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Berlin (hib/wid) Der 1. Untersuchungsausschuss (NSA) soll nach dem Willen der Oppositionsvertreter über seinen bisherigen Auftrag hinaus auch der Frage nachgehen, inwieweit der Bundesnachrichtendienst (BND) durch Ausspähung von Zielen in befreundeten EU- oder Nato-Staaten "Rechtsvorschriften verletzt oder deutsche Interessen gefährdet" hat. Dies sei zur "vollständigen Erfüllung" der gestellten Aufgaben "unabdingbar", begründen Linke und Grüne einen gemeinsamen Antrag (18/7565), die Zuständigkeit des Ausschusses entsprechend zu erweitern. Hilfsweise verlangen sie die Einsetzung eines neuen Untersuchungsausschusses.
Der NSA-Ausschuss war im März 2014 angetreten, um die Kooperation des BND mit Geheimdiensten der sogenannten "Five-Eyes-Staaten" (USA, Großbritannien, Kanada, Australien, Neuseeland) zu untersuchen, insbesondere mit der amerikanischen National Security Agency (NSA). Damit reagierte der Bundestag auf die Enthüllungen des zeitweiligen NSA-Mitarbeiters Edward Snowden über Schnüffelaktivitäten seines früheren Arbeitgebers.
Im April 2015 erfuhr die Öffentlichkeit, dass die NSA in der gemeinsam mit dem BND betriebenen Abhöranlage in Bad Aibling annähernd 40.000 Suchmerkmale, sogenannte "Selektoren", eingespeist hatte, die zur Ausspähung europäischer Ziele geeignet waren. Dies sei im August 2013 bei einer Überprüfung der einschlägigen Datenbank aufgefallen. Die BND-Spitze ebenso wie das aufsichtführende Kanzleramt wollen indes erst im März 2015 davon erfahren haben. Durch weitere Medienberichte kam dann im Herbst vorigen Jahres ans Licht, dass auch der BND selbst rund 3000 Selektoren gesteuert hatte, die sich gegen Personen oder Institutionen in befreundeten und verbündeten Ländern richteten. Dies sei dem Kanzleramt, nicht aber dem zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr), bereits im Oktober 2013 mitgeteilt worden.
Die Bundesregierung machte geltend, dass politisch brisante BND-Selektoren den Ausschuss nichts angingen, weil dieser sich für den BND allein in Verbindung mit der NSA zu interessieren habe. Es gebe überdies keinerlei Zusammenhang zwischen beiden Selektoren-Beständen. Indes machten die Oppositionsvertreter deutlich, dass sie einen solchen Zusammenhang durchaus sahen. Die fragwürdigen Selektoren sowohl der NSA als auch des BND seien zur selben Zeit im Spätsommer 2013 entdeckt worden. Dabei seien in Pullach und Bad Aibling dieselben Personen beteiligt gewesen. Zudem gebe es Grund zu der Annahme, dass einige der angeblichen BND-Selektoren in Wahrheit von der NSA stammten, und der BND sie sich nur zu eigen gemacht habe.
Dem entsprechend verlangen Linke und Grüne in ihrem Antrag Auskunft darüber, "woher die Selektoren beziehungsweise Telekommunikations-Merkmale stammten", wer sie "generiert", über ihre Steuerung entschieden und ihre Vereinbarkeit "mit deutschen, europäischen und völkerrechtlichen Normen" kontrolliert habe. Zu klären sei auch, wann und warum die BND-eigenen Selektoren seit Juni 2013 überprüft wurden: "Wer hat die jeweiligen Prüfungen veranlasst? Wer war daran beteiligt? Welche Kriterien wurden dabei angelegt?" Welche Konsequenzen habe es gegeben? Schließlich gehe es um die Frage, wer in der Bundesregierung oder an anderer zuständiger Stelle zu welchem Zeitpunkt "Kenntnis erlangte oder hätte erlangen müssen", und ob Öffentlichkeit wie Parlament korrekt informiert worden seien.
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