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Die Bundestagswahl am 27. September 2009 folgte auf ein Jubiläum: Vor 60 Jahren, am 7. September 1949, trat die Volksvertretung in der provisorischen Hauptstadt Bonn zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Anlass für einen Rückblick auf 16 Wahlperioden, auf Meilensteine, Wendemarken, Personen und Entscheidungen.
Die Ölkrise von 1973 macht den westlichen Industriestaaten bis in die achtziger Jahre hinein schwer zu schaffen und führt die Abhängigkeit der Bundesrepublik von importierten Energieträgern vor Augen. Die Weltwirtschaft befindet sich in einer tiefen Krise.
Bundestag und Bundesregierung bemühen sich, die inneren Auswirkungen durch Konjunkturprogramme abzufedern. Dennoch schnellt die Arbeitslosigkeit in die Höhe. Auch Staatsverschuldung und Inflationsraten steigen weiter an.
Mit der Wahl am 3. Oktober 1976 ziehen wieder drei Parteien in den Bundestag ein. Die Union erhält mit 48,6 Prozent aller Zweitstimmen ihr bisher zweitbestes Ergebnis. Zweitstärkste Fraktion wird die SPD, sie erzielt 42,6 Prozent. Die Liberalen erreichen 7,9 Prozent.
Dr. Helmut Kohl, der als Kanzlerkandidat angetreten ist, verliert die Wahl gegen die regierende sozialliberale Koalition um Haaresbreite: SPD und FDP setzen ihr Bündnis unter Kanzler Helmut Schmidt (SPD) fort.
Die Enttäuschung über den Ausgang der Bundestagswahl, persönliche Differenzen zwischen Kohl und dem CSU-Vorsitzenden Franz Josef Strauß sowie unterschiedliche Auffassungen in politischen Sachfragen belasten die Union schwer. Während einer Klausurtagung im bayerischen Wildbad Kreuth beschließt die CSU-Landesgruppe am 19. November, die Fraktionsgemeinschaft mit der CDU aufzukündigen.
Doch die entschlossene Drohung der CDU, einen bayerischen Landesverband zu gründen, und anhaltende innerparteiliche Kritik am Kreuther Beschluss zwingen Strauß zum Rückzug - mit der Doppelvereinbarung vom 12. Dezember 1976 wird die Fraktionsgemeinschaft fortgesetzt, die Autonomie der CSU innerhalb der Fraktion gestärkt.
Seit den frühen siebziger Jahren beschäftigt sich das Parlament mit dem wachsenden Problem des internationalen Terrorismus. 1977 erreichen die Terrorakte ihren Höhepunkt: Der Generalbundesanwalt Siegfried Buback, der Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer und der Vorstandssprecher der Dresdner Bank, Jürgen Ponto, werden von der "Rote-Armee-Fraktion" ermordet.
Eine Lufthansa-Maschine wird von arabisch-palästinensischen Terroristen entführt und durch die Grenzschutzsondereinheit GSG 9 befreit. Der Bundestag erlässt Gesetze zur vorbeugenden Terrorismusbekämpfung. Zwar geht die Zahl der Anschläge zurück, aber der Terrorismus bleibt eine Gefahr für die innere Sicherheit des Landes.
Neue internationale Spannungen bestimmen in der achten Wahlperiode auch das politische Geschehen in Deutschland. Ende der siebziger Jahre gefährden Rüstungsanstrengungen der Sowjetunion das militärische Gleichgewicht in Europa. Die Sowjets stellen den neuesten Raketentyp SS 20 auf. Zudem marschieren die Sowjettruppen in Afghanistan ein, um dort ein kommunistisches Regime aufzubauen.
Polen verhängt das Kriegsrecht als Reaktion auf eine starke antikommunistische Protestbewegung, die auch aus der wirtschaftlichen Not heraus entstanden ist. Am 12. Dezember 1979 kommt es zum NATO-Doppelbeschluss: Unter entscheidender Mitwirkung von Kanzler Schmidt droht die NATO, in Westeuropa moderne atomare Mittelstreckenraketen zu stationieren, falls Moskau nicht auf Abrüstungsverhandlungen eingehe.
In den siebziger Jahren gehen Tausende Frauen auf die Straße, um gegen das Abtreibungsverbot, den Paragrafen 218, zu demonstrieren. Ebenso richtet sich ihr Protest gegen Benachteiligung und Bevormundung: Um einen Arbeitsvertrag abzuschließen, brauchte eine Frau bis 1977 noch das Einverständnis des Ehegatten. In einer Enquete-Kommission widmet sich der Bundestag von 1973 bis 1981 dem Thema "Frau und Gesellschaft".
In dieser Zeit entsteht eine große ökologische Bewegung, die ein radikales Umdenken in Umwelt- und Technologiefragen fordert. Zu Kernkraftgegnern und Umweltschützern kommen bald andere Gruppierungen wie die Frauenbewegung. Die alternativen Bürgerinitiativen entwickeln sich zu einer neuen parteipolitischen Kraft.
Am 12. Januar 1980 konstituieren sich in Karlsruhe "Die Grünen" als Bundespartei, die sich zu den Grundwerten "ökologisch - sozial - basisdemokratisch - gewaltfrei" bekennt. Die Grünen machen den Erhalt natürlicher Lebensgrundlagen des Menschen zum Thema der politischen Diskussion. Drei Jahre später ziehen sie in den Bundestag ein.
1976 wird der Bremer Prof. Dr. Karl Carstens zum Bundestagspräsidenten gewählt. Zuvor war der 1972 in den Bundestag gewählte Abgeordnete Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion sowie Mitglied des Präsidiums der CDU. Nach seiner Amtszeit als Bundestagspräsident wird er Bundespräsident (1979 bis 1984).
Im Juni 1979 werden in der Bundesrepublik wie in den anderen Ländern der Europäischen Gemeinschaft die Mitglieder des Europäischen Parlaments zum ersten Mal direkt gewählt. Seitdem gelten die Europawahlen auch als Barometer für die kommenden Bundestagswahlen.