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Kulturstaatsministerin Professor Monika Grütters (CDU) hat die Neukonzeption der Förderung des kulturellen Erbes der Deutschen im östlichen Europa gemäß Paragraf 96 des Bundesvertriebenengesetzes gegen die Kritik von Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen verteidigt und als Beitrag zur kulturellen Identität Deutschlands und Europas gewürdigt. Zudem habe die Förderung der Kultur der Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg einen Beitrag dazu geleistet, dass diese in ihrer neuen Heimat erfolgreich integriert werden konnten, sagte Grütters am Freitag, 29. April 2016, in der Debatte über den entsprechenden Bericht der Bundesregierung (18/7730). Die Oppositionsfraktionen bezeichneten das Konzept hingegen als rückwärtsgewandt.
Angesichts der EU-Beitritte der östlichen Nachbarländer habe die Konzeption aus dem Jahr 2000 weiterentwickelt werden müssen, sagte Grütters. Zum einen müsse der Transfer von Erinnerungen an die jüngeren Generationen gesichert werden, da die Generation der Zeitzeugen aussterbe. Zudem müssten neue Zielgruppen in die Förderung aufgenommen werden, vor allem die Spätaussiedler.
Als dritten Punkt benannte Grütters eine verstärkte europäische Kooperation bei der Pflege der deutschen Kultur in den Ländern Osteuropas. Grütters argumentierte, dass die Situation der Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg bei allen Unterschieden der Situation der Flüchtlinge in Deutschland aus Syrien und anderen Ländern gleiche. Die gemachten Erfahrungen seien deswegen umso wertvoller.
Kritisch hingegen bewerteten die kulturpolitischen Sprecherinnen der Linksfraktion, Sigrid Hupach, und der Grünen, Ulle Schauws, die Konzeption. Der Bericht zeichne ein „rosarotes Europabild“, monierte Hupach. In Wirklichkeit betreibe die Europäische Union eine strikte Abschottungspolitik gegenüber Flüchtlingen. Es gebe eben kein Verständnis für deren Situation. Auch die Förderung des Bundes für die Kultur der Deutschen in Osteuropa betreibe eine weitgehend „nationale Nabelschau“. Die Themen Flucht und Vertreibung müssten in einem größeren Kontext betrachtet werden.
Hupach kritisierte zudem, dass dem Bund der Vertriebenen und den Landsmannschaften in der Neukonzeption wieder eine wichtigere Rolle zugedacht werden. In diesem Sinne äußerte sich auch Ulle Schauws. Angesichts des Umstandes, dass die aktuelle Flüchtlingsfrage Europa zu spalten drohe, habe die Bundesregierung die Chance gehabt, eine moderne und zukunftsorientierte Konzeption zu entwickeln. Diese Chance habe sie allerdings vertan. Es sei zwar richtig, dass an das Schicksal von zwölf Millionen deutschen Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg erinnert werde, aber dies müsse im Kontext der nationalsozialistischen Verbrechen geschehen. Dies aber leiste das Konzept nicht, und dies sei auch bei Gründung der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ nicht geschehen.
Dr. Christoph Bergner (CDU/CSU) und Christina Jantz-Hermann (SPD) hingegen verteidigten die Kulturförderung nach Paragraf 96 des Bundesvertriebenengesetzes. Dieses sei in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder novelliert worden und habe sich „von einem Gesetz zur Bewältigung von Kriegsfolgen zu einem Gesetz zur Konsolidierung des Friedens in Europa entwickelt“, argumentierte Bergner. Die Neukonzeption leiste einen Beitrag, kulturelle Nachbarschaft in Europa zu leben. Es sei falsch zu behaupten, dass die Kulturförderung für die Kulturförderung der deutschen Kultur in Osteuropa erneut einen Keil zwischen die Völker treibe, sagte Bergner.
Jantz-Hermann bezeichnete die Kulturförderung als Erfolgsgeschichte. Sie leiste einen Beitrag zur Stärkung der europäischen Identität und Integration. Sie verwies in diesem Zusammenhang auf den im ostpreußischen Königsberg, dem heutigen Kaliningrad, geborenen Philosophen Immanuel Kant. Kant sei Deutscher gewesen, aber vor allem Europäer. Dieses Erbe gelte es zu erhalten. Allerdings monierte auch die SPD-Abgeordnete die Aufwertung der Rolle der Landsmannschaften und des Bundes der Vertriebenen in der Konzeption. (aw/29.04.2016)