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Dass Künstler und Autoren für ihre Kreativleistungen angemessen bezahlt werden müssen, darüber herrschte bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz zur rechtlichen Stellung von Künstlern und Autoren gegenüber ihren Rechteverwertern wie Verlegern, Musikunternehmen oder Filmproduzenten in den Statements der Sachverständigen Einigkeit. Im Mittelpunkt einer Anhörung am Mittwoch, 6. Juli 2016, unter Vorsitz von Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) stand ein Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/8625) sowie ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (18/7518). Außerdem wurden die Auswirkungen des Bundesgerichtshof-Urteils vom 21. April 2016 zur Beteiligung von Verlagen an den Ausschüttungen von Verwertungsgesellschaften erörtert.
Künstler und Autoren überlassen die Verwertungsrechte an ihren Werken meist professionellen Produzenten, um genügend Endnutzer zu erreichen. Dazu gewähren sie diesem Rechteverwerter entsprechende Nutzungsrechte, sei es für den Druck eines Buches, die Publikation im Internet oder eine öffentliche Aufführung. Im Urheberrechtsgesetz von 2002 wurde erstmals der Grundsatz rechtlich verankert, Autoren und Künstler angemessen an der wirtschaftlichen Nutzung ihrer Werke zu beteiligen. Die Grundlage für gemeinsame Vergütungsregeln zwischen Kreativen und Verwertern wurde geschaffen.
Nach fast eineinhalb Jahrzehnten besteht nun aus Sicht der meisten Beteiligten, Urhebern wie Rechteverwertern, Reformbedarf. Auch die Bundesregierung ist der Auffassung, dass das Urhebervertragsrecht als ein wesentliches Instrument, um Künstlern zu fairen Honoraren zu verhelfen, bislang hinter den Erwartungen zurückblieb.
Zu den wichtigsten Defiziten zählt laut dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung, dass sich Kreative oft auf Vertragsbedingungen einlassen müssten, mit denen sie alle Rechte an ihrem Werk häufig für Jahrzehnte und sämtliche Verwertungsarten gegen eine unangemessen niedrige Einmalzahlung aus der Hand geben. Der Gesetzentwurf stellt außerdem fest, dass Künstlern, die sich gegenüber den Rechteverwertern auf ihre gesetzlich verbrieften Rechte beriefen, ein faktischer Boykott seitens der Rechteverwerter drohe.
Mit dem aktuellen Gesetzentwurf zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes möchte die Bundesregierung die gesetzlichen Grundlagen des Urheberrechtsschutzes weiter verbessern. Auch der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Schwerpunkt, das Schlichtungsverfahren bei Verhandlungen über Vergütungsvereinbarungen effizienter zu gestalten, zielt in diese Richtung.
Die Debatte sollte nicht zu sehr auf den vermeintlichen Gegensatz zwischen Urhebern und Verwertern fokussiert werden, sagte Prof. Dr. Karl-Nikolaus Peifer. Probleme ergäben sich vielmehr aus dem Markteintritt neuer Player und Plattformen in den letzten Jahren. Er empfahl, auf Ebene der Verbände branchenspezifische „typische Nutzungsformen“ für einzelne Leistungen zu definieren, die dann eine faire und transparente Vergütung erlaubten. Es stärke dabei die Verhandlungsposition des einzelnen Künstlers, dass Urheberverbände dessen Interessen wahrnähmen und über die Einhaltung von Vergütungsregeln wachten, sagte Prof. Dr. Gerhard Pfennig.
Jörg Sundermeier, der die Preiskalkulation für Buchproduktionen aus Verlegersicht illustrierte, merkte an, dass sich die Buchbranche bereits auf mit den Gewerkschaften ausgehandelte Vergütungsregeln stütze, die auch „weitgehend eingehalten“ würden. An dem Beispiel des mittlerweile hart umkämpften Pressemarktes, in dem die Erlöse seit Jahren sinken, machte Prof. Dr. Jan Hegemann deutlich, dass es nicht Ziel des Gesetzes sein könne, Künstlern und Autoren eine Art „Grundeinkommen“ zu garantieren. Es gehe schlicht darum, einen funktionierenden Mechanismus der Preisfindung zur Verfügung zu stellen.
