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Anja Karliczek, Botschafterin Anna Elisabeth Prinz, Peter Bossman (Bürgermeister von Piran), Marie-Luise Dött, Wilfried Lorenz © Büro Dött
Mit nur 20.273 Quadratkilometern Landesfläche ist Slowenien ungefähr so groß wie Hessen. Nur rund zwei Millionen Menschen leben in dem kleinen Land zwischen Alpen und Adria. Trotzdem erreichte die ehemalige jugoslawische Teilrepublik Großes: Nach der Unabhängigkeit 1991 Jahren mauserte sie sich bald zum Vorzeigestaat mit moderner Infrastruktur und prosperierender Wirtschaft. Seit 2004 gehört das Land zu Europäischer Union und Nato, seit 2007 zur Eurozone.
„Mich hat die konsequente Orientierung Sloweniens in Richtung Westen und das Bemühen um die Akzeptanz in der EU sehr fasziniert“, sagt Marie-Luise Dött (CDU/CSU), Vorsitzende der Deutsch-Slowenischen Parlamentariergruppe im Bundestag: „Die Slowenen haben es geschafft, die europäischen Stabilitätskriterien einzuhalten und ihre Verschuldung in den Griff zu bekommen – und das angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise, die das Land hart getroffen hat.“
Tatsächlich sah Slowenien 2013 wie der nächste Fall für den Euro-Rettungsschirm aus. Doch das ist vorbei. Die Wachstumsraten, die die slowenische Wirtschaft nun wieder vorzuweisen habe, seien „anerkennenswert“, lobt die Abgeordnete aus dem Wahlkreis Oberhausen-Wesel, die umwelt- und baupolitische Sprecherin der Unionsfraktion im Bundestag ist.
Seit Anfang 2014 hat Dött den Vorsitz der Parlamentariergruppe inne, die in der laufenden Legislaturperiode insgesamt zehn Mitglieder hat. Wolfgang Hellmich (SPD) und Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) sind stellvertretende Vorsitzende. Damit gehört die Gruppe zu den kleineren unter den Parlamentariergruppen, die die Beziehungen des Bundestages zu anderen nationalen Parlamenten pflegen.
Die Vorsitzende ist jedoch froh, dass es für Slowenien überhaupt diese Gruppe gibt: „Es war mein Ziel, dass wieder eine Deutsch-Slowenische Parlamentariergruppe eingesetzt und sie nicht mit einer anderen zusammengelegt wird. Ich bin überzeugt, dass das eine zusätzliche Hilfe ist, damit sich das Land weiterhin gut entwickeln kann.“
Für Dött spielt Slowenien eine Schlüsselrolle: „Ich glaube, dass das Land das Potenzial hat, der Nukleus einer regionalen Entwicklung auf dem Westbalkan zu sein.“ Deshalb seien sie und die anderen Mitglieder der Parlamentariergruppe gern Fürsprecher und „Lobbyisten“ für slowenische Anliegen: „Die Menschen leben dort den europäischen Gedanken. Das imponiert mir.“ Um den eingeschlagene Weg weiterzugehen, bräuchten die Slowenen Partner. Partner wie Deutschland.
Wie sehr sich Slowenien an die europäischen Vereinbarungen halte, zeige es auch im Umgang mit der Flüchtlingskrise, findet die Abgeordnete. Die Regierung unter dem seit August 2014 amtierenden Ministerpräsidenten Miro Cerar lasse keine Flüchtlinge durchreisen, ohne sie zu registrieren. „Das ist vorbildhaft“, lobt sie.
Natürlich war die europäische Flüchtlings- und Migrationspolitik eines der Themen, die während der letzten Delegationsreise nach Slowenien im Mittelpunkt der Gespräche standen. Zusammen mit Anja Karliczek und Wilfried Lorenz (beide CDU/CSU) war Dött vom 5. bis 9. Oktober in der Hauptstadt Ljubljana mit der stellvertretenden Parlamentspräsidentin, Bojana Muršič, dem Vorsitzenden der Slowenisch-Deutschen Freundschaftsgruppe, Jožef Horvat, sowie mit der Staatssekretärin im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, Dragoljuba Benčina, zusammengetroffen.
