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Verbunden mit Appellen, in Zeiten der Terrorbedrohung den Rechtsstaat zu stärken, hat der Bundestag am Dienstag, 24. November 2015, den Etat des Justizministeriums für 2016 (18/6107, 18/6124, 18/6125, 18/6126; Einzelplan 07) gebilligt. Er ist mit 745 Millionen Euro der kleinste aller Bundesministerien. Die Koalitionsfraktionen stimmten dafür, die Oppositionsfraktionen dagegen. Anschließend wurde der Haushalt des Bundesverfassungsgerichts (18/6124, 18/6125, 18/6126; Einzelplan 19) im Volumen von 29 Millionen Euro einstimmig gebilligt, ohne zuvor in der Debatte thematisiert worden zu sein.
Der Zuwachs des Justizetats von 50 Millionen Euro gegenüber dem laufenden Haushaltsjahr fand bei den Koalitionsfraktionen Lob, während aus der Opposition noch mehr Geld vor allem für den Verbraucherschutz gefordert wurde.
Caren Lay (Die Linke) machte dazu auch einen konkreten Vorschlag: Einnahmen aus Kartellstrafen, die bisher im Haushalt des Wirtschaftsministeriums landen, sollten künftig teilweise für den Verbraucherschutz herangezogen werden. Ein Änderungsantrag ihrer Fraktion (18/6767), 15 Millionen Euro aus diesen Kartellstrafen für eine bundesweite Finanz- und Schuldnerberatung in den Haushalt des Ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz aufzunehmen, wurde allerdings von den Koalitionsfraktionen bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grüne abgelehnt.
Von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) zeigte sich Lay in ihrer Rede enttäuscht. Er habe ihr bei seinem Amtsantritt vor zwei Jahren Hoffnung auf eine linke Rechtspolitik gemacht, diese aber bei Themen wie der „Ehe für alle“, einer wirkungsvollen Frauenquote in Unternehmen oder einer wirksamen Mietpreisbremse enttäuscht. Entgegen ursprünglich erklärter Absicht habe er einen Gesetzentwurf zur „Vorratsdatenspeicherung“ vorgelegt, wenn auch „gezogen von Ihrem Parteichef“.
Maas ging darauf nur am Rande ein und stellte das Gesetz über „Höchstspeicherfristen“ in einen Zusammenhang mit neuen Gesetzen zur Terrorismusbekämpfung, welche die Ausreise zum Zweck des Einsatzes in einem Kriegsgebiet unter Strafe stellen und die Maßnahmen gegen Terrorfinanzierung verschärfen.
„Gegen Kriminelle führen wir keinen Krieg, sondern wir bekämpfen das Verbrechen“, so kommentierte Maas die Bezeichnung der jüngsten Terrorwelle als Krieg. Er wandte sich deshalb auch entschieden gegen Rufe nach einem Einsatz der Bundeswehr im Inneren. Als überfällig bezeichnete er die heute bekanntgegebene Entscheidung des Unternehmens Facebook, alle Posts mit Androhung physischer Gewalt als glaubhaft einzustufen und vom Netz zu nehmen.
Vor Maas hatte bereits Dennis Rohde (SPD) den Beitrag im Justizetat zur Terrorbekämpfung gewürdigt. Die Etats vor allem für Personal seien beim Generalbundesanwalt sowie beim Bundesgerichtshof deutlich aufgestockt worden, um die stark zugenommenen Verfahren gegen mutmaßliche Dschihadisten bewältigen zu können.
Rohde erinnerte im übrigen daran, dass die Mittel für Verbraucherschutz nicht nur im jetzt beratenen Etat, sondern auch in den beiden Jahren zuvor deutlich erhöht worden seien, zusammen um gut 50 Prozent. Noch nie sei in diesem Land so viel für den Verbraucherschutz ausgegeben worden, „und das lassen wir uns nicht kleinreden“, betonte Rohde mit Blick auf die Opposition.
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen appellierte Renate Künast, die Vorsitzende des Rechtsausschusses, an Justizminister Maas, in der Tradition der liberalen Politik seines Hauses zu bleiben und „sicherheitspolitischen Falken in der Bundesregierung Contra zu geben“.
Auch in seiner Rolle als Verbraucherschutz-Minister hatte Künast einen Wunsch an Maas, nämlich dass er für die Geschädigten des VW-Abgasskandals „endlich die Stimme erhebt“. Er müsse dafür sorgen, dass Volkswagen den Autobesitzern alle Kosten ersetzt, die ihnen wegen der Manipulationen des Konzerns entstehen. Auch die Gleichbehandlung nicht markengebundener Werkstätten bei der Umrüstung müsse er sicherstellen.
Klaus-Dieter Gröhler (CDU/CSU) nutzte seine Haushaltsrede zu einem Appell an die Länder. Sie sollten ihre Justiz so ausstatten, dass Abschiebungen nicht an zu wenig Verwaltungsrichtern scheiterten, forderte Gröhler. „Zum Rechtsstaat gehört auch Gerechtigkeit. Und die gebietet, jene anders zu behandeln, die ein Recht haben, gegenüber denen, die kein Recht haben.“
Sein Fraktionskollege Thomas Strobl (CDU/CSU) regte für die jetzt beginnende zweite Hälfte der Legislaturperiode eine Gesetzesänderung an, mit der Terrorwerbung unter Strafe gestellt wird. Sie solle für Dschihadisten ebenso gelten wie beispielsweise für rechtsextreme Gruppierungen. Auch den besseren strafrechtlichen Schutz von Polizeibeamten und anderen Einsatzkräften nannte Strobl als Ziel für die nächste Zeit. (pst/24.11.2015)