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Freundschaften muss man pflegen. Das gilt auch in der Politik. Und so stand beim Besuch einer Delegation australischer Parlamentarier, die von Montag, 2. November, bis Donnerstag, 5. November 2015, den Bundestag besuchte und unter anderem mit Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert zusammentraf, insbesondere die Intensivierung der bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Australien im Mittelpunkt der Gespräche.
„Deutsche und Australier verbindet viel, sie sind sozusagen „like-minded“, betont Volkmar Klein (CDU/CSU), Vorsitzender der Deutsch-Australisch-Neuseeländischen Parlamentariergruppe im Bundestag, der die Abgeordneten Teresa Gambaro, Kim Carr, David Fawcett und Mark Coulton in Berlin willkommen hieß. Deutsche und Australier hätten gemeinsame Werte und Interessen, gleichzeitig stünden sie vor denselben großen Herausforderungen wie etwa dem Klimawandel oder dem globalen Terrorismus.
„Trotzdem wurde der Austausch in der Vergangenheit oft nicht genug gepflegt – vielleicht auch, weil das Verhältnis zwischen Deutschen und Australiern so problemlos ist“, vermutet Klein. Dabei sei es angesichts der weltweiten Krisen und Konfliktherde absolut notwendig, so der Abgeordnete aus Siegen-Wittgenstein, den Kontakt zu gleichgesinnten Partnern lebendig zu halten.
So nutzten die Gäste aus der australischen Hauptstadt Canberra den Besuch im Bundestag, um sich mit dem Vorsitzenden Ansgar Heveling (CDU/CSU) und den Mitgliedern des Innenausschusses über die Themen Terrorismusbekämpfung und Rekrutierung von IS-Kämpfern sowie die aktuelle Flüchtlingskrise in Europa auszutauschen. „Gerade vor dem Hintergrund des geplanten Referendums über den Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union beobachtet man in der australischen Politik den Streit über die Flüchtlings-und Migrationspolitik mit Sorge“, weiß Klein.
Die Australier, deren Staatsoberhaupt die britische Königin Elizabeth II. ist, pflegten traditionell enge Beziehungen zu Großbritannien. „Doch wenn es um die Wirtschaftspolitik geht, spielen auch die Kontakte zu Deutschland eine wichtige Rolle. Deswegen fürchten die Australier, dass es zu einem Riss durch Europa kommen könnte.“
Ein weiteres Thema der Gespräche: das deutsche Know-how im Bereich erneuerbarer Energien. Vor ihrer Ankunft in Berlin hatten die australischen Abgeordneten in Köln bereits das Institut für Solarforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt besucht. In Brandenburg informierten sie sich dann über eine Agrarkooperative mit erneuerbarer Energiewirtschaft, bevor sie schließlich mit dem Vorsitzenden Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU) und den Mitgliedern des Ausschusses für Wirtschaft und Energie im Bundestag über die deutsche Energiepolitik diskutierten.
„Weltweit ist das Interesse an deutscher Energiepolitik und vor allem an finanzierbaren Lösungen für erneuerbare Energien groß – auch in Australien“, erklärt Klein, der Mitglied im Haushaltsausschuss ist. In Australien werde gerade sehr intensiv über Energiefragen debattiert: „2014 wurde dort die erst zwei Jahre zuvor eingeführte CO₂-Steuer wieder abgeschafft.“
Um Kohlendioxid-Emissionen zu senken, könne gerade die Solarenergie für Australien eine Chance sein, so der Abgeordnete. „Schon allein aufgrund der endlos großen Flächen, die dort zur Verfügung stehen.“ Derzeit jedoch decke Australien noch den größten Teil seines Energiebedarfs mit Kohle. Sie sei Exportgut und Energiequelle Nummer eins, so Klein.
Er weiß wovon er spricht, denn Australien kennt der CDU-Abgeordnete gut. Klein arbeitete nach seinem Volkswirtschaftsstudium Mitte der 1980er-Jahre für eine Investitionsberatungsfirma in Melbourne, im Anschluss daran unter anderem für deren Niederlassung in Deutschland. Bis heute pflegt er private und berufliche Kontakte nach „Down Under“.
Seit seinem Einzug in den Bundestag 2009 setzt er sich auch auf politischer Ebene für Austausch ein: Sein Hauptanliegen als Mitglied der Parlamentariergruppe, die er seit 2012 auch leitet, sei es, „die deutsch-australischen Beziehungen so zu pflegen, wie es auch dem Wesen und der Bedeutung der beiden Länder entspricht“.
So zögerte Klein nicht, als er die Chance bekam, Mitglied der Deutsch-Australischen Beratergruppe zu werden, die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) und der früheren australische Premierminister Tony Abbot im April 2015 einberufen haben.
Das Ziel der Arbeit des Gremiums, dem insgesamt 15 deutsche und australische Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur angehören: Empfehlungen an beide Regierungen zu formulieren, um die bilaterale Zusammenarbeit und das gemeinsame Verständnis über wichtige Fragen in der Region Asien-Pazifik zu vertiefen.
Inzwischen habe die Beratergruppe unter der Leitung der Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Prof. Dr. Maria Böhmer (CDU), und dem australischen Finanzminister Mathias Cormann einen Katalog mit knapp 60 „sehr konkreten“ Vorschlägen erarbeitet, berichtet Klein. „Darunter zum Beispiel eine Erneuerung des bilateralen Doppelbesteuerungsabkommens, eine bessere wechselseitige Anerkennung von Abschlüssen und einen stärkeren Austausch von Schülern und Studierenden.“
Wenn die Bundeskanzlerin den neuen australischen Premierminister Malcom Turnbull am Freitag, 13. November, im Kanzleramt empfängt, sollen die Empfehlungen übergeben werden. Klein hofft, dass die Vorschläge der Beratergruppe künftig dazu beitragen werden, die Beziehungen zwischen den Ländern zu intensivieren.
Deutsche wie australische Abgeordnete seien sich jedenfalls einig, ihrerseits dazu beitragen zu wollen, so der Vorsitzende der Deutsch-Australischen-Neuseeländischen Parlamentariergruppe: „Wir haben verabredet, den Austausch zu verstetigen und kontinuierlich zu pflegen.“ Er selbst hat schon damit angefangen: In seinem Wahlkreis wirbt Klein zum Beispiel für Working-Holiday-Programme oder vermittelt Unternehmen, die Interesse am australischen Markt haben, Kontakte nach „Down Under“. (sas/09.11.2015)