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Mit Ausnahme der Linksfraktion haben alle Fraktionen des Bundestages am Donnerstag, 12. November 2015, anlässlich des 60-jährigen Jubiläums der Bundeswehr ein deutliches Bekenntnis zu den Streitkräften abgelegt. Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion Henning Otte (CDU/CSU) bezeichnete die 60-jährige Geschichte der Bundeswehr als „Erfolgsgeschichte“. Innerhalb der Nato sei sie zu einem unverzichtbaren Partner geworden, um die Freiheit und Sicherheit Deutschlands und seiner Verbündeten zu garantieren.
Otte erinnerte daran, dass die Aufstellung deutscher Streitkräfte nur zehn Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft keine Selbstverständlichkeit gewesen sei. Diese historischen Erfahrungen seien auch in die Entwicklung des Leitbilds vom „Staatsbürger in Uniform“ geflossen. Der Verteidigungspolitiker würdigte zudem die Rolle der Bundeswehr während der deutschen Wiedervereinigung. Durch die Integration von Soldaten der Nationalen Volksarmee der DDR in die Bundeswehr sei „aus zwei verschiedenen Vergangenheiten eine gemeinsame Zukunft“ entstanden, sagte Otte.
Auch Rainer Arnold, verteidigungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, bezeichnete die Bundeswehr als Garanten für Freiheit und Sicherheit. Den Großen Zapfenstreich am Vorabend vor dem Reichstagsgebäude anlässlich des 60-jährigen Jubiläums der Bundeswehr bezeichnete er als gelungenes Symbol für die Bundeswehr als Parlamentsarmee. „Auch Demokratien brauchen Symbole.“ Arnold sprach sich für einen Gedenkort im Bundestag für die in Auslandseinsätzen gefallenen Soldaten aus. Zudem lobte er die Arbeit des Wehrbeauftragten als Kontrollinstanz der Streitkräfte. Diese Institution sei auf Drängen der Sozialdemokraten geschaffen worden.
Arnold erinnerte an den in dieser Woche verstorben ehemaligen Bundeskanzler und Verteidigungsminister Helmut Schmidt (SPD). Dessen Forderung, dass die Nato so stark bleiben müsse, damit sie erst gar nicht zum Einsatz kommt, habe auch heute Gültigkeit. Arnold verlieh aber auch seiner Hoffnung Ausdruck, dass sich die Bundeswehr bei ihrem 75. Jubiläum als Teil einer europäischen Armee feiern wird.
Völlig konträr zu Union und Sozialdemokraten hingegen fiel das Urteil der Linksfraktion aus. Deren stellvertretender Fraktionsvorsitzender Wolfgang Gehrcke (Die Linke) bezeichnete die Bundeswehr und die Nato als überflüssig. Er selbst habe 55 Jahre lang gegen die Bundeswehr gekämpft und er werde dies auch weiterhin tun. Es sei geradezu symptomatisch, dass zeitgleich zur Debatte im Bundestag Verteidigungsministerin Dr. Ursula von der Leyen (CDU) ankündige, die Zahl der Bundeswehrsoldaten in Afghanistan wieder zu erhöhen.
Gehrcke kritisierte zudem die nach seiner Meinung nach viel zu hohen Verteidigungsausgaben. „Wer sich eine Armee leistet, der bekommt den militärisch-industriellen Komplex.“ Die anstehende Verabschiedung des Bundeshaushaltes für das kommende Jahr müsse für eine drastische Kürzung des Wehretats genutzt werden.
Die verteidigungspolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Agnieszka Brugger, bekannte sich hingegen zur Bundeswehr. Die Bürgerkriege und Konflikte weltweit ließen sich zwar nicht mit militärischen Mitteln lösen. Aber Einsätze der Bundeswehr mit dem Mandat der Vereinten Nationen könnten die Gewalt zumindest kurzfristig zum Schutz der Zivilbevölkerung eindämmen. Zugleich warnte sie, die Beteiligungsrechte des Bundestages bei Auslandseinsätzen zu beschränken.
Kritisch betrachtete Brugger zudem die Pläne der Bundesregierung, vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise wieder mehr Panzer für die Bundeswehr beschaffen zu wollen. Dies sei ein „sicherheitspolitischer und finanzpolitischer Irrsinn“. Brugger erinnerte daran, dass es bei allen unterschiedlichen Auffassungen über die Bundeswehr und ihre Einsätze es doch eine gemeinsame Verantwortung aller Parlamentarier und Fraktionen im Bundestag gebe. Und die gelte den Soldaten und Soldatinnen, die in den Einsätzen dienen. (aw/12.11.2015)