Gerade in diesen Wochen erlebte Slowenien die Ankunft Tausender Flüchtlinge. Zeitweilig stieß das Land bei der Bewältigung des Zustroms an seine Grenzen: „Das war ein Kraftakt sondergleichen“, sagt auch Dött. Dass Slowenien dafür kritisiert werde, an der Grenze zu Kroatien einen Zaun gebaut zu haben, findet die CDU-Politikerin ungerecht: „Slowenien macht ja nicht die Grenzen dicht. Das Land versucht nur, die Situation in den Griff zu bekommen.“
Ein weiteres zentrales Thema des Besuchs in Slowenien: die Wirtschaftspolitik. Als Vorsitzende des Bundes Katholischer Unternehmer – eine Tätigkeit, die Dött ehrenamtlich neben ihrem Mandat ausübt – hat die 62-Jährige auch die ökonomische Entwicklung des Landes und die Situation deutscher Unternehmen vor Ort im Blick. Diese schätzen Slowenien, um dort zu investieren, weiß Dött.
Rund 200 deutsche Unternehmen engagierten sich dort bereits seit Jahren, darunter zum Beispiel Henkel, Siemens oder Bosch. Deutschland gelte als wichtigster Handelspartner der früheren jugoslawischen Republik. Und auch bei den ausländischen Investitionen seien deutsche Unternehmen ganz vorne mit dabei, so Dött.
Das habe Gründe: „Das Land setzt auf Rechtsstaatlichkeit und ist auch im IT-Bereich super. “Zudem seien die Arbeitskräfte dort gut ausgebildet: „Die Slowenen versuchen gerade, eine duale Ausbildung einzuführen“, berichtet Dött, die es auch als ihre Aufgabe sieht, gegenüber deutschen Unternehmern für das kleine Land zu werben: „Ich bin in der Wirtschaft zuhause, das fällt es mit leicht, Slowenien ins Gespräch zu bringen.“
Im engen Austausch steht Dött selbstverständlich auch mit dem Vorsitzenden der Slowenisch-Deutschen Freundschaftsgruppe, Jožef Horvat, sowie mit den beiden diplomatischen Repräsentanten Marta Kos Marko, der slowenischen Botschafterin in Deutschland, und Dr. Anna Elisabeth Prinz, der deutschen Botschafterin in Slowenien. „Wir halten uns stets auf dem Laufenden, wenn Entscheidungen getroffen oder Gesetze beschlossen werden, um darauf schnell reagieren zu können“, erklärt die Vorsitzende der Parlamentariergruppe. Den Slowenen sei es wichtig zu erfahren, wie man in Deutschland zu bestimmen Fragen denke, so Dött.
Oft unterstütze man sich auch ganz praktisch: „Wenn die Slowenen etwas im Parlament anstoßen wollen und wir zum Beispiel gerade etwas Ähnliches vorhaben, dann kann es schon passieren, dass wir unseren Antrag einfach rüberschicken.“
Von Interesse sei gerade auch das föderative System in Deutschland: „Es gibt in Slowenien große regionalen Unterschiede, bedingt durch die Einflüsse der Nachbarstaaten Österreich, Ungarn, Kroatien und Italien“, erklärt Dött. „Im Norden erinnert Slowenien eher an Österreich. Im Süden könnte man meinen, man sei in Italien.“
Grundsätzlich könne der Kontakt unter Parlamentarier dazu beitragen, die Demokratie in Slowenien zu fördern, ist Dött der Meinung. Nachholbedarf sieht die Abgeordnete aber vor allem bei der Entwicklung einer Bürgergesellschaft: „Das Selbstverständnis der Bürger, sich einzubringen, ist noch verschüttet“. Um dafür mehr Bewusstsein zu schaffen beteiligten sich die Delegationsmitglieder in Ljubljana an einem Symposium zu diesem Thema.
Dötts Fazit: „Es ist sicher Aufgabe des Staates, das Engagement der Bürger noch stärker als bisher einzubinden. Aber die Bürger müssen auch merken, dass sie in einer Demokratie leben und sich einbringen können.“ Die parlamentarische Zusammenarbeit bewertet die Vorsitzende der Parlamentariergruppe jedoch positiv: „Ich erlebe große Offenheit und einen stetigen Abgleich, um sich weiterzuentwickeln“, sagt Dött. „Und über das Ziel, ein gemeinsames Europa, sind wir uns alle einig.“ (sas/04.01.2016)