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Berlin: (hib/PST) Zu einem Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/5922), von dem sich diese mehr Verbraucherschutz bei der Vergabe von Immobilienkrediten verspricht, hat der Rechtsausschuss am Montag zum bereits zweiten Mal Sachverständige angehört. Grund ist ein Änderungsantrag, den die Koalitionsfraktionen im Januar in die laufenden Ausschussberatungen über das Gesetz zur Umsetzung der EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie eingebracht haben. Ihm zufolge soll zum einen festgeschrieben werden, dass bei bestimmten älteren Immobiliendarlehen, für die derzeit aufgrund eines Gerichtsurteils eine unbegrenzte Widerrufsmöglichkeit besteht, diese drei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes beendet werden soll. Gleichzeitig wird eine Änderung angestrebt, die mit dem eigentlichen Gegenstand des Gesetzes nichts zu tun hat. Wegen der anhaltenden Niedrigzinsen soll die Vorschrift zu Rückstellungen, die Unternehmen für Betriebsrenten bilden müssen, geändert werden. Mit dem "Omnibusverfahren", der Einbringung in ein laufendes Gesetzgebungsverfahren, will die Koalition Zeit sparen, die ein eigenes Gesetzgebungsverfahren sonst benötigen würde.
Zu beiden Themen gingen die Ansichten in der Anhörung auseinander. Beim Widerrufsrecht für Immobiliendarlehen hielt der Bielefelder Rechtsprofessor mit Schwerpunkt Immobilienrecht Markus Artz die von der Koalition geplante Änderung für vertretbar. Es passe zum Sinn und Zweck des Widerrufsrechts, dass es nicht unbegrenzt gilt, sondern sich auf den Vertragsabschluss bezieht und eine Besinnungspflicht einräumt. Ähnlich sah es Sebastian Omlor, Professor für Bürgerliches Recht und Rechtsvergleichung an der Universität Marburg. Der Grundsatz, dass Rechte nicht rückwirkend eingeschränkt werden dürfen, greife nicht, da es sich um eine "unechte Rückwirkung" handele. Denn in der Vergangenheit sei ein Widerruf ja möglich gewesen und bleibe es auch noch bis zum Ablauf der vorgesehenen Frist.
Anders beurteilten die beiden Rechtsanwälte in der Expertenrunde die geplante Änderung des Widerrufsrechts. Der Berliner Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Ullrich Poppelbaum bemängelte, dass das Gesetz in dieser Form keinen Interessenausgleich zwischen Bank- und Verbraucherinteresse treffe. Das Problem der Banken, das mit der Gesetzesänderung gelöst werden solle, könnten diese auch selbst lösen. Nachdem durch höchstrichterliche Rechtsprechung bestimmte alte Widerrufsbelehrungen für unwirksam erklärt worden waren, hätten die Banken ihre Kreditnehmer wirksam nachbelehren können. Sie hätten aber auf das Urteil nicht reagiert. Dass jetzt stattdessen der Gesetzgeber tätig werde, sei verfassungsrechtlich bedenklich. Der Düsseldorfer Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Julius Reiter ergänzte, mit dem Widerrufsrecht solle das stärkste Verbraucherrecht beschnitten werden. Die meisten großen Banken hätten ihre Kunden ohnehin korrekt belehrt, betroffen seien überwiegend Online-Banken, die mit minimalem Personaleinsatz arbeiteten.
Anlass der anderen geplanten Änderung ist, dass Unternehmen wegen der anhaltend niedrigen Zinsen die Rückstellungen für die Betriebsrenten ihrer Mitarbeiter deutlich erhöhen müssen. Ein Prozentpunkt beim Zinssatz erfordere bis zu zwanzig Prozent mehr Rückstellungen, führte der Vorstandssprecher des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland, Klaus-Peter Naumann, aus. Bisher werden für die Bemessung der Rückstellungen die Kapitalmarktzinsen der letzten sieben Jahre zugrunde gelegt, die Koalition möchte die Berechnungsgrundlage auf zehn Jahre ausdehnen. Naumann sah sogar gute Gründe für eine Ausdehnung auf 15 Jahre. Das sei in etwa die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit von Mitarbeitern. Auch Peter O. Mülbert, Direktor des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens der Universität Mainz, begrüßte die von der Koalition geplante Zinssatzregelung für die Altersversorgung. Nach seiner Einschätzung verbessert sie die Kreditwürdigkeit von Unternehmen.
Joachim Gassen, Professor für Rechnungslegung und Wirtschaftsprüfung an der Berliner Humboldt-Universität, zeigte einerseits Verständnis für den Wunsch von Unternehmen nach geringeren Rückstellungen. Er bestritt aber, dass diese dadurch tatsächlich geschwächt würden, denn die Rückstellungen verblieben ja als Kapital in den Unternehmen. Dem stimmte Matthias Müller, Leiter der Abteilung Finanzen beim DGB-Bundesvorstand, zu. Die von der Koalition beabsichtigte Verlängerung der Berechnungsbasis bezeichnete Müller als bloßen Zeitgewinn. Bei anhaltender Niedrigzinsphase werde man sich in einigen Jahren wiedersehen. Er plädierte stattdessen für einen gesetzlich festgeschriebenen einheitlichen Zinssatz. Benjamin Weigert von der Deutschen Bundesbank bestritt, dass bei einer Beibehaltung der jetzigen Regelung die Unternehmensfinanzierung gefährdet werde. Die Zahlen der Bundesbank ergäben auch keinen Anhaltspunkt für eine Gefährdung der Finanzmarktstabilität. Die geltende Sieben-Jahres-Regelung entspreche dem Konjunktur- und Zinszyklus, sagte Weigert, und er sehe keine Notwendigkeit, davon abzuweichen.
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