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Im Rahmen einer Regierungserklärung hat sich der Bundestag am Freitag, 3. Dezember 2015, mit der laufenden UN-Klimakonferenz in Paris beschäftigt. Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks (SPD) skizzierte dabei die deutschen Verhandlungsziele. Gemeinsam mit einer Delegation von Bundestagsabgeordneten wird Hendricks für die zweite Verhandlungswoche in die französische Hauptstadt reisen.
Die Bundesumweltministerin machte dabei deutlich, warum ein Erfolg in Paris so wichtig sei. „Es geht um die Zukunft unseres Planeten“, sagte Hendricks. Die Konferenz könne und müsse ein Aufbruch in ein „neues Zeitalter sein“. Der Weg dahin sei „mühsam und lang“ gewesen, im Vorfeld seien aber schon erste Erfolge erzielt worden. Dazu gehöre, dass die meisten Länder Minderungsziele vorlegt hätten. Diese reichten aber noch nicht aus, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen. Auch die Übereinkunft der sieben führenden Industriestaaten (G7), die Dekarbonisierung bis Ende des Jahrhunderts zu erreichen, sei ein wichtiges Signal gewesen.
Doch die Staatengemeinschaft befinde sich nun in den „härtesten zwei Wochen des Klimaprozesses“, sagte Hendricks. Wichtig sei, dass das Abkommen verbindlich regle, wie die Staaten ihre Emissionsminderungen messen und Transparenz herstellen müssen. Idealerweise würden auch die nationalen Minderungsziele völkerrechtlich verbindlich festgeschrieben. Zudem brauche es einen Mechanismus, um regelmäßig nachzusteuern und die Ambitionen zu steigen, sagte Hendricks. Alle fünf Jahre müssten die Ziele überprüft werden, Staaten dürften nicht hinter ihre Zusagen zurückgehen.
Eine wichtige Rolle spiele auch die Klimafinanzierung. Ärmere Staaten müssten bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels unterstützt werden. Zudem sollte sich die Staatengemeinschaft auf die Dekarbonisierung verständigen. Langfristiges Ziel müsse es sein, null Prozent Energie, die „grüne Null“, aus fossilen Brennstoffen zu gewinnen. Klimapolitik müsse auch als Entwicklungs- und Friedenspolitik verstanden werden, denn vor allem der globale Süden leide an den Folgen des Klimawandels, sagte Hendricks.
Ähnlich argumentierte Andreas Jung (CDU/CSU). Mit Bezug auf die vorhergehende Debatte zum Syrien-Einsatz sagte Jung, dass die Welt nicht nur vom Terrorismus bedroht werde. „Auch die Bedrohung durch den Klimawandel ist konkret“, sagte der Christdemokrat. Trotz aller Fortschritte sei auch Deutschland noch unter den zehn größten Emittenten von Treibhausgasen. Auch der Wohlstand des Landes sei auf Kohlendioxid gebaut, daher trage das Land eine besondere Verantwortung. „Dieser Verantwortung werden wir gerecht“, sagte Jung und bezog damit auch das Wirken früherer Bundesregierungen mit ein.
Als Nationalstaat allein werde Deutschland aber nicht ausreichende Wahrnehmung generieren, deswegen sei Handeln im EU-Verbund wichtig, betonte der Christdemokrat. Deutschland habe erfolgreich Druck ausgeübt, um eine Reduzierung des Treibhausgasausstoßes in der EU um „mindestens“ 40 Prozent bis 2030 zu erreichen. Zudem wolle die Bundesrepublik selbst dieses Ziel unterbieten und die 40-Prozent-Einsparung bis 2020 erreichen. Dafür sei von der Bundesregierung auch das „Aktionsprogramm 2020“ vorgelegt worden, „Wir wissen, es gibt noch einiges zu tun“, sagte Jung. So brauche es ein „ehrgeiziges Vorgehen“ beim Kohle- und Braunkohleausstieg. Aber auch bei der Energieeffizienz, im Verkehrsbereich und bei der Landwirtschaft müsse nachgesteuert werden, sagte der Vorsitzende des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung.
Die Opposition kritisierte vor allem, dass die Klimapolitik im Inland nicht den von Koalition und Regierung proklamierten Ansprüchen genüge. Katja Kipping (Die Linke) bezeichnete den Klimawandel als eine „große globale Ungerechtigkeit“, der vor allem die armen Länder mit einer „besonderen Härte“ treffe.
Der Klimawandel, so prognostizierte sie, werde zu der wesentlichen Fluchtursache werden. Eine konsequente Reduktion des Kohlendioxidausstoßes sei daher auch eine „Frage der globalen Gerechtigkeit“, sagte die Linke-Abgeordnete. Dazu würden – mit Blick auf Paris – „unverbindliche Zielvorgaben“ nicht weiterhelfen.
Aber auch in Deutschland müsse der Kohleausstieg forciert werden. Ebenso seien die „Klimakiller“ TTIP und Ceta abzulehnen, da sie Klimaschutz als „Investitionshindernis“ deklarierten. Es stelle sich überhaupt die Systemfrage. Der Traum von einem „grünen Kapitalismus“ sei ausgeträumt. Es müsse zwischen „Kapitalismus oder Klima“ entschieden werden, sagte Kipping mit Bezug auf die kanadische Globalisierungskritikerin Naomi Klein. Ihre Fraktion stelle sich dabei auf die Seite des Klimaschutzes.
Dr. Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen) mahnte an, dass all die Reden der Staats- und Regierungschefs in Paris, aber auch in Deutschland, zum Handeln führen müssten. Denn für viele Menschen sei die „Klimakrise“ schon längst angekommen. „Klimaschutzkonferenzen sind wichtig und bedeutsam, am Ende muss der Klimaschutz vor Ort umgesetzt werden“, forderte der Grünen-Fraktionsvorsitzende. Das bedeute ganz konkret: „Raus aus der Kohle, raus dem Verbrennungsmotor.“
In Deutschland bestehe ein „gigantisches Umsetzungsdefizit“, die Bemühungen müssten verdreifacht werden. Bei aller Kritik drückte Hofreiter auch seine Hoffnung aus, dass es der Bundesumweltministerin gelingen möge, einen „guten Klimavertrag“ auszuhandeln. Die Welt sollte Paris 2015 nicht wegen des Terrors in Erinnerung behalten, sondern weil dort ein „gemeinsames Fundament für eine bessere Zukunft“ gelegt worden sei, sagte Hofreiter.
Zwei Entschließungsanträge der Opposition lehnte der Bundestag mit Stimmen der Koalition ab. Ein gemeinsamer Antrag von Linken und Grünen (18/6882) forderte, einer Entschließung des Europäischen Parlaments zur EU-Klimapolitik zu folgen.
Ein weiterer Linken-Antrag (18/6881), die Grünen enthielten sich bei der Abstimmung, beinhaltete zahlreiche klimapolitischer Forderung an die Bundesregierung auf internationaler und nationaler Ebene. (scr/04.12.2015)