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRG) zur Finanzierung der stationären Leistungen müsse abgeschafft werden. Zudem sollte sich der Bund an den Investitionskosten der Kliniken beteiligen, um den Investitionsstau aufzulösen. (pk/28.10.2015)