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Die Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt darf nicht dazu führen, Arbeitsmarktstandards abzusenken oder den Mindestlohn auszuhebeln. Darin zumindest waren sich die Fraktionen des Bundestages einig, als sie am Donnerstag, 12. November 2015, erstmals über einen Antrag (18/6644) der Linken berieten, der einen besseren und schnelleren Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge und Geduldete fordert
Konkret macht sich Die Linke dafür stark, dass die Residenzpflicht und andere "diskriminierende Sondergesetze" für Asylsuchende aufgehoben werden. Außerdem soll Flüchtlingen und Geduldeten von Beginn an ein Rechtsanspruch auf Zugang zu einem kostenfreien Integrations- und Sprachkurs gewährt werden. Berufsanerkennungsverfahren müssten vereinfacht und Arbeitsverbote und Nachrangigkeitsregelungen beim Arbeitsmarktzugang abgeschafft werden, heißt es in dem Antrag weiter.
Aber damit ist aus Sicht der Linken das Problem nicht gelöst, wie deren arbeitsmarktpolitische Sprecherin Sabine Zimmermann (Die Linke) betonte: „Wir brauchen einen Neustart in der Arbeitsmarktpolitik.“ Seit Jahren ändere sich nichts an den Zahlen der Kinder, die in Deutschland in Armut leben oder derjenigen, die als Langzeitarbeitslose keine Perspektive haben.
Nötig seien eine echte Offensive bei der Qualifizierung der Arbeitslosen und eine Aufstockung der finanziellen Mittel der Jobcenter, so Zimmermann. Sie machte klar, dass der Mindestlohn aus ihrer Sicht auch für Flüchtlinge „ohne Wenn und Aber“ gelten müsse.
Karl Schiewerling, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, rechnete vor, dass die Arbeitslosigkeit nach derzeitiger Prognose um 0,1 Prozent steigen werde. „Diese Perspektive bietet keinen Anlass für Panikattacken.“ Deutschland sei ein alterndes Land, in dem Fachkräfte händeringend gesucht würden. Daher komme es jetzt darauf an, „die Beschlüsse, die wir gefasst haben, auch konsequent umzusetzen“.
Er verwies auf den Etat des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, der gegenüber dem ursprünglichen Entwurf um 1,9 Milliarden Euro steigen soll, um auf die Herausforderung zu reagieren. „Was wir aber nicht brauchen, ist eine Absenkung des Mindestlohns, weil dies nicht zu einer leichteren Integration, sondern zu Wettbewerbsverzerrungen führen würde“, sagte Schiewerling.
Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Brigitte Pothmer, warf der Bundesregierung vor, ein integrationsfeindliches gesellschaftliches Klima zu erzeugen, weil sie den Eindruck erwecke, ihr wüchsen die Probleme über den Kopf. „Bei einer Aufgabe dieser Dimension braucht es eine Regierung, die eine klare Haltung hat, die Zuversicht ausstrahlt und die Chancen betont“, sagte Pothmer.
Sie warnte davor, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen und die Integration der Zuwanderer zu vernachlässigen. Vielmehr müssten rechtliche und bürokratische Hürden abgebaut werden, um zum Beispiel den ausbildungswilligen Flüchtlingen und damit auch den Betrieben eine gesicherte Perspektive zu bieten, forderte sie.
Katja Mast, Sprecherin für Arbeit und Soziales der SPD-Fraktion, bezeichnete die Debatte über den Schutzstatus syrischer Flüchtlinge als „falsch“, weil sie integrationsfeindlich sei, so Mast. Denn wenn jemand nur einen subsidiären und damit vorübergehenden Schutzstatus von einem Jahr bekomme, werde man kein Unternehmen finden, das diesen Flüchtling einstellen will. „Das behindert die Integration in den Arbeitsmarkt.“
Mast sprach sich ebenfalls dafür aus, einen neuen Aufenthaltsstatus zu definieren, der Auszubildenden eine wirkliche Perspektive biete. „Aber wir brauchen keine neue Armee von Geringverdienern durch die Absenkung der Mindestlohn-Standards für Flüchtlinge“, stellte Mast klar. (che/12.11.2015)