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Vizepräsident Johannes Singhammer begrüßt die usbekischen Gäste; in der Mitte Manfred Grund, Vorsitzender der Deutsch-Zentralasiatischen Parlamentariergruppe. © DBT/Melde
Als Exportschlager wurde die duale Berufsausbildung zuletzt oft gefeiert. Gerade angesichts der hohen Jugendarbeitslosigkeit ist das deutsche Modell, das auf einer engen Verbindung aus Theorie und Praxis basiert, international gefragt. Auch beim Besuch einer Delegation usbekischer Parlamentarier, die von Montag, 23. November, bis Donnerstag, 27. November 2015, den Bundestag besuchte und unter anderem mit Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer (CDU/CSU) zusammentraf, gehörte das duale System zu den zentralen Gesprächsthemen.
„Für die Usbeken ist unser Berufsbildungssystem ein Vorbild“, sagt Manfred Grund (CDU/CSU), Vorsitzender der Deutsch-Zentralasiatischen Parlamentariergruppe im Bundestag. Auf seine Einladung waren die Abgeordneten Sakir S. Umarow, Muchtabar A. Chusanowa, Elbek Ch. Schukurow, Nuria D. Aitshanowa und Bachromshon A. Obidshonow nach Berlin gekommen.
Die Gäste hätten im Gespräch mit deutschen Parlamentariern so unter anderem wissen wollen, wie sich das duale System in Usbekistan aufbauen ließe, berichtet Grund. „Wir haben auf Projekte der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit hingewiesen, die berufliche Bildung schon in Ländern wie etwa der Mongolei fördern.“ Aber natürlich sei es eine zentrale Voraussetzung, dass es Unternehmen gebe, die Jugendliche ausbilden könnten, gibt der Abgeordnete aus dem thüringischen Heiligenstadt zu bedenken.
In dem zentralasiatischen Land, das seit der Unabhängigkeit 1991 von Staatspräsident Islam Karimow regiert wird, sei die Wirtschaft noch immer im Übergang von einer sowjetisch-zentralistischen Planwirtschaft zu einem marktwirtschaftlich orientierten System. „Wir haben deshalb deutlich gemacht, dass es notwendig ist, der Wirtschaft mehr Freiraum zu geben.“
Nicht nur das duale Ausbildungssystem fand das Interesse der achtköpfigen Delegation aus der Oliy Majlis, dem Parlament im usbekischen Zwei-Kammer-System, sondern auch die deutsche Bildungspolitik insgesamt: „Die usbekischen Abgeordneten wollten erfahren, wie in unserem föderalistischen System die Zuständigkeiten in der Bildungspolitik verteilt sind.“
So nutzten die Gäste aus Taschkent den Aufenthalt, um sich über das Zusammenspiel von Bund und Ländern zu informieren. In Berlin besuchten sie den Bundesrat, wo Lars von Dewitz, Sekretär der Ausschüsse für Innere Angelegenheiten und Kulturfragen und zugleich Geschäftsführer der Innenministerkonferenz, für Fragen bereitstand. Später kamen die usbekischen Parlamentarier in Potsdam mit Abgeordneten des Brandenburger Landtags und dessen Präsidentin Britta Stark zusammen.
Aktuelle außen- und innenpolitische Fragen dominierten hingegen die Gespräche im Bundestag: Hier traf die usbekische Delegation zunächst mit dem stellvertretenden Vorsitzenden Franz Thönnes (SPD) und weiteren Mitgliedern des Auswärtigen Ausschusses zusammen. „Natürlich interessierte die Usbeken als direkte Nachbarn Afghanistans vor allem unser wieder verstärktes militärisches Engagement dort“, erklärt der Vorsitzende der Parlamentariergruppe, der die usbekischen Gäste während ihres Besuchs im Parlament begleitete.
„Die Usbeken betrachten den islamistischen Terrorismus mit Sorge und fragen sich, ob sie dagegen ausreichend gewappnet sind.“ Der Umgang mit der aktuellen Terrorbedrohung in Deutschland beschäftigte die Usbeken wiederum im Austausch mit Vertretern des Bundesinnenministeriums. „So haben sich unsere Gäste zum Beispiel darüber informiert, wie in der jetzigen Situation Polizei, Bundesnachrichtendienst und Armee im Auslandseinsatz zusammenwirken“, erläutert Grund.
Darüber hinaus sei die deutsche Flüchtlings- und Migrationspolitik für die Parlamentarier aus Taschkent von Interesse gewesen: „Sie wollten insbesondere erfahren, wie wir mit einer so großen Zahl von Flüchtlingen umgehen und wie wir es schaffen wollen, sie unterzubringen und zu integrieren.“ Ob Terrorismusbekämpfung oder Bildungspolitik – der Wunsch nach parlamentarischer Zusammenarbeit mit dem Bundestag sei groß, so der Vorsitzende der Deutsch-Parlamentarischen Parlamentariergruppe: „Es war deutlich zu spüren, dass die Usbeken sehr interessiert daran waren, den Austausch mit uns zu intensivieren.“
Eine Usbekisch-Deutsche Parlamentariergruppe befinde sich gerade im Aufbau. „Bislang gab es gar keine solche Gruppe“, betont Grund. Für ihn eine gute Voraussetzung für die künftige Kooperation. Ein Gegenbesuch einer deutschen Delegation im nächsten Jahr ist schon in Planung. Auch der Schwerpunkt stehe schon jetzt fest, so der Vorsitzende. „Dann wollen wir das Thema Bildung aufgreifen und vertiefen. “ (sas/30.11.2015)