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Die Fälle könnten unterschiedlicher nicht sein: Andrej Hunko (Die Linke) kümmert sich im Rahmen des Programms "Parlamentarier schützen Parlamentarier" (PsP) um einen moldauischen Ex-Abgeordneten und einen Arzt aus Ägypten. Andrej Hunko kennt sich aus mit dem Engagement für bedrohte Parlamentarier und Menschenrechtler. Schon in der vergangenen Legislaturperiode hat er den Journalisten Mustafa Balbay sowie Faysal Sarıyıldız und Selma Irmak, Abgeordnete der kurdischen Partei HDP, unterstützt.
Alle drei waren inhaftiert in türkischen Gefängnissen. Seit einigen Monaten macht er weiter, diesmal für den Moldauer Grigorij Petrenko und den Ägypter Ahmed Said. Für beide hat er Patenschaften im Rahmen des Bundestagsprogramms "Parlamentarier schützen Parlamentarier" übernommen.
Petrenko, den ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden der Europäischen Linken und ehemaligen Abgeordneten der Kommunistischen Partei Moldaus, kennt er seit mehreren Jahren persönlich – und verfolgt sein Schicksal genau. "Bei den Parlamentswahlen 2014 ist Petrenkos Partei drei Tage vor den Wahlen von der Wahlliste gestrichen worden", berichtet Hunko. Im September 2015 sei Petrenko bei Protesten festgenommen und inhaftiert worden.
Die Proteste, davon ist Hunko überzeugt, seien gerechtfertigt gewesen. "In Moldawien gibt es den größten Korruptionsfall in Europa", sagt er. Mehrere Hundert Millionen Euro seien aus dem Staatshaushalt verschwunden. "Das ist eine gigantische Summe, wenn man das in Relation zum Bruttoinlandsprodukt setzt." Petrenko wiederum setze sich seit Jahren gegen Korruption ein.
Als er erfahren habe, dass Petrenko inhaftiert sei, habe er ihn besucht, als erster von mehreren ausländischen Abgeordneten. "Das ist ein völlig überfülltes Gefängnis und müsste eigentlich abgerissen werden", empört sich Hunko. Er habe Petrenko die Haft angesehen, dieser habe körperlich schwächer gewirkt als sonst. Immerhin: Die Aufmerksamkeit aus dem Ausland habe Wirkung gezeigt: "Einen Tag, bevor ich ihn besucht habe, ist er aus der Isolationshaft entlassen worden." Als ihn später Vertreter der Europäischen Union besuchten, sei er kurz vorher aus dem Gefängnis in den Hausarrest entlassen worden.
Zum Prozess sei er ebenfalls angereist, sagt Hunko. Dort habe er dann auch mit der deutschen Botschaft über den Fall gesprochen. "Die deutsche Botschaft ist von sich aus auch sehr aktiv in dem Fall." Keine direkte Auswirkung habe eine Garantieerklärung gebracht, die er mit anderen Parlamentariern für Petrenko abgegeben habe. Diese habe er sogar persönlich abgegeben, "weil das Gericht quasi in Zweifel gestellt hat, dass wir existieren".
Grundsätzlich ist Hunko aber davon überzeugt, dass Parlamentarier dazu beitragen können, bedrohten Kollegen im Ausland das Leben zu erleichtern. "Durch den Druck hat sich Petrenkos Situation schrittweise verbessert – auch wenn er immer noch von Behörden schikaniert wird."
Es könne für einen Parlamentarier oder Menschenrechtler auch sinnvoll sein, in das Bundestagsprogramm "Parlamentarier schützen Parlamentarier" aufgenommen zu sein. So sei jeder Bundestagsabgeordnete dadurch angehalten, die Situation der im Programm aufgenommenen Menschen anzusprechen, wenn er oder sie in deren Heimatland reise.
Dieser Aspekt könnte für Hunkos zweiten "Schützling" Ahmed Said, einen Arzt aus Ägypten, wertvoll werden. Said, der mehrere Jahre in Frankfurt am Main gelebt hat, sitzt seit Ende 2015 in Ägypten in Haft. Sein Vergehen: Er hatte mit zwei Dutzend anderer Menschen auf einer Brücke in Kairo gestanden und schweigend gegen Repressionen gegen die Bevölkerung unter Präsident Abd al-Fattah al-Sisi aufmerksam gemacht. Versammlungen von mehr als fünf Menschen seien in Ägypten verboten, sagt Hunko, Said sei wegen Störung des öffentlichen Friedens inhaftiert.
Amnesty International gehe von 40.000 politischen Gefangenen aus, sagt Hunko. "Ich fand es besonders krass, dass Said bei einer friedlichen Gedenkveranstaltung verhaftet wurde." Nun sitze er in einem Gefängnis, von dem bekannt sei, dass dort gefoltert werde. "Die Familie berichtet von Stromstößen und brennenden Zigaretten, die auf ihm ausgedrückt wurden." Er habe schon vorher Kontakt zu Saids Umfeld gehabt und schließlich den Antrag gestellt, ihn in das PsP-Programm aufzunehmen.
In den wenigen Monaten habe er noch nicht viel für Said tun können. Er habe den ägyptischen Botschafter in Berlin angesprochen, der wiederum ägyptische Behörden über das Gespräch informiert habe. "Aber das hat nichts geändert." Sobald das möglich sei, sagt Hunko, werde er Said in Ägpyten besuchen. Schnell aufgeben will er auf jeden Fall nicht. (ske/03.08.2016)