Dabei sprach er sich gegen eine Aufsplittung nach einzelnen Verwertungsarten aus und brach eine Lanze für das umstrittene Prinzip der Pauschalvergütung, wonach ein Künstler jede Form der Rechteverwertung an seinem Werk gegen eine einmalige Pauschale an einen Rechteverwerter verkauft, dem dann ein ausschließliches Nutzungsrecht zusteht. Mit dem neuen Gesetz soll diese Möglichkeit auf einen Zeitraum von zehn Jahren begrenzt werden, nach der der Autor wieder über sein Werk verfügen kann.
Für die Möglichkeit von Pauschalvergütungen sprachen sich mehrere Sachverständige aus. „Auch eine Pauschalvergütung muss dem Kriterium der angemessenen Vergütung genügen“, sagte Hegemann, und beispielsweise Wiederholungen oder andere Nutzungsarten einschließen, auch solche, an die zunächst noch niemand denke. Außerdem stelle eine solche Paketlösung auch eine Sicherheit für Autoren und Künstler dar, würden damit doch wirtschaftliche Risiken abgefedert. Oft lasse sich auch nur auf diese Weise ein angemessener Preis erzielen oder komme ein Vertragsschluss überhaupt erst zustande.
Dem Prinzip der Pauschalvergütung stimmte auch Benno H. Pöppelmann vom Deutschen Journalisten-Verband zu, falls derartige Rechtepakete preislich die Mehrfachnutzung eines Werkes widerspiegelten. Solche Verträge seien zwischen Autoren und TV-Sendern gang und gäbe und beinhalteten beispielsweise die Ausstrahlung einer Sendung, eine bestimmte Zahl an Wiederholungen sowie eine Vereinbarung über die Onlinenutzung eines Beitrags. Im Bereich der Presse seien Vereinbarungen zur ausschließlichen Nutzung von Zeitungsartikeln mit sehr kurzen Fristen von einem Tag üblich, für Hörfunkbeiträge lägen diese häufig bei drei Jahren.
Als weitere Neuerung des Gesetzes wurde der jährliche Auskunftsanspruch des Urhebers über die Nutzung seines Werks gegenüber den Rechteverwertern von sachverständiger Seite überwiegend kritisch aufgenommen. Bisher werde oft ein einmal honoriertes Werk noch in vielfältiger anderer Weise verwertet, ohne dass der Autor davon erfahre geschweige denn dafür vergütet werde, heißt es in dem Regierungsentwurf. Wie aber lässt sich ein ausgewogenes Auskunftsrecht schaffen, das dem Informationsbedürfnis der Urheber gerecht wird, ohne dabei zu einem Bürokratiemonster für Verlage und Sender zu werden, wollte Christian Flisek (SPD) wissen.
Es wurde deutlich, dass ein gesetzlich verankerter Auskunftsanspruch je nach Branche und Medium mehr oder weniger sinnvoll ist und einen jeweils unterschiedlich hohen Aufwand nach sich zieht, um sämtliche Nutzungsarten und Wiederholungen zu erfassen. Während es zum Wesen des Musikmarktes gehöre, sämtliche Wiederholungen zu erfassen, sei der Aufwand für die Presse zu hoch, sagte Hegemann: Ein tagesaktueller Artikel werde nach seinem Erscheinungsdatum in der Regel nicht weiter reproduziert.
Auch Pöppelmann mahnte, sich beim Auskunftsrecht nicht zu verzetteln, die Sache drohe unüberschaubar zu werden und die Beteiligten zu überfordern. Peifer, der sich ebenfalls dafür aussprach, den Kreis der Auskunftspflichtigen zu begrenzen, plädierte allerdings dafür, auf jeden Fall die „Hauptnutzer einzubeziehen“, da Rechtepakte oft weiterverkauft und -genutzt würden. Hier könne der Gesetzgeber für Transparenz sorgen.
Damit im Streitfall Freischaffende nicht mehr alleine dem Auftraggeber gegenübertreten müssen, sieht die Gesetzesnovelle außerdem ein Verbandsklagerecht verbunden mit einem gesetzlichen Unterlassungsanspruch vor. Individuelle Verträge ließen sich auf diese Weise am Maßstab gemeinsamer Vergütungsregeln messen und unfaire Vertragspraktiken unterbinden. Ein Verbandsklagerecht, das es Urheberverbänden ermögliche, gegen unlautere Praktiken vorzugehen, sei geeignet, den Urheberrechtsschutz strukturell zu verbessern, ohne dass dabei Einzelpersonen ins Rampenlicht gerieten, unterstützte Pfennig diesen Ansatz. (ll/07.07.2016)