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Seit 25. Jahren gibt es den deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag. © picture alliance/chromorange
Die Fraktionen erinnern am Donnerstag, 23. Juni 2016, an die Unterzeichnung des deutsch-polnischen Freundschaftsvertrages vor 25 Jahren. Aus diesem Anlass soll ab 11.30 Uhr über einen Antrag der Fraktionen von CDU/CSU und SPD (18/8861) beraten und abgestimmt werden, in dem sich beide für eine Vertiefung der deutsch-polnischen Beziehungen einsetzen. Für die Debatte sind 60 Minuten angesetzt.
Die Debatte wird live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
Die Unterzeichnung des Vertrages über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Polen vom 17. Juni 1991 markiert nach Auffassung der Koalitionsfraktionen den Beginn einer neuen Ära in der Geschichte beider Länder. Zusammen mit dem am 14. November 1990 geschlossenen Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Bestätigung der zwischen ihnen bestehenden Grenze stelle er eine „historische Zäsur dar, welche die bereits in den Jahrzehnten zuvor begonnene Aussöhnung und Normalisierung zwischen Deutschland und Polen auf eine feste Grundlage stellte“, urteilen sie.
Zudem hätten die Verträge einen wichtigen Beitrag für die Annäherung und Einbindung des demokratischen Polens in die Nato und EU geleistet und bildeten bis heute ein solides Fundament für die deutsch-polnische Partnerschaft.
Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung unter anderem auf, die bilaterale politische Zusammenarbeit mit Polen weiterhin mit hoher Priorität zu behandeln und die Arbeit deutsch-polnischer Institutionen und deutsch-polnischer Projekte aus der Zivilgesellschaft weiter zu unterstützen.
Konkret sollen die Mittel für das Deutsch-Polnische Jugendwerk, die Stiftung für Deutsch-Polnische Zusammenarbeit, die Deutsch-Polnische Wissenschaftsstiftung, die Stiftung Kreisau und die Internationalen Jugendbegegnungsstätte Auschwitz erhöht werden. Gemeinsam mit den Bundesländern soll zudem eine angemessene finanzielle Förderung des Deutschen Polen-Institutes langfristig gesichert werden.
Union und SPD betonen, dass Deutschland und Europa den Polen „wichtige Freiheitstraditionen“ verdankten. Die polnische Verfassung von 1791 sei die erste moderne geschriebene Verfassung in Europa, auch wenn sie nur kurze Zeit in Kraft gewesen sei. Nur wenige europäische Nationen hätten ihre Freiheit so hart und opferreich erkämpfen müssen wie die polnische.
„Vor diesem Hintergrund bedauern wir, dass die Venedig-Kommission des Europarates Anlass haben musste, die Lähmung des polnischen Verfassungsgerichtes durch die jüngste Gesetzgebung der Sejm-Mehrheit zu kritisieren und die EU-Kommission als Hüterin der Verträge das Verfahren des EU-Rechtsstaatsmechanismus einleiten musste“, schreiben die Abgeordneten. „Wir hoffen, dass der Dialog innerhalb des Verfahrens zu einer Lösung führen wird.“
Ursprünglich hatte der Bundestag bereits am 10. Juni, im Vorfeld des Jahrestages, über den gemeinsamen Antrag debattieren wollen. Zwei Tage zuvor hatte die SPD-Fraktion jedoch ihre Zustimmung zurückgezogen. Entscheidender Streitpunkt war nach Angaben des Parlamentarischen Geschäftsführers der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), die Würdigung der Rolle der Vertriebenen bei der Aussöhnung mit Polen. Insbesondere der Verweis auf die sogenannte Charta der Vertriebenen von 1950 war bei der SPD auf Widerspruch gestoßen.
Nun wurde offenbar ein Kompromiss gefunden. Im vorliegenden Antrag heißt es: „Der Versöhnungsgedanke wurde von den Kirchen beider Länder, den vielen in unterschiedlichsten Vereinen und Verbänden organisierten Bürgerinnen und Bürgern auf beiden Seiten der Oder und von Opfern des von den Nazis entfachten Angriffskrieges in der polnischen Bevölkerung vorangetrieben. Das gilt gerade auch für diejenigen deutschen Heimatvertriebenen, die sich für Versöhnung engagierten und sich der Forderung in der Charta der deutschen Heimatvertriebenen vom 5. August 1950 nach Gewaltverzicht besonders verpflichtet fühlten sowie den Appell für europäische Lösungen zur Richtschnur ihrer Arbeit machten.“ (joh/22.06.16)