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Stau und Verspätungen - sie zerren an den Nerven von Autofahrern und Zugreisenden und kosten jährlich Milliarden. Um dies bei stetig steigender Mobilität in Zukunft zu verhindern oder zumindest zu verringern, soll nun die Digitalisierung des Verkehrs dienen. Dies sieht zumindest ein Antrag (18/7362) der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD vor, der am Freitag, 29. Januar 2016, vom Bundestag zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen wurde.
Die Bundesregierung soll dazu im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel eine verkehrsträgerübergreifende Strategie zur intelligenten Mobilität vorlegen und ein ,,digitales Straßengesetz" mit konkreten Handlungsschritten zum Aufbau einer intelligenten Verkehrssteuerung und -infrastruktur erarbeiten. Die Fraktionen verlangen zudem einen Aktionsplan ,,Digital vernetztes Auto - intelligente Straßeninfrastruktur" und standardisierte und offene Schnittstellen für alle Verkehrssteuerungsanlagen.
Für die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, Dorothee Bär (CSU), passen Digitalisierung und Infrastruktur zusammen. Die Menschen und auch die Wirtschaft würden nach einer ungehinderten Mobilität verlangen. Dazu könne die Digitalisierung behilflich sein.
Um dies zu erreichen, müsste in den nächsten Jahren massiv investiert werden. Deshalb seien die Investitionen im Etat des Bundesministeriums in diesem Jahr auch weiter ansteigend. So sollen allein in den Breitbandausbau 2,7 Milliarden Euro investiert werden.
Der Verkehr werde in Zukunft durch die Digitalisierung verändert, sagte sie. Er werde unter anderem wesentlich umweltschonender und sicherer werden. So seien zurzeit 95 Prozent aller Unfälle auf menschliches Versagen zurückzuführen. Deshalb sei der Mensch ein größerer Risikofaktor als die Automatisierung.
,,Die Digitalisierung bietet wahnsinnige Chancen, die wir nutzen können", betonte Bär. Dies gelte auch für den Güterverkehr, bei dem die Transporte besser aufeinander abgestimmt könnten. Die Staatssekretärin wies auch auf das digitale Testfeld auf der Bundesautobahn A9 hin, bei dem sowohl ,,Fahrzeug-zu-Fahrzeug Informationen" als auch ,,Fahrzeug-zur-Infrastruktur Informationen" getestet werden könnten.
Arno Klare (SPD) wies darauf hin, dass die Menschen in Deutschland im Jahr rund 285.000 Stunden im Stau stehen würden. Dabei würden 1,2 Milliarden Liter Sprit vergeudet und drei Millionen Tonnen Kohlendioxid in die Luft geblasen. Zumindest ein Teil davon könne durch intelligente Mobilität verhindert werden.
Durch rechtzeitige Informationen könnten die Menschen dann zum Beispiel besser entscheiden, welche Verkehrsmittel sie nehmen würden. Durch Fahrassistenzsysteme könne sichergestellt werden, dass die Fahrzeuge gleichen Abstand halten würden; dadurch gebe es weniger Staus.
Auch für Thomas Jarzombek (CDU/CSU) hat die Digitalisierung des Verkehrs vor allem Vorteile. So könnten die Menschen länger selbständig mobil bleiben, weil die Unfälle durch menschliches Versagen auch im Alter weniger würden. Es gebe Untersuchungen, dass 60 Prozent aller Unfälle durch Assistenzsysteme verhindert werden könnten.
,,Extrem hilfreich" sei die Digitalisierung auch im öffentlichen Personennahverkehr. So könnten die Teilnehmer frühzeitig informiert werden, ob der Bus oder die Bahn pünktlich ankommen werde oder ob es sinnvoll sei, einen anderen Weg zu nehmen. Auch in den Städten könnte es in Zukunft möglich sein, dass die Autos ohne zu bremsen oder zu beschleunigen vorankommen würden. Das bedeute weniger Emissionen und weniger Lärm.
Der Abgeordnete setze sich dafür ein, dass es neben dem Testfeld auf der A9 auch zusätzlich innerstädtische Modellregionen geben solle, wo die Digitalisierung des Verkehrs erprobt werden könnte. Die Kommunen müssten unterstützt werden, digital aufzurüsten. Dafür müssten lediglich 50 Millionen Euro investiert werden ,,Das ist weniger als eine Ortsumgehung", betonte Jarzombek.
Der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Stephan Kühn, hielt den Antrag der Koalition nur für eine Ablenkung. Zwar sieht auch er durch die Digitalisierung Chancen für den öffentlichen Personennahverkehr und bei den Autos. Vorteile würden sich allerdings kurzfristig nicht erschließen und es müsste viel investiert werden. Die Automatisierung werde in Stufen kommen. Probleme zum Beispiel beim Datenschutz und bei der Haftung seien noch ungeklärt.
Sabine Leidig, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, hielt den Weg der Digitalisierung insgesamt für falsch. Hier ginge es nur darum, Unternehmen Geld in die Kassen zu spülen. Durch Automatisierung sollte noch mehr Verkehr auf die Straße gebracht werden. Die Menschen wollten weniger Autos und weniger Verkehr.
,,Für mich ist das ein echter Horror", sagte sie. Es müssten vielmehr die Bedürfnisse der Menschen in den Mittelpunkt der politischen Entscheidungen gerückt werden. So würden immer mehr Menschen in den Städten aufs Fahrrad umsteigen, weil sie mit dem Auto sowieso nur im Stau stehen würden. (mik/29.01.2016)