Navigationspfad: Startseite > Presse > Aktuelle Meldungen (hib) > 201602
Berlin: (hib/HLE) Die Bundesregierung hat bisher keine belastbaren Informationen zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der vorläufig wieder eingeführten Kontrollen an den deutschen Binnengrenzen. Dies erklärte die Vertreterin der Bundesregierung am Mittwoch im Ausschuss für Wirtschaft und Energie. Angesichts des bis dahin ungesteuerten und unkontrollierten Zustroms von Drittstaatsangehörigen hatte die Bundesregierung am 13. September 2015 Grenzkontrollen mit Schwerpunkt an der Grenze zu Österreich eingeführt. Sie sollen bis zum 13. Mai 2016 fortgelten. Eine Abschätzung der ökonomischen Auswirkungen der Grenzkontrollen wäre mit großen Unsicherheiten behaftet, erklärte die Regierungsvertreterin weiter, sagte aber auch, eine gewisse Beeinträchtigung des Binnenmarktes sei grundsätzlich nicht von der Hand zu weisen.
In der Aussprache unterstützte ein Sprecher der SPD-Fraktion diese Position und erklärte ebenfalls, zum jetzigen Zeitpunkt seien keine Aussagen über die Auswirkungen möglich. Die Lage müsse aber genau beobachtet werden. So hätten Logistikunternehmen bereits von enormen Problemen berichtet. Auch der Sprecher der Linksfraktion erklärte, für eine Bilanz sei es noch zu früh. Die Veränderungen hätten jedoch bereits jetzt nicht zu unterschätzende Konsequenzen vor allem für Unternehmen, die ihre beladenen Lastwagen auf den Autobahnen als Warenlager ansehen würden. Wenn es hier zu Verzögerungen komme, könnten Lieferketten zusammenbrechen. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sind offene Grenzen die "größte Errungenschaft für Europa", wie eine Sprecherin betonte. Unter Berufung auf Untersuchungen wies sie auf Mehrkosten in möglicherweise dreistelliger Milliardenhöhe durch Grenzkontrollen hin. Dass die Bundesregierung in ihrem Bericht die ökonomischen Auswirkungen als "insgesamt überschaubar" bezeichne, sei nicht nachvollziehbar.
Ein Redner der CDU/CSU-Fraktion nannte den Bericht der Regierung "erfreulich unalarmistisch" und wunderte sich über die von der Opposition genannten hohen Beträge. Er wies darauf hin, dass zwischen Grenzkontrollen und Sicherheit ein Zusammenhang bestehe und erwähnte unter anderem die hohe Zahl der Wohnungseinbrüche und auch die Ereignisse in der Silvesternacht in Köln. Zur wirtschaftlichen Sichtweise gehöre auch, dass Deutschland Exportweltmeister geworden sei, als es noch Grenzkontrollen gegeben habe. Er rate daher in der Debatte zur Gelassenheit.
Die Äußerung stieß auf Widerspruch der anderen Fraktionen. Ein Sprecher der SPD-Fraktion verwies auf die Abhängigkeit der Wirtschaft vom grenzüberschreitenden Verkehr. Eine Verknüpfung mit den Ereignissen in Köln sei völlig abwegig. Die Linksfraktion warf dem Redner der CDU/CSU vor, sich auf "Niveau der AfD" zu begeben. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sprach von verzweifelten Forderungen nach Grenzschließungen und Hilflosigkeit. "Geschlossene Grenzen wird es mit uns nicht geben", erklärte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Auch unterwegs aktuell informiert mit der kostenlosen App "Deutscher Bundestag" und unter m.bundestag.de.
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentsnachrichten
Verantwortlich: Jörg Biallas
Redaktion: Alexander Heinrich, Claudia Heine, Michael Klein, Claus Peter Kosfeld, Hans Krump, Hans-Jürgen Leersch, Johanna Metz, Sören Christian Reimer, Helmut Stoltenberg, Alexander Weinlein