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Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD hat der Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) für das Jahr 2016 am Mittwoch, 25. November 2015, in der vom Haushaltsausschuss geänderten Fassung erfolgreich den Bundestag passiert (Einzelplan 23; 18/5500, 18/5502, 18/6120, 18/6124, 18/6125, 18/6126). Die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke lehnten den Haushalt ab. Minister Gerd Müller (CSU) kann damit im kommenden Jahr 7,41 Milliarden Euro ausgeben. Das sind zwar 16,97 Millionen Euro weniger als im Regierungsentwurf (18/5500) vorgesehen, aber doch deutlich mehr als im laufenden Jahr: Um rund 850 Millionen Euro wächst das Budget des BMZ an. Das Plus von 13,2 Prozent ist das größte seit Gründung des Ministeriums im November 1961.
Der Haushaltsausschuss hatte während der Haushaltsberatungen innerhalb des Etats Umschichtungen in Höhe von 370 Millionen Euro vorgenommen. Während insbesondere die Ausgaben für die Bilaterale Technische Zusammenarbeit sinken, erhöhen sich die Ausgaben für die Krisenbewältigung sowie die Bekämpfung von Fluchtursachen im Vergleich zum Regierungsentwurf noch einmal deutlich.
So steigt der Haushaltstitel „Krisenbewältigung und Wiederaufbau, Infrastruktur“ um weitere 180 Millionen Euro auf 400 Millionen Euro (2015: 130 Millionen Euro) an. Für die Sonderinitiative „Fluchtursachen bekämpfen“ stehen nun 300 Millionen Euro zur Verfügung, 190 Millionen Euro mehr als von der Regierung vorgesehen. 2015 konnte das BMZ dafür nur 70 Millionen Euro aufgeben.
Volkmar Klein (CDU/CSU) nannte die Umschichtungen wichtig, da das Geld vor allem den Menschen in den Flüchtlingslagern rund um Syrien zugute käme. Dort gehe es nicht nur um die Bereitstellung von Lebensmitteln, sondern auch um den Aufbau von Infrastruktur, etwa für die Wasserversorgung und Bildung. Deutschland, betonte Klein, übernehme damit Verantwortung für Menschen jenseits der eigenen Grenzen. Zugleich gebe es viel Geld aus für die Versorgung der Flüchtlinge in Deutschland.
Die Kritik der Opposition, Deutschland sei immer noch weit entfernt von dem erklärten Ziel, 0,7 Prozent seines Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben, teilte er daher nicht. „Ich bin überzeugt, dass wir 2016 über diese 0,7 Prozent kommen, weil sämtliche Kosten auch im Inland mitgerechnet werden müssen“.
Diese Ansicht teilte Bärbel Kofler (SPD) ausdrücklich nicht. Das BMZ brauche mehr Mittel, um seinen wichtigen Aufgaben gerecht zu werden, argumentierte sie. Diese Tatsache könne nicht dadurch kompensiert werden, „dass man hier im Land zu Recht Gelder für die Flüchtlinge ausgibt“.
Sie sei zwar „froh“ darüber, dass der Haushalt des Ministeriums 2016 um 850 Millionen wachse. Gleichzeitig sei es jedoch enttäuschend, dass es in den Haushaltsberatungen nicht gelungen sei, den Etat weiter aufzustocken. „Wir haben das gemeinsam mit dem Minister gefordert und auch gut begründet“, betonte die SPD-Abgeordnete. Um Fluchtursachen zu bekämpfen, wäre ein Aufwuchs „dringend nötig“ gewesen.
Auch Minister Müller zeigte sich enttäuscht. Entwicklungspolitik sei heutzutage Sicherheitspolitik, Friedenspolitik und Wirtschaftspolitik in einem und sichere das Überleben und die Zukunft der Menschen in den Partnerländern. Die Menschen in Deutschland müssten verstehen, „dass wir mehr in den Krisenländern der Welt tun müssen, um zu vermeiden, dass die Menschen zu uns kommen“.
Stünde dem BMZ mehr Geld zur Verfügung, könnte es auch mehr Bleibeperspektiven schaffen durch „Schulen für Kinder, Ausbildung für die Jugendlichen und Arbeit für die Erwachsenen“, betonte der CSU-Politiker. Er wies darauf hin: „Wenn wir die Hilfe vor Ort nicht verstärken, kostet es uns hier ein Vielfaches.“
Für die Linksfraktion fragte Michael Leutert: „Was ist in den Haushaltsberatungen nur schief gelaufen?“ Die Zustände in Ländern wie Syrien, Afghanistan und Libyen seien dramatisch, trotzdem streiche der Haushaltsausschuss 17 Millionen Euro aus dem Regierungsentwurf. Allein für das UN-Flüchtlingsprogramm für syrische Flüchtlinge fehlten 3,5 Milliarden Euro. „Wann, wenn nicht jetzt, wäre der Zeitpunkt, das 0,7-Prozent-Versprechen einzulösen?“, mahnte Leutert.
Insgesamt, sagte der Linke-Abgeordnete, brauche das BMZ acht Milliarden Euro mehr, um die Lage der Flüchtlinge zu verbessern und Fluchtursachen zu bekämpfen. Wie der Minister zeigte sich zudem überzeugt, dass es sich „lohnt, Geld in die Hand zu nehmen“. Jeder in den Krisenländern eingesetzte Euro verhindere, dass „wir 30 Euro hier einsetzen müssen“.
In einem Entschließungsantrag (18/6812) forderte die Linksfraktion die Bundesregierung auf, bis zum Frühjahr 2016 einen Stufenplan vorzulegen, in welchem sie die Aufwüchse der ODA-Quote bis 2019 auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens darstellt.
Anja Hajduk (Bündnis 90/Die Grünen) zeigte sich angesichts der Kürzungen durch die Haushälter empört. Es gebe doch innerhalb der Bundesregierung eine große Einigkeit darüber, dass Fluchtursachen nachhaltig bekämpft werden müssten, sagte sie. „Das tun wir insbesondere mit den Projekten, die wir aus diesem Etat fördern.“
Hajduk sieht den Etat des Ministers infolge der Haushaltsberatungen „deutlich geschwächt“ und warnte: „Ihr Nullsummenspiel geht nach hinten los.“ Es gebe einen „riesigen Handlungsbedarf“, insbesondere bei der Stärkung der Vereinten Nationen und ihrer Sonderorganisationen.
Die Grünen scheiterten im Plenum jedoch mit einem Änderungsantrag (18/6805), in dem sie forderten, die Mittel für Krisenbewältigung, Wiederaufbau und Infrastrukturmaßnahmen um weitere 100 Millionen Euro auf 500 Millionen Euro zu erhöhen. Auch die Aufwendungen für die Vereinten Nationen, das Welternährungsprogramm und den Internationalen Klima- und Umweltschutz sollten deutlich höher sein als im Etat vorgesehen. Die Linke unterstützte die Initiative, die Koalition lehnte sie jedoch ab. (joh/25.11.2015)