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Ob Krebslunge, Raucherbein oder faulende Zähne – bereits ab Mai 2016 sollen zwei Drittel der Vorder- und Rückseite von Zigaretten-und Drehtabakpackungen für Warnbilder und zusätzliche Hinweise reserviert sein. Das sieht ein entsprechender Gesetzentwurf vor, den das Bundeskabinett beschlossen hat. Damit solle die europäische Tabakprodukt-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt werden, erklärte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU), der die Eckpunkte des Gesetzesvorhabens in der Regierungsbefragung des Bundestags am Mittwoch, 16. Dezember 2015, vorstellte.
Neben den neuen Text-Bild-Warnhinweisen, die für Zigaretten, Tabak zum Selbstdrehen und Wasserpfeifentabak künftig verpflichtend seien sollen, sehe der Gesetzentwurf auch vor, Tricks der Tabak-Hersteller wie das Überdecken des Tabakgeschmacks durch Aromen zu unterbinden. Eine Übergangsfrist bis zum Verbot gelte jedoch für Menthol-Zigaretten, so Schmidt.
Um Fälschungen vorzubeugen, müssten Verpackungen zudem künftig ein individuelles Erkennungs- sowie ein fälschungssicheres Sicherheitsmerkmal tragen. Neuerungen seien darüber hinaus bei der sogenannten E-Zigarette geplant, kündigte der Minister an. So solle es für die Verdampfer und entsprechende Nachfüllbehälter in Zukunft ebenfalls Werbeverbote geben.
Ziel dieser Neuregelungen sei es, Rauchern die Lust am Rauchen zu verderben. Vor allem Jugendliche sollten so abgeschreckt werden, dass sie gar nicht erst damit anfangen, erklärte Schmidt. Denn allein in Deutschland seien 110.000 Todesfälle pro Jahr unmittelbar auf das Rauchen zurückzuführen.
Tabakkonsum sei Ursache für Krebserkrankungen und trage zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und typischen chronischen Atemwegserkrankungen bei, heißt es in dem von ihm vorgelegten Gesetzentwurf, der bis spätestens bis zum 20. Mai 2016 in Kraft treten soll.
Dies sei ein enger Zeitrahmen, merkten verschiedene Abgeordnete an, darunter Rainer Spiering (SPD) an. Dieser sorgte sich, ob den Unternehmen überhaupt genügend Zeit für die Umstellung ihrer Verpackungsproduktion bliebe.
Schmidt räumte ein, dass die Zeit für die Umsetzung der gestezlichen Vorgaben knapp sei: „Das ist sehr ambitioniert“. Er habe der EU-Kommission deshalb auch den Vorschlag unterbreitet, den Zeitraum zu verlängern, betonte der Minister. Dies sei jedoch nicht möglich gewesen.
Auf die Nachfrage von Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU) berichtete Schmidt zudem, er habe die Unternehmen frühzeitig über die Größe der Bilder und die Schrifttypen informieren lassen.
Björn Wunderlich, familienpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke, erkundigte sich, ob für die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die „Nischenhersteller“ von Tabakprodukten, besondere Übergangsfristen geplant seien. Schmidt erklärte daraufhin, dass „Spezialprodukte“ wie Zigarillos, Zigarren und Schnupftabak, welche meist von mittelständischen Unternehmen hergestellt würden, von der Neuregelung ausgenommen seien.
„Sie gelten nicht als Einstiegsdrogen“, erklärte der Minister und versicherte: „Wir hatten also die kleinen und mittelständischen Unternehmen im Blick.“
Wunderlichs Fraktionskollegin Kathrin Vogler (Die Linke) jedoch interessierte vor allem, warum der Gesetzentwurf nicht – wie ursprünglich vorgesehen – auch ein generelles Werbeverbot für Tabakprodukte enthalte. „Stimmt es, dass dies auf Druck des Kanzleramts und des Wirtschaftsministeriums gestrichen wurde?“, wollte die neue gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfaktion wissen.
Auch Dr. Harald Terpe, Sprecher für Drogen- und Suchtpolitik von Bündnis 90/Die Grünen, kritisierte das Fehlen von Webebeschränkungen. Diese seien längst überfällig. Deutschland und Bulgarien seien in der EU „die Schlusslichter“, monierte der Abgeordnete. In allen anderen Ländern seien Außen- und Kinowerbung für Tabakprodukte längst verboten.
Schmidt gab zu, dass Deutschland bislang noch nicht die Tabakrahmenkonvention der Weltgesundheitsorganisation (WHO) umgesetzt habe. Manche Forderungen wie etwa nach einem Verzicht auf Marken-Logos auf Zigarettenpackungen seien jedoch umstritten. Das sogenannte „Plain Packaging“ werfe noch „viele Fragen“ auf, so Schmidt. Die Vorgaben der Tabakrahmenkonvention müssten auch mit „unserer verfassungsrechtlichen Grundlage übereinstimmen“. (sas/16.12.2015)